Freitag, 27. Mai 2011

Schuldenkrise: Die USA sind in Wirklichkeit "griechischer als Griechenland"...


... so hat es Bill Gross von Pimco auf den Punkt gebracht.
(1) Mit anderen  Worten darf man bei aller Ernsthaftigkeit der Schuldenkrise Griechenlands die Relationen nicht aus dem Auge verlieren. Schon eine rudimentäre vergleichende Betrachtung ist in diesem Zusammenhang erhellend.

Einwohner und Bruttoinlandsprodukt

Griechenland ist ein kleines Land mit 11 Mio. Einwohnern und ein wirtschaftlicher Zwerg mit einem Bruttoinlandsprodukt (BIP) in Höhe von 230 Mrd. Euro (bzw. 305 Mrd. Dollar) in 2010. (2) Zum Vergleich: Nordrhein-Westfalen hat knapp 18 Mio. Einwohner und erwirtschaftete 2010 ein BIP in Höhe von 543 Mrd. Euro. (3)

Die USA haben 310 Mio. Einwohner und sind mit einem BIP von 14.658 Mrd. Dollar in 2010 (4) die weltgrößte Wirtschaftsnation. Zum Vergleich: Deutschland hat 81 Mio. Einwohner und erwirtschaftete 2010 ein BIP in Höhe von 2.499 Mrd. Euro (bzw. 3.316 Mrd. Dollar). (5)

Staatsverschuldung und Gegenmaßnahmen

Griechenland hat die EU über seine Staatsschulden belogen. Das ist wahr und es ist damit aufgeflogen. Seine tatsächlichen Staatsschulden lagen Ende 2010 bei 326,9 Mrd. Euro, was einer Verschuldungsquote von 142 Prozent des BIP entspricht. (6) Zum Vergleich: Nordrhein-Westfalen hatte Ende 2010 einen Schuldenstand von 173 Mrd. Euro (7) und in Deutschland waren bis dahin Staatsschulden in Höhe von 1.998,8 Mrd. Euro aufgelaufen, was einer Schuldenquote von 80 Prozent des BIP entspricht. (8)

Die USA belügen die Weltgemeinschaft über ihre Staatsverschuldung wahrscheinlich in einem noch viel größeren Ausmaß als Griechenland es getan hat. Aber sie sind damit noch nicht aufgeflogen, jedenfalls nicht wirklich und so wird gerätselt, wie hoch die Schulden tatsächlich sind. Bill Gross beispielsweise schätzt die Staatsschulden auf 75.000 Mrd. Dollar, weil die Kosten für soziale Programme wie unter anderem Medicare und Medicaid nicht in der laufenden Haushaltsführung auftauchen. (9) Sollte er richtig liegen, wäre das in der Tat Schönfärberei in einem beachtlichen Ausmaß. Denn offiziell gibt die US-Regierung in Washington an, aktuell die gesetzliche Schuldengrenze von 14.300 Mrd. Dollar erreicht zu haben, was einer Schuldenquote von annähernd 100 Prozent des BIP entspricht - nach Bill Gross´ Schätzung läge sie bei etwa 410 Prozent des BIP. In jedem Fall aber ist die Regierung wegen des Erreichens der Schuldengrenze überhaupt nur noch mit Hilfe von Tricks in der Lage, ihre Rechnungen zu bezahlen - bis August, dann ist auch damit endgültig Schluss und die USA wären zahlungsunfähig. Erschwerend kommt hinzu, dass die Verschuldung in einer ganzen Reihe von US-Bundesstaaten ebenfalls ein prekäres Ausmaß erreicht hat und einigen von ihnen gleichfalls die Zahlungsunfähigkeit droht. Die Schulden der Bundesstaaten sind in den angegebenen 14, 3 Billionen Dollar noch nicht eingerechnet.

