Die Euro-Gruppe hat Zypern-Hilfskredite aus
Mitteln des Europäischen Stabilisierungsmechanismus (ESM) in Höhe von bis zu
zehn Milliarden Euro zur Rekapitalisierung von Banken und zur Finanzierung des
Staats-haushalts Zyperns beschlossen.
Mit welchem Betrag sich der Internationale
Währungsfonds (IWF) beteiligt, ist noch offen.
Die Euro-Retter haben durchgesetzt, auch
die in- und ausländischen Kunden von Zyperns Banken zwangsweise an der Rettung des
Inselstaates zu beteiligen. Für Bankeinlagen unter 100.000 Euro wird eine
Abgabe von 6,75 Prozent fällig, darüber werden 9,9 Prozent eingezogen, wodurch geschätzte
5,8 Milliarden Euro zusammen-kommen sollen. Die Forderung nach einer Abgabe auf
große Sparguthaben kam vor allem aus Deutschland. (1)
Die entsprechenden Geldbeträge auf den Kundenkonten
sind gesperrt worden. Die Kunden können also ihre Gelder nicht durch vorherige Abhebung
vor dem Zugriff schützen. (2)
Das Problem: Auf den Konten befinden sich keineswegs
nur Schwarzgelder. Vor allem aber dürften die meisten der auf diese Weise
teilenteigneten Kunden nicht verantwortlich sein für die Finanzmisere der
Banken und des zyprischen Staates.
Bis spätestens Montagabend muss das
Rettungspaket mit allen Auflagen von Zyperns Regierung als Gesetz durchs
Parlament gebracht werden. Die Mitte-Rechts-Koalition (DISY und DIKO) des neuen
konservativen zyprischen Präsidenten Nikos Anastasiades verfügt jedoch nur über
29 der 56 Sitze im Parlament und die Opposition hat bereits angekündigt, die
Sonderabgabe für Bankkunden abzulehnen. Ein einziger Abweichler bei der
Abstimmung würde folglich zu einem Abstimmungspatt führen. (3)
Erst jetzt werden viele Zyprer erkannt
haben, was es für sie persönlich bedeutet, den gegenüber der Euro-Gruppe stets konzilianten
konservativen Politiker Anastasiades bei der kürzlich abgehaltenen Wahl zum Sieg
verholfen zu haben. Es ist jedoch fraglich, ob sie sich jetzt ohne weiteres mit
der Teilenteignung abfinden werden und was sich in den kommenden Stunden bis
zur Abstimmung über das erforderliche Gesetz und bis zum Dienstagmorgen auf
Zypern noch abspielen wird.
Die Euro-Gruppe hat mit der veranlassten
Sperre der Konten vielleicht vorerst einen „Bank Run“ unterdrückt, damit aber
die Wut der Bürger, die mit einer Teilenteignung nicht rechnen konnten, nur noch
mehr geschürt. Viele werden sich getäuscht und betrogen fühlen. Wie stark diese
Wut in den kommenden beiden Tagen anschwillt und ob und wie sie sich entladen
wird, ist nicht vorherzusehen. Es bleibt deswegen jetzt nur zu hoffen, dass die
Teilenteignung aller, auch von jeglichem Unrechtverhalten und jeder Schuld freier
Bankkunden nicht zu einer Eskalation auf Zypern führt. Weil gerade auch viele Griechen
Konten bei Banken auf Zyperns haben, muss die Euro-Gruppe sich möglicherweise des
Weiteren den Vorwurf gefallen lassen, auch eine weitere Aufheizung der ohnehin
schon explosiven Stimmung in Griechenland riskiert zu haben.
Wer geglaubt hatte, bei den den Krisenstaaten
aufoktroyierten Maßnahmen könne es nicht noch schlimmer kommen, sieht sich
jetzt getäuscht. Dies ist das Signal, das von dieser Entscheidung in Brüssel
ausgeht. Sie hat das Potenzial, sich im Nachhinein als einer der bisher folgenschwersten
politischen Fehler der Euro-Gruppe in der Schuldenkrise zu erweisen. Die Euro-Retter
haben nur wenig Zeit, um die von dieser Art von „Krisenmanagement by Brechstange“
ausgehenden Gefahren für den sozialen Frieden und den Zusammenhalt Europas noch zu
neutralisieren. Die Warnung vor einem Zusammenbruch des Bankensystems und vor
Finanzmarktturbulenzen könnte bei den Bürgern Zyperns und in den anderen,
schwer gebeutelten Krisenstaaten nicht mehr verfangen.
"Das Problem: Auf den Konten befinden sich keineswegs nur Schwarzgelder. Vor allem aber dürften die meisten der auf diese Weise teilenteigneten Kunden nicht verantwortlich sein für die Finanzmisere der Banken und des zyprischen Staates." Neben vielen anderen Aspekten (zu erst die Kunden hängen) iss das auch so'n Kapitel: Russische Oligarchen - böse, böse, böse; Friede Springer, Liz Mohn, Susanne Klatten - unsere Guten!
AntwortenLöschenEmpfehlenswert hierzu der Artikel von Jens Berger.
Nachsatz:
AntwortenLöschen"Die Euro-Gruppe hat mit der veranlassten Sperre der Konten vielleicht vorerst einen „Bank Run“ unterdrückt," Wie? Die haben Target2-Salden verboten? ;-) Der "Bank-Run" hat schon längst stattgefunden - via Target2 -, das was hier wohl gemeint iss, iss nur noch der "Peanuts-Run"
Ja, das stimmt natürlich. Aber in Zyperns Banken befinden sich ja noch viele Milliarden - vor allem von Russen und Briten. Bedenken Sie auch, wie die Finanzmärkte darauf reagieren, wenn schlagartig Tausende Kunden ihre Bankenkonten räumen und das dann auch in anderen europäischen Krisenländern beginnt. Mir ist noch lebhaft in Erinnerung, wie die Finanzmärkte in der Anfangsphase der Massenproteste in Griechenland auf Bilder von den gewaltsamen Ausschreitungen und Attacken auf Bankfilialen in Athen reagierten.
AntwortenLöschenViele Grüße
SLE