Im Interview mit Simon Davies für das Blog „The Privacy Surgeon“ zeigte Wayne Madsen, ein ehemaliger Lieutenant der US
Navy, der seit 1985 – ähnlich wie zuletzt auch Edward Snowden – als Externer
für die National Security Agency (NSA) arbeitete, wenig Verständnis für den kollektiven
politischen Aufschrei in Europa angesichts der Enthüllungen zur NSA-Internetüberwachung
durch das Prism-Programm.
Denn dieser Aufschrei verschleiert nach
seiner Aussage, welche Rolle europäische Regierungen, einschließlich der
deutschen, in Abkommen zur globalen Datenüberwachung mit den Vereinigten Staaten
selbst spielen. Und diese Abkommen zwischen den USA und Europa seien wesentlich
komplexer, undurchsichtiger und weitreichender als man die Öffentlichkeit zu glauben
verleitet.
Laut Madsen sind neben den USA sieben
europäische Mitgliedstaaten substantiell an der geheimdienstlichen Informationsgewinnung
aus den Netzen beteiligt:
Sie haben in den NSA-Abkommen formal den
Status von Partnern zweiter und dritter Klasse und sind den Vereinigten Staaten
vertraglich verpflichtet.
Die gegenwärtigen Äußerungen führender Politiker
in Europa sieht er als bewusste Irreführung der Öffentlichkeit an. Ein
Zusammenarbeit wie jetzt zwischen der NSA und ihrem britischen Pendant
Government Communication Headquarters (GCHQ) im Zusammenhang mit dem durch die
Enthüllungen Edward Snowdens in die Schusslinie geratenen Tempora-Programms habe
es in derselben Weise auch zwischen Spanien und Deutschland gegeben. Außerdem liefen
in Europa in erheblichem Umfang geheime Überwachungsaktivitäten, über die die
Regerungen informiert seien. Als Beispiele nennt er unter anderem einen dänischen
NSA-Horchposten außerhalb von Kopenhagen sowie eine finnische Station zur
Datenüberwachung in der Nähe von Helsinki.
Zum Teil, so heißt es auf „The Privacy
Surgeon“ dazu weiter, wurden diese Aktivitäten im Rahmen einer Unter-suchung des
Europäischen Parlaments aus dem Jahr 2000 sogar schon erfasst, die durch
Enthüllungen zum Überwachungsprogramm ECHELON ausgelöst worden war. Allerdings
wurden in diesem Untersuchungsbericht die vertraglichen Beziehungen zur NSA
nicht verdeutlicht. Obwohl die Prüfer damals zu dem Ergebnis kamen, dass es umfangreiche
und dauerhaft angelegte Spionageaktivitäten über ganz Europa verteilt gibt,
habe, so Madsen, das Europäische Parlament nichts unternommen.
Madsen kann deswegen die Aufregung nicht
verstehen und es für ihn auch nicht nachvollziehbar, wie Bundes-kanzlerin Angela
Merkel Aufklärung von der britischen Regierung und US-Präsident Obama über Überwachungs-zusammenhänge
verlangen kann, denen Deutschland selbst beigetreten ist.
Andererseits lässt er keinen Zweifel
daran, dass die Überwachungsaktivitäten der NSA völlig aus dem Ruder gelaufen
sind und dringend Transparenz für die Öffentlichkeit hergestellt werden muss. Die
NSA sei in den vergangenen Jahren noch geheimer und noch mächtiger geworden –
eine Auffassung, die General Michael Hayden, ehemaliger Direktor der NSA wie
auch der CIA, mit Blick auf die Änderung der gesetzlichen Grundlage, auf der
die NSA operiert (Foreign Intelligence Surveillance Act (FISA)) im Jahr 2008
teilt:
„Das
FISA-Gesetz … wurde 2008 geändert und die Änderungen des FISA-Gesetzes waren sehr
viel dramatischer – sehr viel weitreichender – als alles, zu was mich Präsident
Bush gemäß seiner Artikel-2-Autorität als Oberbefehlshaber (gilt nur in
Kriegs- und Krisenfällen, Anmerk. SLE) je
autorisierte.“
Wayne Madsen lässt kein gutes Haar am
gegenwärtigen NSA-Chef General Keith Alexander, was den Fall Edward Snowden
anbelangt.
Snowden werde jetzt von vielen mit der
Begründung verurteilt, er habe kein Recht der Öffentlichkeit Details der
Spionagetätigkeit der NSA zu offenbaren. Aber welches Recht oder welche
Befugnis, so fragt Madsen, habe NSA-Direktor General Keith Alexander gehabt, im
Rahmen von fünf Treffen der Bilderberger – zwei in Virginia und jeweils eins in
Griechenland, Spanien und der Schweiz - Informationen zur NSA-Überwachung zu
geben?
Sein Fazit: Wenn Alexander Informationen
an die Eliten durchsickern lässt, wird ihm gedankt. Wenn Snowden Informationen
gibt, ist er ein Verräter und Feigling.
Den sehr lesenswerten Artikel von Simon
Davies, der etwas mehr Licht in die durch die Nebelschwaden der allgemeinen Empörung
verzerrten Abhör-Realitäten und vor allem auch Abhör‑Verantwortlichkeiten in
Europa und Deutschland bringt, finden Sie hier:
Bemerkenswert ist, dass der gestrige Artikel darüber in der WELT gestern Nachmittag verschwunden war.
AntwortenLöschenhttp://webcache.googleusercontent.com/search?q=cache:http://www.welt.de/politik/ausland/article117571925/Ehemaliger-NSA-Agent-wirft-Merkel-Heuchelei-vor.html
Honi soit qui... oder so ähnlich.
Hallo Sternengucker,
Löschenein entsprechender Artikel im Guardian wurde offenbar auch gelöscht.
http://pastebin.com/yMGTZ1PZ#
Grüße
SLE
Wobei es mich bei der Friede Springers Welt (angebl. Angelas bester Freundin) nicht wundert, ausgerechnet grade beim von mir bis gestern hochgeschätzten Guardian aber sehr.
LöschenAber was soll's? Angela genießt lt. Umfrage 42 % Zustimmung und eher heiratet der Pabst in Rom Theresa Orlowski, als das sich da bis Herbst was dran ändert.
Eine weitere Frage zur Ehrlichkeit der Amerikaner stellt sich auch noch: AT & T wurde wegen ihrer Monopolstellung als größte Telefongesellschaft der Welt und Monopolist in den USA zerschlagen … aber niemand geht gegen die Monopolisten Google und Microsoft vor. Iss ja klar: Man will sich die Backdoors offenhalten für NSA & Co.!
AntwortenLöschenDie ARD strahlt interessanterweise am jetztigen Sonntagabend 19:20 Uhr ein Doku aus, die sich mit NSA-Whistleblowern und Edward Snowden befasst. Hier der entsprechende Artikel dazu, in dem darauf hingewiesen wird:
AntwortenLöschenEx-NSA-Mitarbeiter äußern sich zum Fall Snowden – “Wehe, man sagt die Wahrheit”
http://www.tagesschau.de/ausland/snowden188.html
Grüße
SLE