Der ukrainische Innenminister Arsen Awakow
von der Vaterlandspartei Julia Timoschenkos hat einen „Anti-Terror-Einsatz“
gegen prorussische Separatisten in der ostukrainischen Stadt Slawjansk
angeordnet. Es hat dort laut Pressemeldungen bei Auseinandersetzungen bereits
Tote und Verletzte gegeben. (1)
Sowohl die ukrainische Übergangsregierung
als auch die USA und die NATO erheben gegenüber Russland seit Beginn der
Proteste in der Ostukraine immer wieder den Vorwurf, diese zu schüren oder gar
zu steuern. Eindeutige Belege dafür haben sie bis heute allerdings nicht
präsentiert. Es handelt sich nach wie vor um Verdächtigungen, die Moskau stets
zurückgewiesen hat. Gleichwohl wiederholen speziell die USA in kurzen Abständen
unter Androhung weiterer Sanktionen die Forderung an Russland, die Situation in
der Ostukraine nicht weiter zu eskalieren, sondern etwas zu Deeskalation zu
unternehmen.
Die ukrainische Regierung und insbesondere
auch die US-Regierung setzen in der Ukraine-Krise folglich fortlaufend ihre
Anschuldigungen gegenüber Russland in einer für andere und insbesondere auch
für die ukrainische Bevölkerung nicht nachvollziehbaren Weise mit Tatsachen
gleich und handeln auf dieser Grundlage.
Weder die ukrainische noch die US-Regierung
haben bisher aktiv dazu beigetragen, durch Schaffung von Trans-parenz und die Lieferung
nachprüfbarer Informationen bezüglich der von ihnen erhobenen Vorwürfe gegen
Russland zu einer Deeskalation der Krise in der Ukraine und insbesondere in der
Ostukraine beizutragen.
Dieser Mangel an Transparenz und
Information, der nach wie vor u.a. auch bezüglich der Morde an Demon-stranten
und Polizisten auf dem Maidan vom 20. Februar nicht behoben wurde, schürt in
der gegenwärtig ohnehin angespannten Atmosphäre das immer stärker offen
gezeigte Misstrauen gegenüber der Übergangsregierung. Dieses zu einem Terrorakt
zu erklären und mit Gewalt dagegen vorzugehen, ist ein politischer
Offenbarungseid und mit einer Demokratie, die die Ukraine sein will,
unvereinbar.
Russland über die westlichen Medien eine
aktive Rolle bei der Unterstützung dieses „Terrors“ zuzuweisen und von Moskau
zu fordern, die Situation in der Ostukraine nicht weiter zu eskalieren, um so nicht
nur Sanktionen gegen Russland, sondern auch das gewaltsame Vorgehen gegen diesen
„Terror“ zu rechtfertigen, hat mit der behaupteten Bemühung um Deeskalation und
um diplomatische Lösungen für den Erhalt und vor allem für den inneren Zusammenhalt
der Ukraine rein gar nichts zu tun.
Es gelingt den Europäern offenbar nach wie
vor nicht, das Krisenmanagement in der Ukraine an sich zu ziehen oder
wenigstens wirksam mitzubestimmen, um die Krise vom Eskalationskurs
abzubringen. Die Europäer wurden vom politischen Umsturz nach den Morden auf
dem Maidan überrumpelt und nun auch von den gewaltsamen Auseinandersetzungen in
der Ostukraine.
Die Ukraine ist pleite. Mehr noch ist die
Übergangsregierung in Kiew nicht nur finanziell, sondern auch fachlich und politisch
vollkommen abhängig vom Westen und in höchstem Maße von der Unterstützung des
IWF und insbesondere der Europäischen Union. Und dennoch haben die Europäer
keine Möglichkeit den politisch Verantwortlichen in Kiew, die ihre Argumente im
Parlament immer wieder mal gerne handfest austragen, klarzumachen, dass Gewalt
und „Anti-Terror“-Einsätze gegen die eigene Bevölkerung nicht im Interesse der
Ukraine und nicht im Interesse Europas sind?
Die chinesische Regierung hatte im
vergangenen Jahr Nordkorea nach unbeachteten Ermahnungen, die militärische
Kraftmeierei gegen Südkorea einzustellen, weil eine Destabilisierung der Region
nicht im Interesse Chinas sei, den Geldhahn zugedreht. Das hat sehr schnell
gewirkt. Europa lässt sich von der Übergangsregierung vorführen.
