Was haben Donald Trump, Xi Jinping, Shinzo
Abe und Theresa May gemeinsam?
Sie wollen alle ihr Land „wieder groß
machen“.
Trump ist dabei nicht einmal der erste,
der das angekündigt hat. Schon seit seinem Amtsantritt Anfang 2013 will
Präsident Xi Jinping China „wieder groß machen“, wobei es in diesem Fall
natürlich sehr lange her ist, dass dieses Reich einmal groß war. Und Japans
Regierungschef Abe zielt ebenfalls bereits seit seinem Wahlkampf 2012 darauf
ab.
Doch seit Trump mit seiner Ankündigung,
Amerika wieder groß machen zu wollen, die US-Präsidentschaftswahlen gewonnen
hat, ist dieser Spruch in der Politik offensichtlich höchst populär geworden.
Das mag natürlich an der Medienaufmerksamkeit liegen, die Trump – nicht gerade
zu seinem Vorteil – im Wahlkampf auf sich gezogen hat.
Auch Theresa May will Großbritannien nun „wieder groß machen“
Kein Wunder also, dass nun auch die heftig
mit der Brexit-Planlosigkeit und ihrer eigenen Partei ringende Premierministerin
Theresa May verkünden wird, sie wolle Großbritannien „wieder groß machen“.
Wörtlich heißt es in einem vorab veröffentlichten Teil ihrer für heute angekündigten
Rede:
“I want Britain to be what we have the potential and ambition to be: a great, global trading nation that is respected around the world and strong, confident and united at home.” (1)
Und genauso wie im Falle Trumps ist es bei
der britischen Regierungschefin zunächst einmal nichts anderes als eine
vollmundige Ankündigung, weil – wie im Falle Trumps – sowohl anhand der Fakten
als auch bezüglich der Frage, wie dies erreicht werden kann, schwer
nachzuvollziehen ist, wie das funktionieren soll.
Freilich, an den Finanzmärkten und
speziell an den Börsen werden diese Ankündigungen bejubelt. Angesichts der unvergleichlich
großen Abhängigkeit der britischen Wirtschaft vom Finanz- und Immobiliensektor
sowie auch – aufgrund der Notwendigkeit des Ausgleichs des chronischen
Leistungsbilanzdefizits der Briten – von Kapitalzuflüssen (2) macht es speziell
für Theresa May sehr viel Sinn, den Finanzmarktakteuren ein Szenario zu liefern,
das sie bejubeln können.
Donald Trump wiederum scheint sich
aufgrund der positiven Reaktionen der Märkte auf seine starken Worte und
Ankündigungen inzwischen geradezu in einen Erfolgsrausch hineingesteigert bzw.
getwittert zu haben.
„Wieder groß machen“ – wie soll das gehen?
Doch irgendwann müssen sowohl Trump als
auch May liefern. Es mag sein, dass die Vorstellung von konkreten,
durchkalkulierbaren Plänen ihnen mehr Zeit verschafft. Allerdings müssten sie
dafür überzeugen können, das heißt einer Prüfung seitens der Fachleute und
Analysten und natürlich der Wirtschaftsakteure standhalten. Ob sie diesen Test
bestehen, das ist alles andere als sicher. Doch bis jetzt wurden solche Pläne noch
nicht vorgestellt.
Außerdem: Amerika oder Großbritannien oder
das Land „XY“ „wieder groß zu machen“, das ist eigentlich lediglich eine neue
Bezeichnung für das, wonach die Industriestaaten seit der Finanzmarktkrise
streben: starkes Wirtschaftswachstum. Es ist ein rhetorischer Kniff, mehr nicht,
es sei denn, primär militärische Stärke ist damit gemeint. Aber für die
benötigt man Geld und das bringt primär eine prosperierende Wirtschaft in die
Staatskassen, die sich schon zu lange zu hoch verschuldet haben.
In diesem Zusammenhang muss auf die leider
ernüchternde Tatsache hingewiesen werden, dass seit 2009 wechselnde Regierungen
in nahezu allen Industrieländern versucht haben, ihre Wirtschaft auf den Pfad
soliden Wirtschaftswachstums zurückzuführen, es aber keiner gelungen ist.
