Montag, 17. Februar 2014

Vermögensentwicklung in der Krise – Teil 6.1: Die Vermögenskonzentration nimmt auch in der Krise auf allen Ebenen weiter zu




Ohne jede Frage hat die Krise ab 2007 eine zunehmende Konzentration des globalen Privatvermögens in den reichsten Ländern zur Folge gehabt. Abbildung 28 zeigt wie groß der Anteil der – beim Stand von 2013 – reichsten drei, sieben, zehn, zwanzig und fünfundzwanzig Länder in den Jahren 2000, 2007, 2008, 2012 und 2013 gewesen ist.

Der private Reichtum steigt in der Top 3-Ländergruppe am stärksten

Nach 2000 hatte der Anteil sich zwar zunächst stark reduziert. Der der reichsten drei Länder – USA, Japan und China – war sogar besonders stark zurückgegangen. Allerdings hat sich seit Beginn der US-Immobilienkrise in 2007 der Anteil der Top 3 wieder besonders stark vergrößert. Zusammen kamen die drei Länder in 2012 wieder fast auf einen Anteil von 50 Prozent.

Wäre es in Japan ab Ende 2012 nicht zu der gewollten und durch die „Abenomics“ forcierten massiven Abwertung des Yen gekommen, der die in Dollar bewerteten Vermögen der Japaner abschmelzen ließ, dann wäre der Anstieg der Konzentration in allen in der Abbildung 28 aufgeführten Länder-Gruppierungen im Jahr 2013 zweifellos nicht gestoppt worden. Denn Japan ist nach den USA immer noch, das heißt knapp vor China, das Land mit dem weltweit zweitgrößten Privatvermögen. Mit Sicherheit wären die drei reichsten Länder dann in 2013 auf einen Anteil von über 50 Prozent gekommen.

Abbildung 28: Zum Vergrößern bitte Abbildung anklicken! 

Die reichsten EU-Länder lassen den Reichtum der Top 7-Ländergruppe stagnieren

Interessant ist in diesem Zusammenhang ebenso, dass es in der Gruppe der Top 7, in der zu den Top 3 Ländern die vier reichsten EU-Staaten Frankreich, Deutschland, Italien und Großbritannien hinzukommen, anders als in allen anderen Länder-Gruppierungen seit 2008 keine Vergrößerung des Anteils am globalen Privatvermögen gegeben hat. Zusammen kommen diese sieben Länder auf einen Anteil von nach wie vor knapp unter 70 Prozent.

Das ist verständlich, denn bei diesen vier EU-Ländern sind in der Euro-Krise auch die weltweit größten Vermögensverluste angefallen und in Großbritannien hatte es von 2007 auf 2008 den europaweit mit Abstand gravierendsten Einbruch beim Privatvermögen gegeben (siehe dazu Abbildung 4 in Teil 2).

Stabiler Anteil der Top 25-Ländergruppe am globalen Privatvermögen trotz Krise

Hervorzuheben ist des Weiteren, dass der Anteil der Top 25-Länder seit 2000 besonders stabil gewesen ist. Das spricht dafür, dass das Wachstum des globalen Privatvermögens hauptsächlich den Menschen in diesen Ländern zugute kommt und Verschiebungen bei den Anteilen hauptsächlich innerhalb dieser Ländergruppe stattfinden. Der Rest der Welt ist und bleibt außen vor.

Vor diesem Hintergrund fragt sich, wie sich die Krise auf die Vermögensverteilung innerhalb der Länder ausgewirkt hat, in denen sich das globale Privatvermögen konzentriert und vermehrt.

Die Vermögensverteilungswirkungen der Krise innerhalb von Ländern

Daten zur Vermögensverteilung innerhalb von Ländern finden sich in den vier bisher veröffentlichten Ausgaben des Global Wealth Databook der Credit Suisse (1) nur für eine Länderauswahl. Zudem decken sie nur den Zeitraum von 2010 bis 2013 ab. Das für die Privatvermögen schlimmste Krisenjahr 2008 kann deswegen ebenso wenig in die Analyse mit einbezogen werden, wie das Jahr 2009, das in dieser Aufsatzreihe immer als erstes Jahr der Euro-Krise berücksichtigt wurde, weil die Vermögensdaten für dieses Jahr den Stand zum Jahresende wider-spiegeln.

