- Zypern erhält Hilfskredite von bis zu 10 Milliarden Euro – größtenteils aus dem Europäischen Stabili-tätsmechanismus (ESM). Der Anteil des Internationalen Währungsfonds (IWF) steht ebenso wie der für die Hilfskredite geforderte Zinssatz noch nicht fest. Die Hilfen dürfen nicht zur Stützung der angeschlagenen zyprischen Großbanken verwendet werden.
- Beim Eigenanteil in Höhe von 5,8 Milliarden Euro zur Rettung des Inselstaates, der bei den Anlegern der zyprischen Banken abgeschöpft werden soll, ist es geblieben.
- Einlagen unter 100.000 Euro werden nicht angetastet – die jetzt angeblich sowieso nie jemand wollte –, sondern nur noch die darüber. Wie sehr, das steht noch nicht genau fest. Klar ist indes, dass die Abgabe bei den beiden Problembanken Laiki Bank und Bank of Cyprus noch deutlich höher sein wird als bei allen anderen Banken.
- Zyperns Bankensektor soll bis 2018 auf ein – gemessen am EU-Durchschnitt – in Relation zur Wirtschaftsleistung des Inselstaates normales Maß schrumpfen.
- Die Laiki Bank wird aufgespalten und abgewickelt, der überlebensfähige Teil an die Bank of Cyprus übertragen. Letztere muss jedoch massiv schrumpfen und zwar auf eine Größe, bei der eine Eigen-kapitalquote von 9 Prozent erreicht wird. Das soll zu Lasten ihrer Aktionäre, Gläubiger und Kunden mit Einlagen über 100.000 Euro geschehen. Alle Einlagen über 100.000 Euro werden zu diesem Zweck in Aktien der Bank umgewandelt. Mit der Zwangsabgabe sollen so insgesamt 4,2 Milliarden zusammen-kommen.
- Die restlichen Eigenmittel und die Mittel für den Schuldendienst soll Zypern über Steuererhöhungen, Ausgabensenkungen und die Privatisierung von staatlichen Unternehmen aufbringen. Mit anderen Worten bekommt jetzt auch Zypern das volle Troika-Paket.
Zypern konnte sich demnach offensichtlich nicht
mit seinem Plan durchsetzen, die geforderten 5,8 Milliarden über einen
sogenannten Solidaritätsfonds aufzubringen, wobei Goldreserven der Notenbank
sowie Mittel der Orthodoxen Kirche und aus der Rentenkasse als Sicherheiten für
auszugebende Notanleihen zur Finanzierung der Restrukturierung der Problembanken
hätten dienen sollen.
Zur Orientierung: Laut IWF lag die Staatsschuldenquote
Zyperns in den Jahren 2007 bis 2009 unter 60 Prozent, stieg in 2010 zunächst
auf 61,5 Prozent, in 2011 auf 71,6 Prozent und lag 2012 bei geschätzten
87,3 Prozent. (4) Die Staatsschuldenquote Zyperns lag damit in den Jahren
2007 bis einschließlich 2011 noch unter der von Frankreich und von Deutschland.
(5) In Griechenland war sie indes im gleichen Zeitraum von 107,5 Prozent kontinuierlich
bis auf über 170 Prozent (2012) gestiegen. (6)
Zyperns Probleme rühren nicht von unsolider
Haushaltsführung. Es sind die beiden hoch verschuldeten zyprischen Großbanken,
die Zyperns Finanzprobleme verursachten. Die Schieflage der Banken ist wiederum
im Kern auf hohe Abschreibungen auf Forderungen gegenüber dem griechischen
Staat zurückzuführen, die bedingt durch den im März 2012 von der Troika im
Zusammenhang mit dem zweiten Rettungspaket für Griechenland durchgesetzten Schuldenschnitt
angefallen waren. Insgesamt mussten die privaten Gläubiger Griechenlands 107
Milliarden Euro abschreiben. (7) Die Bank of Cyprus und noch mehr die Laiki
Bank waren im Unterschied zu allen anderen Banken in Zypern in Bezug auf Griechenland
stark exponiert und wurden infolgedessen vom Schulden-schnitt schwer getroffen.
(8)
Irland und Portugal hatten ebenfalls
Probleme mit ihren Banken, die massiv auf die Staatsfinanzen durchschlugen und
beide haben sich – so wie jetzt Zypern – unter das Diktat der Troika begeben
müssen, um Hilfen von der Euro-Gruppe und dem IWF zu erhalten. Die Daten des
IWF zeigen jedoch, dass in beiden Ländern die Staats-schuldenquote trotzdem von
Jahr zu Jahr weiter angestiegen ist. In Irland von 25 Prozent (2007) auf 117 Prozent
(2012) und in Portugal von 68 Prozent auf 119 Prozent. (9)
Allein das lässt vom nun für Zypern
beschlossenen Rettungspaket nichts Gutes für Zypern erwarten. Anders als Irland
und Portugal ist Zyperns Volkswirtschaft jedoch nahezu vollkommen von seinem
Finanzsektor abhängig. „Rettungspaket“ ist insofern die völlig falsche
Bezeichnung für das, was jetzt in Brüssel für Zypern vereinbart worden ist.
Der Fall Zypern zeigt, dass letztlich immer
ein Grund gefunden wird, um das austeritätspolitische Konzept der Troika durchzusetzen,
sobald Finanzhilfen des ESM und des IWF notwendig werden. Zypern konnte eindeutig
nicht, wie zuvor den anderen europäischen Schuldenstaaten, vorgeworfen werden,
es habe „über seine Verhältnisse gelebt“. Stattdessen wurde Zyperns „Geschäftsmodell“
(10) für gescheitert erklärt – wohlgemerkt, weil lediglich zwei – allerdings
große – Banken in die Pleite geschlittert sind (11) und zwar in erster Linie wegen
des von den Euro-Rettern im vergangenen Jahr durchgesetzten Schuldenschnitts für
Griechenland. Dieses Geschäftsmodell wird allerdings innerhalb der Euro-Zone beispielsweise
auch von Luxemburg verfolgt.
Mit andere Worten: Es sind beides Pauschalurteile,
die einer differenzierten Problemanalyse ebenso wenig standhalten können, wie
das Standardprogramm der Troika einer differenzierten Erfolgsanalyse.
Kurzum: Wo ein Wille ist, da ist auch ein
Weg.
So sieht denn auch Europas Zukunft aus. Es
erinnert an die Ärzte im alten Rom ( … man muss den Patienten schröpfen, die
Adern brauchen Luft! ... ). Man mag gar nicht mehr hinsehen.
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