Dienstag, 25. September 2012

November Rain: Die US-Präsidentschaftswahl oder das US-Endspiel um eine Fassade

In Griechenland werden am Mittwoch wieder ausgedehnte Proteste gegen die geplante neue Runde harter Sparmaßnahmen stattfinden. Massenproteste gab und gibt es aus demselben Grund auch in anderen europä-ischen Krisenstaaten, z. B. in Portugal. (1)
Währenddessen geht es mit den jeweiligen Volkswirtschaften weiter bergab. Für Griechenland heißt das z.B. laut griechischem Einzelhandelsverband ESEE, dass im Zuge der Krise bereits 68.000 Geschäfte geschlossen worden sind und innerhalb der kommenden zwölf Monate weitere 63.000 zur Aufgabe gezwungen sein könnten. Allein in Athens Zentrum sind – Stand August 2012 – 31 Prozent aller Geschäfte verschwunden. (2)
Man mag sich deswegen fragen, wie lange es noch dauern wird, bis die griechische Regierungskoalition aufgrund des steigenden Drucks zwischen den Mühlsteinen „Troika“ und „Massenproteste“ aufgerieben ist. Mit immer neuen Sparanforderungen, denen die Regierungen Griechenlands, Portugals und anderer Länder gerecht werden sollen und einer sich dennoch weiter verschlechternden Wirtschaftslage ist das nicht nur in Griechenland zunehmend wieder wahrscheinlicher geworden. Daran ändern auch ein gehebelter ESM und das Versprechen von Mario Draghi, alles für den Erhalt des Euro zu tun, nichts. Jeder weiß das, auch wenn es nicht jeder zugibt.
Bewegt das die Märkte? Nein, ausnahmsweise ist das nicht der Fall. Was dann?
An den Märkten ist stattdessen das nächste Ereignis, von dem maßgebliche Impulse erwartet werden, die US-Präsidentschaftswahl am 6. November. Und das obwohl auch an den Märkten mittlerweile praktisch jeder weiß, dass die expansive Geldpolitik der Fed keines der Probleme löst und auch die US-Politik bisher keine wirksamen Konzepte und Maßnahmen gegen die vor sich hin köchelnden Krisen gefunden hat. (3) Es wird – diesseits und jenseits des Atlantiks - ein ums andere Mal Zeit gekauft, aber die eigentliche Krisenbewältigung wird nicht nur wieder und wieder verschoben, sondern zunehmend schwieriger.
Es ist vor diesem Hintergrund interessant, dass z.B. auch die Troika den Griechenland-Fall angeblich wegen der US-Wahl auf die lange Bank geschoben haben soll (4) und in Japan die Noch-Regierung von Premier Noda die versprochenen Neuwahlen Anfang November abhalten möchte, während die Opposition auf einen früheren Termin drängt (5). Es wäre keine wirkliche Überraschung, wenn auch der bisher für Oktober erwartete Parteikongress in China, auf dem sieben der neun Mitglieder des obersten Führungsgremiums der Kommunistischen Partei Chinas ausgetauscht werden sollen, nicht mehr vor der US-Wahl abgehalten werden würde.
Die US-Schuldenkrise ist zwar jenes Problem, dass gegenwärtig die meiste Aufmerksamkeit erhält. Es ist allerdings bei weitem nicht das einzige Problem der US-Regierung. Nur hat sich eben die Weltöffentlichkeit, die mit Europa beschäftigt war, bisher nicht dafür interessiert. Doch das ändert sich gerade.
Die US-Regierung scheint seit Monaten sehr darum bemüht zu sein, bis zur Wahl keines der vielen gravierenden ungelösten und neuen Probleme (z.B. Libor-Skandal/Rolle der Fed und Geithners) aufbrechen und an die Oberfläche kommen zu lassen. Das Problem ist, dass die Oberfläche in den USA ob der vor sich hin blühenden vielfältigen Probleme bereits munter Blasen wirft. Deswegen wirken alle Bemühungen von Obama, Bernanke und Konsorten, so zu tun als hätten sie alles im Griff und alles sei noch immer grünen Bereich im Land der unbegrenzten Möglichkeiten, zunehmend auf eine ihre weltweite Autorität untergrabende Weise schräg.
Gerade auch China, das sich seit Monaten einen nur mühsam kaschierten Wirtschafts- und Währungskrieg mit den USA liefert, weiß um die Schwäche von „Uncle Sam“ – und trägt selbst dazu bei wo es nur kann, obwohl das Land selbst zu kriseln begonnen hat und in der KP-Führung offensichtlich seit Monaten ein heftiger Machtkampf um die Neubesetzung des Politbüros tobt. (6) Nicht zu übersehen sind auch die Spannungen zwischen den USA und Großbritannien wegen ihrer jeweiligen Global Player unter den Banken im Zuge aufgedeckter Skandale – Libor-Skandal (Barclays), Geldwäsche (HSBC) und verbotener Iran-Transaktionen (Standard Chartered). (7)
Kurzum: Es scheint also viel davon abzuhängen, was in den USA in den kommenden Wochen geschieht.
Doch die USA haben wie die Europäer – und zwar parteiübergreifend – keine klare und überzeugende Vorstellung davon, wie die Krise überwunden werden kann. Bedenkt man zudem, dass der republikanische Kandidat Mitt Romney angesichts der bestehenden und, realistisch betrachtet, wieder zu erwartenden politischen Pattsituation ebenso wenig wie Obama ausreichend Kraft und Macht haben dürfte, um eine echte Wende in den USA zu bewirken, dann ist es – zumindest mit Blick auf die Krisenbewältigung – eigentlich nicht ausschlaggebend wer die Wahl letztlich gewinnt. Und gleich nach der Wahl steuert die US-Titanic auf das „fiscal cliff“ zu, das heißt auf automatische Etatkürzungen und Steueranhebungen ab Anfang 2013 für den Fall, dass sich die Abgeordneten und Senatoren beider Parteien zuvor nicht doch noch auf ein Sparprogramm einigen können.
Was also entscheidet sich mit der US-Wahl?
Vielleicht ist es die simple Frage, ob und inwieweit die mühsam aufrechterhaltene Fassade der USA als global führender Wirtschaftsmacht nach der Wahl noch Bestand haben wird?

3 Kommentare:

  1. Alles richtig, aber auffallend viele Textpassagen aus einem Artikel von Markus Gaertner!

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  2. Sorry,
    da hab ich wohl nicht richtig gelesen! Die Textpassagen stammen natürlich von dir in einem Komentar bei Markus. Ich bitte vielmals um Entschuldigung !!

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