Für die Vermögensverteilung innerhalb der – in Teil 3 definierten – Weltregionen liegen für den Zeitraum 2010-2013 ebenfalls Daten vor, so dass sie in die folgende Analyse einbezogen werden können.

Inwieweit es im Zuge dieser Krisenjahre zu einer weiteren Vermögenskonzentration gekommen ist, lässt sich durch eine entsprechende Zusammenfassung und vergleichende Betrachtung von Daten zur Vermögensverteilung feststellen und veranschaulichen.

Verglichen wird nachfolgend einmal die Entwicklung des privaten Vermögens der unteren 60 Prozent (Bottom 60%) der Vermögenspyramide (im jeweiligen Land bzw. in der jeweiligen Weltregion) mit der des Vermögens des oberen 1 Prozent (Top 1%). Anschließend wird die Entwicklung der Anteile der untersten 90 Prozent (Bottom 90%) und der obersten 10 Prozent in der Länderauswahl und den Weltregionen in den Blick genommen.

Zur Länderauswahl

In den folgenden Abbildungen zur Vermögensverteilung innerhalb von 14 ausgewählten Ländern zwischen 2010 und 2013 befinden sich elf der Top 25 Länder genauer gesagt alle Top 7 Länder, die Nr. 10 (Spanien), die Nr. 13 (Schweiz) sowie Nr. 17 und 18 (Niederlande und Schweden). Beim Stand von 2013 stehen diese elf Länder zusammen für 179.900 Milliarden Dollar was 74,6 Prozent des globalen Privatvermögens entspricht.

Die übrigen drei Länder sind Mitgliedstaaten der Europäischen Union: Finnland, Irland und Tschechien. Erfasst sind somit die sieben reichsten EU-Länder, die im Jahr 2013 zusammen ein Privatvermögen von 59.900 Milliarden Dollar beziehungsweise 85,8 Prozent des Privatvermögens in der Europäischen Union (EU 28) repräsentieren. Mit Irland, Spanien und Italien sind auch drei der Euro-Krisenländer mit dabei.

Für alle zehn in den Abbildungen 29 und 31 erfassten EU-Mitgliedstaaten ergibt sich addiert ein Privatvermögen von 61.600 Mrd. Dollar. Das sind 88,2 Prozent des Privatvermögens in der EU.

Alle 14 Länder in den Abbildungen 29 und 31 kommen laut Credit Suisse Global Wealth Databook im Jahr 2013 zusammen auf ein Privatvermögen von 181.600 Milliarden Dollar (75,3 Prozent des globalen Privatvermögens).

Die unteren 90 Prozent und das reichste 1 Prozent

In Abbildung 29 veranschaulichen die grünen Säulen die Entwicklung des Anteils der untersten 90 Prozent oder mit anderen Worten des Gros der Bevölkerung in den 14 betrachteten Ländern im Krisenabschnitt 2010-2013. Die violettfarbenen Säulen geben den Anteil des jeweils reichsten 1 Prozent an oder genauer gesagt derjenigen, die in den ausgewählten Ländern über Vermögenswerte verfügen.

Die Reihenfolge der Länder in der Abbildung orientiert sich grob an der Größe des Anteils (in Prozent), der auf die unteren 90 Prozent (bzw. Bottom 90%) der Vermögenspyramide des jeweiligen Landes entfallen. Oben sind die Länder abgetragen, in denen dieser Anteil im Ländervergleich am größten bzw. die Vermögenskonzentration beim obersten 1 Prozent am geringsten ist.

Abbildung 29: Zum Vergrößern bitte Abbildung anklicken!
Es ist unschwer zu erkennen, dass von 2010 bis 2013 der Anteil der unteren 90 Prozent in keinem dieser Länder je größer als 56 Prozent gewesen ist. Den höchsten Wert weist mit 55,1 Prozent Finnland aus und zwar für das Jahr 2013.