Die Kreditwürdigkeit Griechenlands ist trotz Rettungspaket, mit dem die EU faktisch die Zahlungsfähigkeit garantiert, und trotz eingeleiteter sowie mehrfach verschärfter Sparanstrengungen von den US-Ratingagenturen sukzessive immer weiter herabgestuft worden. Das hat zur Folge, dass Zinsen und Risikoprämien für griechische Staatsan-leihen immer weiter gestiegen sind und Griechenland auf dem Kapitalmarkt zuletzt für seine Anleihen teilweise Renditen von mehr als 25 Prozent bieten musste. (10) So viel könnte auch kein anderer Staat auf Dauer stemmen.

Für die USA gibt es kein Rettungspaket, das die Zahlungsfähigkeit garantiert und es gibt keine Sparanstrengungen, weil sich die US-Politiker der beiden großen Parteien nicht einigen können. Das heißt, es gibt nicht einmal einen verabschiedeten Plan zum Schuldenabbau und zudem ist die Arbeitslosenproblematik nach wie vor ungelöst, ganz zu schweigen von der seit Anfang 2008 ununterbrochen ansteigenden Zahl der Essens-markenempfänger (44,2 Millionen, Stand Februar 2011 (11)), und auch das Wirtschaftswachstum kommt nicht in Schwung. (12) Trotzdem bekommen die USA von den US-Ratingagenturen nach wie vor die höchste Bonitätsnote AAA und müssen auf dem Kapitalmarkt kaum mehr als 3 Prozent Rendite für ihre Staatsanleihen bieten. Ein erklecklicher Teil davon landet allerdings bei der Federal Reserve.

Als Fazit lässt sich deswegen festhalten, dass Griechenlands Verschuldung realistisch betrachtet für die EU keine Gefahr darstellt, die Schuldenkrise der USA jedoch enorme Risiken für die gesamte Weltwirtschaft birgt.

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6 Kommentare:

  1. Die Griechenland-Krise unterscheidet sich strukturell und grobmaschin betrachtet von überhaupt keiner Schuldenkrise! Realistisch betrachtet ist jeder Staat pleite; bislang haben die Märkte so getan, als wäre das nicht so und dadurch den Ball am Rollen gehalten...nun tun sie nicht mehr so, wodurch prinzipiell jedes Land - Italien, Japan, Deutschland, etc - gefähredet ist

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  2. Alle westlichen Staaten haben das gemeinsame gleiche Problem ständig wachsender Staatsschulden. Unsere Volkswirtschaften haben hier einen grundsätzlichen Systemfehler. Nur bei Hochkonjunktur wird mal ein klein wenig zurückgezahlt. Krisen, die neue Staatsschulden rechtfertigen, gibt es angeblich immer. Wir müssen lernen, das der Kapitalmarkt kein Sozialamt ist, sondern das brutalstmögliche Gegenteil davon! der Entzug von der Droge Staatsschulden wird schmerzhaft. Und je später, desto schlimmer!


    Die Bonität jedes Staats bemisst sich nach seinen Möglichkeiten, den Schuldendienst aus Steuereinnahmen zu bestreiten. Gründe dagegen können sein nicht nur die Schwäche der Volkswirtschaft, sondern auch seine mangelnde Fähigkeit, gegen Gewerkschaften, Lobbyisten und Parteien Steuererhöhungen durchzusetzen, besonders aber Kapitalflucht zu unterdrücken.
    Die Freiheit der Kapitalmärkte aber hat alle westlichen Staaten gleichermaßen in einen ruinösen Wettbewerb um die niedrigsten Kapitalmarkt- & -ertragsteuern gezwungen. Es verbleiben nur noch die Steuern auf Konsum, Arbeit und Immobilien.
    In diesem Sinne hat auch die USA große Bonitätsprobleme!
    Die westlichen Staaten müssen zusammenarbeiten, gemeinsam die Steuern so anzuheben, dass die Haushalte schuldenfrei laufen können.

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  3. Wir können nur hoffen, daß die Griechen sich weiterhin dem wiedersetzen, von der restlichen Welt gerettet zu werden. Dann könnte in dem Moment in dem Griechenland in die Insolvenz geht, ein Griechenland entstehen, daß mit dem besten Rating der EU aufwarten kann. Nämlich einem Schuldenstand von 0,-- EUR. Den dadurch zu erleidenenden Vertrauensverlust können die Griechen leicht verschmerzen, da keinerlei Zinszahlungen/Tilgungsraten für die Altlasten mehr zu zahlen sind.

