Freitag, 4. Mai 2012

(Ab-)Wahlsonntag in Frankreich und Griechenland: Sarkozys Felle schwimmen – Europas Krisenkurs schwimmt mit


François Bayrou, der als Spitzenkandidat seiner Zentrumspartei (MoDem) in der ersten Wahlrunde 9,1 Prozent der Wählerstimmen bekam, hat jetzt angekündigt, bei der Stichwahl am 6. Mai für den Sozialisten François Hollande (PS) zu stimmen. Zwar hat er seinen Anhängern keine direkte Wahlempfehlung gegeben. Ein klares Zeichen hat er ihnen damit dennoch gesetzt. (1)
Nachdem Nicolas Sarkozy (UMP) im gestrigen TV-Duell keinen Boden gegen seinen Herausforderer Hollande gutmachen konnte (2), haben sich die Chancen für den amtierenden Präsidenten für die Wahlrunde am kommenden Sonntag somit weiter verschlechtert.
Bereits am 1. Mai hatte die rechtsextreme Marine Le Pen (FN) ihren Anhängern gesagt, sie werde weder Sarkozy noch Hollande unterstützen, sondern am Sonntag einen leeren und damit ungültigen Stimmzettel abgeben. (3) In der ersten Wahlrunde hatte sie 17,9 Prozent der Wählerstimmen auf sich vereinen können und Nicolas Sarkozy hatte gehofft, einen erklecklichen Teil ihrer Wähler für sich gewinnen zu können. Diese Hoffnung wird sich voraussichtlich nicht erfüllen.
Der linksextreme Jean-Luc Mélenchon, der in der ersten Runde auf 11,1 Prozent der Stimmen kam, hatte seinen Wählern schon frühzeitig eine Empfehlung für Hollande gegeben.
Entschieden ist noch nichts, aber es sieht nun sehr danach aus, als würden die Franzosen den Sonntag weniger zu einem Tag der Wahl, sondern mehrheitlich zu einem der Abwahl machen. Es ist nicht unwahrscheinlich, dass dies – sollte es so kommen - das auslösende Ereignis für eine Neuorientierung des europäischen Krisenkurses sein.
Das gilt umso mehr, als am 6. Mai auch in Griechenland ein neues Parlament gewählt wird – allerdings in einer beunruhigend aufgeheizten, radikalisierten Stimmung und mit der beinahe sicheren Aussicht auf eine überaus schwierige Regierungsbildung. Im Gegensatz zu Frankreich ist dort unklar, welche Ergebnisse die Wahl erbringen – bis zu zehn Parteien könnten ins Parlament einziehen - und vor allem welche Folgen sie haben wird. Es ist nicht mehr sicher, ob das von der Übergangsregierung mit der EU, der EZB und dem Internationalen Währungsfonds (IWF) ausgehandelte Sparkonzept fortgesetzt werden wird. Denn die Griechen lehnen laut Umfragen den drastischen Sparkurs aufgrund der katastrophalen Folgen mehrheitlich vehement ab. Es auch nicht absehbar, was die Wahl für den sozialen Frieden im Land bedeutet. Wie wird das Wahlergebnis aufgenommen werden?
Vor allem mit Blick auf die Situation in Griechenland könnte sich der kommende Sonntag im Rückblick für Europa als jener Tag erweisen, der das Fass für die steigende Zahl der Gegner – insbesondere auch unter den europä-ischen Regierungschefs – eines einseitigen austeritätspolitischen Kurses zwecks Sanierung der Staatsfinanzen hoch verschuldeter Mitgliedstaaten zum Überlaufen brachte. Die Fakten sprechen ohnehin eine deutliche Sprache: der Kurs führt die Schuldenstaaten in eine wirtschaftliche Abwärtsspirale – mit erschütternden Folgen.
Für Bundeskanzlerin Angela Merkel, die ohnehin wie niemand sonst in Europa mit diesem Krisenkurs identifiziert wird, könnten deswegen schwere Zeiten anbrechen.
Deutschland war bereit, für seine Führungsrolle im europäischen Krisenmanagement sehr hohe finanzielle Risiken auf sich zu nehmen. Das muss man nicht so interpretieren. Aber man kann es. Wenn sich jetzt in Europa jedoch die Auffassung Bahn brechen sollte, dass der austeritätspolitische Krisenkurs mehr Schaden angerichtet als geholfen hat, dann könnte dies am Ende möglicherweise primär – ähnlich wie einst Heinrich Brüning in der Weimarer Republik – der Bundeskanzlerin angelastet werden.
Das wäre nicht (ganz) korrekt. Natürlich nicht. Beispielsweise haben insbesondere auch die (unabhängige) EZB, die (supranationale) Europäische Kommission und der IWF (die sog. Troika eben) auf diesen Kurs gedrungen. Auch der Euro-Gruppenchef Jean-Claude Juncker hat das getan. Der konservative britische Premier David Cameron ist ebenfalls von diesem Kurs überzeugt, auch wenn er mit den Euro-Problemen nichts zu tun hat.
Doch werden sich alle in Europa und insbesondere auch Presse und Medien daran erinnern, wenn „das Kind“ in der Euro-Zone erst in den Brunnen gefallen ist? Sie werden sich daran erinnern, über wen im Zusammenhang mit den Sparkurs-Forderungen in den zurückliegenden beiden Jahren vornehmlich berichtet wurde.

1 Kommentar:

  1. Ich sehe ziemlich viele Risiken für den Fortbestand des EURO. All die gigantischen Staatsschuldenberge und die Arbeitslosigkeit - die Menschen sind unzufrieden. Das drückt sich an der Wahlurne aus. Selbst in Deutschland mit den PIRATEN.
    Gut möglich, dass die ersten Länder wieder aus der Währungsunion aussteigen.

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