In Finnland verzeichnet das reichste 1 Prozent der Bevölkerung zugleich auch die im Ländervergleich geringsten Anteile am Privatvermögen.

In der Schweiz und vor allem auch in den USA, aber auch in Schweden ist das Privatvermögen des reichsten 1 Prozent dagegen in allen vier Jahren größer als jenes der unteren 90 Prozent. Fast genau so viel wie die unteren 90 Prozent besitzen die Top 1-Prozent bemerkenswerterweise in Tschechien.

Freilich muss man dabei sowie bei den folgenden Abbildungen zur Vermögensverteilung immer auch die jeweiligen Bevölkerungszahlen vor Augen haben und wie viel Privatvermögen es überhaupt zu verteilen gibt (siehe dazu Abbildung 2 in Teil 1 und Abbildung 4 in Teil 2). Denn ob es, wie im Falle Finnlands (mit 5,4 Millionen Einwohnern) im Jahr 2013, um die Verteilung von 700 Milliarden Dollar auf den vermögenden Teil der Bevölkerung geht oder wie in der Schweiz (mit 8,1 Millionen Einwohnern), um die Verteilung von 3.100 Milliarden Dollar, macht natürlich einen Unterschied.

Die Entwicklung ist für die unteren 90 und die oberen 1 Prozent in den Ländern sehr unterschiedlich verlaufen.

In einigen Ländern ist der Reichtum des oberen 1 Prozent in der Krise gestiegen. Für den gesamten Zeitraum gilt das jedoch nur für zwei Länder: Tschechien und Deutschland. Aufwärts ging es für die Top-1-Prozent aber auch in den Euro-Krisenländern Spanien und– ab 2011 – Italien. Vergrößert hat sich deren Anteil ab 2011 auch in Großbritannien. Dagegen ist er in Frankreich stark gesunken und auch in Schweden zurückgegangen.

Bemerkenswert ist darüber hinaus, dass das reichste 1 Prozent in den USA in der Krise ebenfalls seinen Anteil vergrößerte, allerdings nur bis 2012. Der Rückgang der unteren 90 Prozent war dort im gleichen Zeitraum aber viel stärker ausgeprägt als der Anstieg für das obere 1 Prozent. Dasselbe Bild ergibt sich für die Entwicklung der Weltregion „Nordamerika“, wie Abbildung 30 zeigt.

Abbildung 30: Zum Vergrößern bitte Abbildung anklicken!
Europa als Weltregion ist zwar nicht identisch mit der Europäischen Union, sondern umfasst insgesamt 40 Staaten. Gleichwohl fällt auf, dass dies die einzige Weltregion ist, in der das obere 1 Prozent in etwa so viel besitzt wie die unteren 90 Prozent. In allen anderen Weltregionen ist das Privatvermögen des reichsten 1 Prozent deutlich größer als das der unteren 90 Prozent – mit Ausnahme von China, wo es genau umgekehrt ist.

Gestiegen ist der Reichtum des oberen 1 Prozent von 2010 bis 2013 ferner in Indien, Lateinamerika und, wenn auch nicht durchgehend, im asiatisch-pazifischen Raum.

Die unteren 60 Prozent und die reichsten 10 Prozent

In Abbildung 31 kommt das Ausmaß der Ungleichverteilung des Privatvermögens besonders deutlich zum Ausdruck. Die unteren 60 Prozent in der jeweiligen Vermögenspyramide der 14 Länder besitzen in keinem Land und in keinem Jahr mehr als 19 Prozent des Privatvermögens.

Den geringsten Anteil haben die unteren 60 Prozent im reichsten Land der Welt, in den USA. Dort ist der Anteil im betrachteten Zeitraum sogar noch deutlich gesunken auf etwa 3 Prozent. Niedrig und zugleich stark gesunken ist er aber auch in Deutschland – zumindest bis 2012 (etwa 5 Prozent). Damit steht Deutschland auf Basis der Credit-Suisse–Daten und in dieser Länderauswahl an vorletzter Stelle und damit nicht viel besser da als die USA.