    Die Ausfälle für die beteiligten europäischen Banken werden zu verschmerzen sein. Letztendlich eine lehrreiche Lektion, daß wer 16 % Zinsen einstecken möchte, damit rechnen muß, sein Kapital zu verlieren.

    Einzig für den Dollar eine Katastrophe, wenn durch die Entschuldung Griechenlands vom wahrscheinlichen Staatsbankrott nicht mehr abgelenkt wird, sondern sogar aufgezeigt wird, wie man seine Schulden äußerst elegant los werden kann.

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  4. @ Anonym

    Damit könnten Sie durchaus Recht haben! Jens Weidmann und zuletzt auch Helmut Schmidt äußerten ja bereits, dass eine Pleite für die EU/den Euro kein Problem darstellen würden. Für die USA, die Heimat "der Finanzmärkte", könnte indes angesichts der vielen Probleme dort wahrscheinlich so ziemlich jede Erschütterung der Märkte fatale Folgen haben. Es ist nur die Frage, ob die EU/Griechenland für die Abwendung des Schlimmsten in den USA bezahlen/büßen sollten.

    Gruß
    SLE

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  5. ..zu meinem Beitrag vom 17.06.2011 noch eine Anmerkung zu den Banken, die von Griechenland bis zu 16 % Zinsen kassieren. Die ganze Welt (auch wir hier in Deutschland) wird von den Finanzhaien abgezockt. Bestes Beispiel Rohölnotierungen. Dadurch das sich die Investmentbänker (die das Produkt handeln, ohne es wirklich zu benötigen) als reine Verknappungs- und dadurch Preiserhöhungsmaschinerie betätigen, steigen die Notierungen auf immer neue Höchststände. Das auch obwohl, wie in der jüngsten Vergangenheit, sämtliche Marktdaten dagen sprechen. Da nützen keine schwachen Konjunkturdaten aus USA etc. Die Zocker arbeiten immer nach dem gleichen Prinzip: Mit unbegrenzten Finanzmitteln das Produkt verknappen. Dann (zum höheren Kurs) wieder verkaufen. Dann ein kleines bisschen warten, Kurs geht dann wieder leicht zurück, um sofort wieder das Spiel von vorn zu beginnen.

    Schaut Euch die Kursentwicklung bei z.B. "tecson.de" an. Wunderbar abzulesen.

    Nachdem das Heer der ahnungslosen in Berlin (schaut einfach nur in die Gesichter) das nicht im Ansatz durchschauen (wie auch, bei der Ausbildung unserer Politiker), kann die Abzockerei auf Kosten der Allgemeinheit noch lange so weitergehen..

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  6. @ Anonym

    Genau das ist das Problem - sehr schön auf den Punkt gebracht.

    So lange es keine angemessenen Finanzmarktregeln gibt UND wirksam etwas gegen die Konzentration von Kapitalmacht oder -Kartellen als Ursache des beschriebenen Spiels unternommen wird, gibt es keinen Ausweg aus der anhaltenden Abwärtsspirale und wir zahlen dafür in jeder nur erdenklichen Weises bis zum St. Nimmerleinstag.

    Da hilft auch kein "American Jobs Act" mit einem Volumen von 447 Mrd. Dollar, der das Spiel der Finanzmärkte, das die US-Realwirtschaft längst in eine unhaltbare Lage gebracht hat, nur verlängern hilft und, wenn Obama Glück hat, seine Wiederwahlchancen verbessert. Es ist wohl eher ein "Act of Despair".

    Allerdings glaube ich schon, dass den meisten Politikern mittlerweile klar geworden ist, was da läuft.

    Aber sie sind Schuldige in dem Sinne, dass sie dies mit entsprechend gesetzten Rahmenbedingungen erst möglich gemacht haben und mit den immer wieder neuen Rettungsmaßnahmen weiter unterstützen.

    Da ist es besser, eine überraschte, ahnungslose Miene aufzusetzen, als dies offen zuzugeben.

    Gruß
    SLE

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