Montag, 16. September 2013

Landtagswahl: Die Bayern wollten ein starkes Bayern im Bund



Es gibt in Deutschland keine einzige auch nur annährend vergleichbar starke Regionalpartei: Die CSU ist das Alleinstellungsmerkmal Bayerns im Bund – allen Affären und Skandalen der letzten Monate zum Trotz.
Nicht der Skandal um die BayernLB und den mit milliardenschweren Verlusten verbundenen und von der CSU forcierten Kauf der Hype Alpe Adria, nicht der Versuch der Einflussnahme auf die Berichterstattung in ARD und ZDF aus der Staatskanzlei heraus, nicht die Verwandtenaffäre und auch nicht der Justizskandal um den sieben Jahre in der Psychiatrie weggesperrten Nürnberger Gustl Mollath haben bei der Landtagswahl in Bayern eine Rolle gespielt. 47,7 Prozent und damit die absolute Mehrheit der bayerischen Wähler wollte eine starke CSU.
Man kann eine differenzierte Bewertung nun einmal nicht mit einem bzw. zwei einfachen Kreuzen auf dem Wahlzettel zum Ausdruck bringen. Das ist einfach so. Vielleicht hätten sich viele Bayern mit Blick auf die vielen Affären und Skandale durchaus einen Regierungspartner für die CSU gewünscht. Eine Befragung durch Infratest dimap deutet darauf hin: 58 Prozent Bayern sprachen sich demnach für eine Koalitionsregierung aus, nur 36 Prozent für eine Alleinregierung der CSU und selbst unter den CSU-Wählern wünschte sich fast ein Drittel eine Koalitionsregierung für Bayern. (1) Im Wahlergebnis hat sich dies dennoch nicht niedergeschlagen. Abgesehen von der SPD hat im Vergleich zur letzten Wahl 2008 keine der bisher im Landtag etablierten Parteien Stimmen-gewinne realisieren können. Und wen auch immer sich die Bayern als Koalitionspartner der CSU hätten vorstellen können, die FDP war es eindeutig nicht.
Keine Partei hatte bei der Wahl in Bayern so hohe Verluste zu verzeichnen wie die Liberalen. Nur 3,3 Prozent der Stimmen erreichten sie bei einer mit 63,9 Prozent im Vergleich zur letzten Landtagswahl 2008 (57,9 Prozent) um sechs Prozentpunkte höheren Wahlbeteiligung. Um 4,7 Prozentpunkte stürzte die Partei ab.
Das ist ein eindeutiges und dennoch erstaunliches Votum, denn für die Bayern hat bei ihrer Wahlentscheidung offensichtlich eine zentrale Rolle gespielt, dass Bayern aktuell wirtschaftlich sehr gut dasteht. Das dürfte ganz sicher auch ein Verdienst des Wirtschaftsministers gewesen sein, sollte man annehmen, und der hieß bisher Martin Zeil und kommt von der FDP.
Freilich ticken die Uhren in Bayern immer schon etwas anders als im Rest von Deutschland. Parteien auf der linken Seite des politischen Spektrums haben von jeher in Bayern einen schweren Stand und auch die FDP ist dort traditionell schwach.
Insofern ist es wirklich nicht einfach zu deuten, was der Ausgang der Landtagswahl im bevölkerungsreichen Bayern mit seinen rund 9,3 Millionen Wahlberechtigten für die Bundestagswahl bedeutet. Vielleicht waren die Bayern letztlich genauso wenig sicher hinsichtlich des Ausgangs der Bundestagswahl und der künftigen Regierungskoalition wie alle anderen Deutschen. Schließlich ist laut Umfragen seit Monaten klar, dass es für Rot-Grün nicht reicht, aber für Schwarz-Gelb wahrscheinlich auch nicht, weil die FDP die meiste Zeit unter der Fünf-Prozent-Hürde lag.
Auch den Bayern selbst dürfte zudem bei der Landtagswahl klar gewesen sein, dass in Bayern die Uhren politisch anders ticken als im Bund und die Union deswegen eine Woche später bei der Bundestagswahl nicht so gut abschneiden kann wie daheim. Möglicherweise wollten viele Wähler in Bayern in erster Linie schlicht eine starke CSU, weil sie es für wahrscheinlich halten, dass die Union im Bund zwar in der Regierungsverantwortung bleiben wird, aber es für eine Neuauflage von Schwarz-Gelb nicht reichen wird.