Abbildung 31: Zum Vergrößern bitte Abbildung anklicken!
Gesunken ist der Anteil der unteren 60 Prozent zwischen 2010 und 2013 darüber hinaus auch Japan, Italien, Spanien, Finnland und Tschechien. In Frankreich und den Niederlanden hat er sich 2013 wieder deutlich erhöht, in Irland gleichfalls, aber nicht so stark. In Irland gibt es keinen klaren Trend, allerdings fehlen hier auch die Daten für 2010.

Nur in Schweden ist er kontinuierlich gestiegen. Allerdings liegen in diesem Fall für 2010 keine Daten vor und Schweden ist in diesem Ländervergleich nach den USA das Land mit dem zweitgeringsten Anteil der unteren 60 Prozent am Privatvermögen, wenn man alle vier Jahre zum Maßstab für die Einordnung nimmt.

Eine positive Entwicklung gibt es auch in der Schweiz. Dort stagniert der Anteil jedoch seit 2011. In Großbri-tannien ist er von 2010 auf 2011 deutlich gestiegen, seitdem aber wieder sukzessive gesunken, allerdings nur moderat.

Ein klareres Bild ergibt sich bei den Weltregionen. Aus Abbildung 32 geht hervor, dass die unteren 60 Prozent in Asien und in Europa den niedrigsten Anteil am Privatvermögen der jeweiligen Region haben. Mit Ausnahme von China und Afrika gibt es zudem in allen Weltregionen eine in der Tendenz negative Entwicklung beim Anteil der unteren 60 Prozent und eine eindeutig positive Entwicklung beim Anteil der reichsten 10 Prozent, mit Ausnahme von Europa. Das heißt, die Schere zwischen Arm und reich öffnet sich weiter.

Abbildung 32: Zum Vergrößern bitte Abbildung anklicken!

Die Vermögenskonzentration nimmt auch innerhalb von den reichen Ländern zu

Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass die Krise im betrachteten Zeitabschnitt offenbar nur in Ausnahme-fällen zu einer Verringerung der Ungleichverteilung des Privatvermögens geführt hat.

In den Mehrzahl der betrachteten reichen Länder und in fast allen Weltregionen (Ausnahme: Afrika) hat sich die Ungleichverteilung von 2010 bis 2013 jedoch weiter erhöht. Auf Länderebene gilt das insbesondere für die USA, aber auch für die Euro-Krisenländer Italien und Spanien und – nach den Daten des Global Wealth Databook der Credit Suisse – auch für Deutschland, Finnland, die Niederlande und Tschechien. Nur in Schweden, der Schweiz und Frankreich haben die unteren 60 Prozent der Vermögenspyramide des jeweiligen Landes im Jahr 2013 mehr als 2010 – in China stagnieren die Werte.

Was in diesen Daten freilich nicht zum Ausdruck kommt, ist die Zahl all derer, die im Zuge der Krise aus dem Vermögensraster gefallen sind, weil sie ihre Vermögenswerte verloren haben. Wie sich die Krise auf die Zunahme der „Nicht-Vermögenden“ ausgewirkt hat, geht aus Vermögensstudien wie der der Credit Suisse nicht hervor.

Um diese wichtige Facette der Vermögensentwicklung in die Analyse speziell mit Blick auf die Krise in Europa einbeziehen zu können, werden in Teil 6.2 Eurostat-Daten zu den von Armut und sozialer Ausgrenzung bedrohten Menschen in der Europäischen Union herangezogen, der morgen veröffentlicht wird.

Die anderen Aufsätze der Reihe finden sich hier:
Teil 1 „Vermögensbilanz des Euro-Krisenmanagements“
Teil 2 „Gewinner und Verlierer derEuro-Krise im Klub der reichsten Länder“
Teil 3 „Krisengewinner und ‑verlierer nach Weltregionen: Transatlantische „Partnerschaft“
Teil 4 „Transatlantische „Partnerschaft“– oder die länderspezifischen Folgen der Euro-Krise für das finanzielle Privatvermögen“
Teil 5 „Vermögensentwicklung in derKrise – Teil 5: Die Veränderungen in der Zusammensetzung der Vermögensportfolios


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