Der Regierung Jazenjuks muss, weil die USA
es offensichtlich nicht tun, von der EU ebenso wie allen anderen Beteiligten
unmissverständlich klar gemacht werden, dass Gewalt keine Lösung darstellt und seitens
der Europäer Konsequenzen nach sich zieht. Das ist mit Blick auf den
Zusammenhalt der Ukraine ein dringend notwendiger Schritt und würde die EU endlich
auch in die Lage versetzen, die Vermittlerrolle im Konflikt effektiv wahrzunehmen.
Nur die EU kann als Vermittler in der Ukraine und zwischen den USA und Russland
agieren.
Die Ukraine ist ein Nachbar der EU nicht
der USA. Eine Destabilisierung in den Nachbarländern der EU ist nicht im
Interesse der EU. Die Behauptung, dass allein Russland die Ukraine destabilisiert,
ist spätestens seit dem heute von der Regierung in Kiew verfügten „Anti-Terror“-Einsatz
gegen die Bevölkerung in der Ostukraine widerlegt. Es war vorhersehbar, dass es
dazu kommen würde und ist dennoch nicht verhindert worden.
auch wenn es keine Beweise gibt, denke ich doch, dass Putin (massiven?) Einfluss auf das Geschehen in der Ostukraine nimmt.
AntwortenLöschenDie Basis ist sicher die Unzufriedenheit der Bevölkerung mit den Aussichten unter einer neuen antirussischen und vom IWF abhängigen Regierung aber das in dem gesehenen Ausmass zu eskalieren, das zeigt schon die Unterstützung Dritter.
Nicht prinzipiell anders als auf dem Maidan, das wir uns hier recht verstehen, allerdings von der anderen Seite initialisiert.
Hallo Bill Miller,
Löschenvielen Dank für Ihren Kommentar und den berechtigten Einwand.
Sie haben mit hoher Wahrscheinlichkeit vollkommen Recht, dass es verdeckte Einflussnahme von beiden Seiten gibt, ob wirtschaftlich, politisch, militärisch oder durch Geheimdienste.
Mir kommt es darauf an hervorzuheben, dass in der Ukraine-Krise auf unzureichender Informationsgrundlage und zum Teil offenbar auch auf Basis zweifelhafter Informationen gehandelt wird, wobei die darauf gründenden Rechtfertigungen jeweils über die Medien kommuniziert werden, ohne jedoch Transparenz und Nachvollziehbarkeit für die Öffentlichkeit herzustellen.
Die Folge davon ist im Westen, etwa in Deutschland, dass laut Umfragen sehr viele die Objektivität dieser Darstellungen in Zweifel ziehen und damit die Rechtfertigungen des Westens. Im Osten wiederum führt dies dazu, dass die russische Regierung laut Umfragen in der eigenen Bevölkerung – aber auch in China - zunehmend Rückhalt für die eigene Ukraine-Krisenpolitik findet. Und in der Ukraine schließlich vertieft sich dadurch die Kluft zwischen dem proeuropäischen und prorussischen Teil der Bevölkerung und schlägt zunehmend in Gewalt um.
Ein wesentlicher Grund für diese kontraproduktive Entwicklung einschließlich anhaltender verdeckter Einflussnahme ist, dass die EU ihre Vermittlerrolle zwischen Ost und West bisher nicht oder nur völlig unzureichend wahrnimmt. Sie ist mehr Getriebene der skizzierten und über die Medien vorangetriebenen Entwicklung denn effektiv vermittelnde, steuernde Kraft in diesem Konflikt.
Die EU hat es bisher vor allem auch versäumt, objektivierend und mäßigend auf die Berichterstattung in den westlichen Medien zu reagieren, um Vertrauen aufzubauen, das für eine diplomatische Lösung vorhanden sein muss. Deswegen stehen m.E. auch die für Donnerstag geplanten Vierergespräche in Genf unter einem schlechten Vorzeichen.
Nur durch einen starken Vermittler und Schaffung von Transparenz können verdeckte Einflussnahme in der Ukraine und die Medienschlacht um die Deutungshoheit im Ukraine-Konflikt gestoppt werden, die beide eine weitere Eskalation der Situation bewirken werden.
Gegenwärtig schaut die EU jedoch immer noch beinahe hilflos zu.
Die Europäer reden zwar immer davon, mehr internationale Verantwortung übernehmen zu wollen. Doch im aktuellen Ukraine-Konflikt tun sie es nicht. Das wird sich ändern müssen.
Viele Grüße
SLE