Vor diesem Hintergrund ergibt das Votum der Bayern Sinn, die CSU trotz der Affären und Skandale zu stärken und die FDP trotz der guten Wirtschaftslage des Landes und der skandalfreien Arbeit in der Regierung Bayerns fallen zu lassen. Sie haben sichergestellt, dass Bayern in Berlin eine starke Stimme hat, egal mit wem die Union im Bund künftig regiert, falls sie regiert. Mit wem sie koalieren soll, das haben die Bayern bei der Landtagswahl offen gelassen. Allerdings ist keineswegs sicher, dass sie das am kommenden Sonntag auch tun.
So oder so dürfte das Wahlergebnis der CSU die Oppositionsparteien im Bundestag alarmiert haben – insbe-sondere die Grünen, deren Umfragen ja zuletzt auch abgesackt waren. Das stärkste Alarmsignal stellt die Wahl in Bayern jedoch für die FDP dar. Die Unionswähler in Bayern haben die FDP nicht über die Fünf-Prozent-Hürde gerettet und das ist für die Bundestagswahl doppelt fatal.
Einmal haben die bayerischen Unionswähler damit ein Zeichen für die Unionswähler im Bund gesetzt. Darüber hinaus gibt es auf Bundesebene aber zwei neue Parteien auf der rechten Seite des politischen Spektrums, die der FDP Konkurrenz machen, nämlich die Freien Wähler, die in Bayern mehr Stimmen erhalten haben (9,0 Prozent) als die Grünen (8,6 Prozent) und die Alternative für Deutschland (AfD), die bei der Landtagswahl in Bayern gar nicht angetreten ist.
Zwar haben die Meinungsforschungsinstitute die Freien Wähler und auch die AfD bisher auf Bundesebene unterhalb der Fünf-Prozent-Hürde gesehen. Gleichwohl werden sie viele Stimmen erhalten, die dann unter anderem der FDP fehlen. Je mehr es sind, desto kritischer wird es für die FDP. Das gilt umso mehr, falls Unions-wähler die Liberalen auch auf Bundesebene nicht mit ihrer Zweitstimme stützen, weil sie ebenso wie die Bayern in erster Linie eine starke Union in der Regierung wollen und zwar ganz gleich in welcher Regierungskoalition.
So wie Bayern steht auch Deutschland wirtschaftlich gut da - noch. Gefahr droht in dieser Hinsicht von der Krise in einer Reihe von europäischen Mitgliedstaaten. Das wissen die deutschen Wähler. Die Frage ist, ob sie diese Krise in erster Linie als eine Gefahr für die deutschen Staatsfinanzen oder für die deutsche Wirtschaft begreifen.
Sehen die Wähler den von der Bundesregierung und speziell von der Union in Europa forcierten krisenpolitischen Kurs als Gefahr für die deutsche Wirtschaft und die Arbeitsplätze hierzulande an, weil sie befürchten, dass die anhaltende Wirtschaftskrise in einer Reihe von finanziell angeschlagenen europäischen Mitgliedsstaaten bald auch auf Deutschland überschwappt, würden sie sich wahrscheinlich eher einen echten Kurswechsel wünschen. Der ist jedoch mit der Union nicht zu haben und im Falle einer Großen Koalition zumindest unwahrscheinlich.
Geht es den Wählern darum, die finanziellen Risiken, die die Bundesregierung für die „Euro-Rettung“ auf sich nimmt, zu begrenzen, werden sie eher eine Korrektur des von der Union eingeschlagen Kurses wollen und keinen Kurswechsel. Das würde sich für jene Parteien bei der Wahl günstig auswirken, denen man zutraut, dies als Koalitionspartner gegenüber der Union durchzusetzen und damit insbesondere für die Alternative für Deutschland, die als einzige Partei dieses Problem in den Mittelpunkt ihres Programms gestellt hat. Trauen jene, die das Problem so wahrnehmen, dies auch einer großen Koalition zu? Eher nicht. Schließlich hat die SPD diesen Kurs bisher mitgetragen.
Freilich beißt sich die Katze hier in den eigenen Schwanz. Wenn die Krisenpolitik in den Krisenstaaten nicht zu einer wirtschaftlichen „Gesundung“ führt, wäre das in wirtschaftlicher wie in finanzieller Hinsicht für Deutschland fatal. Es ist also mit Blick auf die Bundestagswahl eine Frage der Problemwahrnehmung seitens der Wähler, nicht der effektivsten Problembewältigung.
Die deutsche Wirtschaft steht gegenwärtig gut da und das gilt auch für den Arbeitsmarkt. Was also glauben Sie, welche Problemwahrnehmung jene Wähler mehrheitlich haben, die gegenwärtig überhaupt schon ein größeres Problem wahrnehmen?
Die Wahrnehmung wird die Wahl entscheiden. Nehmen Sie das als mein Basisszenario, wenn Sie möchten.
 

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