Noch sind nicht alle Ergebnisse
ausgezählt. Aber Donald Trump ist der Sieg bei der US-Präsidentschaftswahl nicht
mehr zu nehmen. Einigen Zeitungen berichten, dass Trump inzwischen mehr als die
für einen Sieg notwendige Zahl von 270 Wahlmännern hat. Hillary Clinton liegt weit
abgeschlagen bei 218. (1)
Klare Mehrheitsverhältnisse im US-Kongress
Und nicht nur das. Die Republikaner haben auch
die Mehrheit in beiden Kammern des US-Kongresses, der zum Teil ebenfalls neu
gewählt wurde. Im Repräsentantenhaus konnten sie ihre Mehrheit verteidigen, im
Senat haben sie diese jetzt erringen können. Beim gegenwärtigen Stand der
Auszählungen (8:15 Uhr (MEZ)) kommen die Republikaner im Repräsentantenhaus auf
233 von 435 Sitzen, die Demokraten auf lediglich 177. Im Senat liegen die
Republikaner bei 51 von 100 Sitzen. Die Demokraten kommen auf 47. (2)
Der Wahlausgang sagt wenig über Trump, aber viel über Obama
Das Wahlergebnis – das freilich noch nicht
ganz feststeht – sagt letztlich weniger darüber aus, ob es in den USA nun mit
Trump als Präsident tatsächlich zu dem von vielen an die Wand gemalten politischen
Horrorszenario kommt. Das diente offenbar vor allem dazu, seine Wahlchancen zu
reduzieren und die der Establishment-Kandidatin Clinton zu vergrößern.
Doch Trump wird als US-Präsident genauso
wie seine Vorgänger gefangen sein in einem institutionellen Korsett, dass der
Kongress und vor allem auch der gesamte Staatsapparat darstellen. Trumps
Wahlkampfgetöse dürfte sich deswegen in vielerlei Hinsicht auch als solches entpuppen.
Die US-Bürger haben Trump nicht mit autokratischer Macht ausgestattet. Also
sollten wir nicht so tun, als wäre das geschehen.
Was das Wahlergebnis jedoch anzeigt, ist,
in welchem Zustand der scheidende US-Präsident Barack Obama die USA am Ende von
zwei Amtszeiten hinterlassen hat und dieser Zustand ist für die ganze Welt ein
Schock. Angetreten war Obama mit dem Versprechen für Wandel zu sorgen. Doch das
Land ist tiefer gespalten, zerrissener als je zuvor und offensichtlich mehrheitlich
nicht gewillt, ein „Weiter so“ mit Hillary Clinton zu akzeptieren.
Die US-Wähler haben auch den US-Medien die rote Karte gezeigt
Die US-Wähler haben mit ihrer Wahl nicht
nur dem politischen, dem wirtschaftlichen und dem finanzwirtschaftlichen Establishment
bzw. der Wall Street die rote Karte gezeigt, sondern auch den US-Medien. Denn
dass die Wahl so gänzlich anders ausgegangen ist, als die US-Medien seit
Monaten übereinstimmend suggerierten – ganz abgesehen von den vielen Politikern
und Prominenten, die sich von ihnen vor ihren Karren haben spannen lassen –,
zeigt, dass offenbar auch das Umfragen- und Medienspektakel Teil einer Inszenierung
der Wunschkandidatin des Establishments gewesen ist.
Unter dem Strich bleibt Donald Trump ein
schwer einzuschätzender, mithin unberechenbarer und viel gehasster Mann. Doch
nicht zuletzt seine eigene republikanische Partei, die nun bald beide Kammern
des Kongresses beherrscht, wird alles tun, um ihn als Präsidenten fest an die
Kandare nehmen. Trump wird ebenso wie Obama die Erfahrung machen, dass seine
Macht als Präsident sehr begrenzt ist und er nicht viel alleine bestimmen und
noch viel weniger verändern kann.
Die US-Politik wird konservativ werden. Das
steht fest. Aber das wäre sie selbst mit einer Präsidentin Clinton gewesen –
zumindest für demokratische Verhältnisse. Denn Clinton ist weit weniger liberal
als Obama und hätte unter anderem eine viel aggressivere Außen- und Verteidigungspolitik
betrieben. Trump hatte zumindest verteidigungspolitisch viel sanftere Töne
angeschlagen.
Neuer Präsident, klare Mehrheiten, aber derselbe Sack voller großer Probleme
Es ist nicht zu erwarten, dass nun mit dem
neuen Präsidenten und den neuen, klaren Mehrheitsverhältnissen im Kongress in
den USA alles besser wird. Die Republikaner werden ihre neue Macht zunächst
sicherlich dafür nutzen, Obamas Politik in einigen Bereichen zurückzudrehen,
z.B. die Krankenversicherung Obamacare. Aber die finanziellen Restriktionen
bleiben ebenso wie die tiefgreifenden wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Probleme
dieselben.
Doch nun ist erst einmal das politische
Lamento über Trumps Sieg im Rest der Welt dran. Ignorieren Sie es einfach, es
ist sowieso nicht aufrichtig.
Die Börsen haben schon reagiert –
erwartungsgemäß zunächst negativ. Aber wirklich stark eingebrochen sind die
Aktienkurse weltweit nun auch wieder nicht. Am stärksten hat es die japanischen
Aktien getroffen. Der Nikkei rutschte über fünf Prozent ins Minus. Die
chinesischen Börsen drehten hingegen nur geringfügig ins Minus, von einem
starken Einbruch kann bisher auch an den europäischen Börsen nicht gesprochen
werden. Die Welt dreht sich also auch mit Donald Trump weiter.
So oder so, der Pulverdampf wird sich bald
verziehen. Denn dass die Republikaner in den USA nun das Sagen haben, kann für
die Wirtschaft und damit für die Börsen im Grunde nichts Schlechtes bedeuten –
Trump hin, Trump her. Alles Weitere wird abzuwarten sein. Dramatisches ist aus Washington
sicher nicht zu erwarten
Für mich wäre schon Clinton mit einem business as usual dramatisch, aber Trump wird die Situation noch mehr dramatisieren. Wenn ich recht habe dann wird Trump in die Geschichte eingehen als der Präsident mit dem der Kapitalismus unterging.
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