Mittwoch, 9. November 2016

Donald Trump auf dem Weg ins Weiße Haus - und die Erde dreht sich trotzdem weiter



Noch sind nicht alle Ergebnisse ausgezählt. Aber Donald Trump ist der Sieg bei der US-Präsidentschaftswahl nicht mehr zu nehmen. Einigen Zeitungen berichten, dass Trump inzwischen mehr als die für einen Sieg notwendige Zahl von 270 Wahlmännern hat. Hillary Clinton liegt weit abgeschlagen bei 218. (1)

Klare Mehrheitsverhältnisse im US-Kongress

Und nicht nur das. Die Republikaner haben auch die Mehrheit in beiden Kammern des US-Kongresses, der zum Teil ebenfalls neu gewählt wurde. Im Repräsentantenhaus konnten sie ihre Mehrheit verteidigen, im Senat haben sie diese jetzt erringen können. Beim gegenwärtigen Stand der Auszählungen (8:15 Uhr (MEZ)) kommen die Republikaner im Repräsentantenhaus auf 233 von 435 Sitzen, die Demokraten auf lediglich 177. Im Senat liegen die Republikaner bei 51 von 100 Sitzen. Die Demokraten kommen auf 47. (2)
Damit stellt das Wahlergebnis die vorherigen Prognosen auf den Kopf. Hillary Clinton war in nahezu allen Umfragen monatelang eine Gewinnchance von 95 Prozent eingeräumt worden. Laut Umfragen hat sie auch alle drei TV-Duelle mit Donald Trump gewonnen. Zuletzt hatten ihre Umfragewerte wieder einen kleinen Schub bekommen, weil das FBI Clinton in der E-Mail-Affäre auch bezüglich neuer gefundener E-Mails auf einem Laptop ihrer engen Vertrauten Huma Abedin entlastete. (3)

Der Wahlausgang sagt wenig über Trump, aber viel über Obama

Das Wahlergebnis – das freilich noch nicht ganz feststeht – sagt letztlich weniger darüber aus, ob es in den USA nun mit Trump als Präsident tatsächlich zu dem von vielen an die Wand gemalten politischen Horrorszenario kommt. Das diente offenbar vor allem dazu, seine Wahlchancen zu reduzieren und die der Establishment-Kandidatin Clinton zu vergrößern.
Doch Trump wird als US-Präsident genauso wie seine Vorgänger gefangen sein in einem institutionellen Korsett, dass der Kongress und vor allem auch der gesamte Staatsapparat darstellen. Trumps Wahlkampfgetöse dürfte sich deswegen in vielerlei Hinsicht auch als solches entpuppen. Die US-Bürger haben Trump nicht mit autokratischer Macht ausgestattet. Also sollten wir nicht so tun, als wäre das geschehen.
Was das Wahlergebnis jedoch anzeigt, ist, in welchem Zustand der scheidende US-Präsident Barack Obama die USA am Ende von zwei Amtszeiten hinterlassen hat und dieser Zustand ist für die ganze Welt ein Schock. Angetreten war Obama mit dem Versprechen für Wandel zu sorgen. Doch das Land ist tiefer gespalten, zerrissener als je zuvor und offensichtlich mehrheitlich nicht gewillt, ein „Weiter so“ mit Hillary Clinton zu akzeptieren.

Die US-Wähler haben auch den US-Medien die rote Karte gezeigt

Die US-Wähler haben mit ihrer Wahl nicht nur dem politischen, dem wirtschaftlichen und dem finanzwirtschaftlichen Establishment bzw. der Wall Street die rote Karte gezeigt, sondern auch den US-Medien. Denn dass die Wahl so gänzlich anders ausgegangen ist, als die US-Medien seit Monaten übereinstimmend suggerierten – ganz abgesehen von den vielen Politikern und Prominenten, die sich von ihnen vor ihren Karren haben spannen lassen –, zeigt, dass offenbar auch das Umfragen- und Medienspektakel Teil einer Inszenierung der Wunschkandidatin des Establishments gewesen ist.
Unter dem Strich bleibt Donald Trump ein schwer einzuschätzender, mithin unberechenbarer und viel gehasster Mann. Doch nicht zuletzt seine eigene republikanische Partei, die nun bald beide Kammern des Kongresses beherrscht, wird alles tun, um ihn als Präsidenten fest an die Kandare nehmen. Trump wird ebenso wie Obama die Erfahrung machen, dass seine Macht als Präsident sehr begrenzt ist und er nicht viel alleine bestimmen und noch viel weniger verändern kann.
Die US-Politik wird konservativ werden. Das steht fest. Aber das wäre sie selbst mit einer Präsidentin Clinton gewesen – zumindest für demokratische Verhältnisse. Denn Clinton ist weit weniger liberal als Obama und hätte unter anderem eine viel aggressivere Außen- und Verteidigungspolitik betrieben. Trump hatte zumindest verteidigungspolitisch viel sanftere Töne angeschlagen.

Neuer Präsident, klare Mehrheiten, aber derselbe Sack voller großer Probleme

Es ist nicht zu erwarten, dass nun mit dem neuen Präsidenten und den neuen, klaren Mehrheitsverhältnissen im Kongress in den USA alles besser wird. Die Republikaner werden ihre neue Macht zunächst sicherlich dafür nutzen, Obamas Politik in einigen Bereichen zurückzudrehen, z.B. die Krankenversicherung Obamacare. Aber die finanziellen Restriktionen bleiben ebenso wie die tiefgreifenden wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Probleme dieselben.
Doch nun ist erst einmal das politische Lamento über Trumps Sieg im Rest der Welt dran. Ignorieren Sie es einfach, es ist sowieso nicht aufrichtig.
Die Börsen haben schon reagiert – erwartungsgemäß zunächst negativ. Aber wirklich stark eingebrochen sind die Aktienkurse weltweit nun auch wieder nicht. Am stärksten hat es die japanischen Aktien getroffen. Der Nikkei rutschte über fünf Prozent ins Minus. Die chinesischen Börsen drehten hingegen nur geringfügig ins Minus, von einem starken Einbruch kann bisher auch an den europäischen Börsen nicht gesprochen werden. Die Welt dreht sich also auch mit Donald Trump weiter.
So oder so, der Pulverdampf wird sich bald verziehen. Denn dass die Republikaner in den USA nun das Sagen haben, kann für die Wirtschaft und damit für die Börsen im Grunde nichts Schlechtes bedeuten – Trump hin, Trump her. Alles Weitere wird abzuwarten sein. Dramatisches ist aus Washington sicher nicht zu erwarten

1 Kommentar:

  1. Für mich wäre schon Clinton mit einem business as usual dramatisch, aber Trump wird die Situation noch mehr dramatisieren. Wenn ich recht habe dann wird Trump in die Geschichte eingehen als der Präsident mit dem der Kapitalismus unterging.

    AntwortenLöschen