Plötzlich, so scheint es, wenn man sich
die Reaktionen an den Finanzmärkten anschaut, sind all diese gescheiterten
Versuche aus dem kollektiven Gedächtnis gelöscht, weil es den einen oder
anderen Regierungschef gibt, der sich im Unterschied zu seinen Vorgängern
traut, endlich mal verbal auf den Putz zu hauen.
Zugegeben, dieses Gepoltere, das
Entschlossenheit und Tatkraft signalisiert, ist erfrischend. Alle wünschen sich
das, nicht zuletzt viele Wähler, wie der stetige Aufstieg von Protestparteien zeigt.
Aber ganz so einfach ist es wohl nicht, aus dem tiefen Tal der wirtschaftlichen
Schwäche und der Verschuldung herauszukommen.
Beispiel
China:
Staatspräsident Xi Jinping will Chinas
Wirtschaft sukzessive auf ein neues Wirtschafts- und Wachstumsmodell umstellen,
das nicht mehr auf Exporte und Billigprodukte, sondern auf den Binnenmarkt und
Innovation setzt. Dazu gehört es, die ausgeuferte Korruption in der
Kommunistischen Partei zu beseitigen. Auf diese Weise will er Chinas Wirtschaft
zukunftssicher machen und die Grundlage für neues, starkes Wachstum legen.
Bisher gibt es dabei jedoch mehr
hartnäckige Probleme (z.B. den überhitzten Immobilienmarkt, Überkapazitäten in
diversen Branchen und implementationsunwillige Parteikader) als substantielle
Erfolge und das Wirtschaftswachstum schwächt sich aufgrund dessen immer weiter
ab. Ob die Transformation tatsächlich ohne „harte wirtschaftliche Landung“,
ohne einen Crash gelingen kann, das ist deswegen eine von Fachleuten immer
wieder diskutierte Frage. Bis jetzt ist jedoch nicht absehbar, ob das neue
Wirtschaftsmodell des Regimes eines Tages funktionieren und China „wieder groß
machen“ wird.
Beispiel
Japan:
Man denke an die bei ihrer Ankündigung mit
riesigen Vorschusslorbeeren bedachten „Abenomics“ (3) des amtierenden
japanischen Premiers Shinzo Abe, an den gigantischen finanziellen Aufwand, den
er seit Dezember 2012 bereits betrieben hat, um die heimische Wirtschaft in
Schwung und das Land aus der Phase der Deflation zu bringen. Es ist bis heute nicht
gelungen. Stattdessen ist nur die ohnehin beispiellos hohe Staatsschuldenquote (also
die Staatsverschuldung im Verhältnis zur Wirtschaftsleistung (BIP)) weiter
gestiegen.
Beispiel
Europa:
Man denke auch an die Eurozone, die unter
dem Eindruck der Finanzmarkt- und der Staatsschuldenkrise seit 2010 einen ganz anderen
Weg als Japan eingeschlagen hat, nämlich den des Einsparens und Kürzens sowie
der Steuererhöhungen oder kurz der Austeritätspolitik. Einen Wachstumsschub
sollte dies – nach einer Durststrecke – auslösen. Gelungen ist es nicht.
Stattdessen ist die ganze EU in eine politische Krise gerutscht, die sich zur
Existenzkrise auszuwachsen droht.
Viele Konzepte, keins war bisher erfolgreich
China, Japan und Europa stehen für drei
unterschiedliche Konzepte. Andere gibt es bislang nicht. Fazit bis hierhin: Ein
Erfolgsrezept für Wachstum gibt es auch im Jahre Neun nach der Finanzmarktkrise
nicht.
Der unterschwellig über Jahre aufgebaute
globale Problemcocktail, der sich mit der Finanzmarkt- und Weltwirtschaftskrise
erst Bahn gebrochen hat, beschert den Regierungen und Notenbankern nach wie vor
Kopfzerbrechen. Die Kehrseite ihrer bisherigen Methode eine fragile Stabilität
zu bewahren, sind unter anderem sich weltweit ausbreitende nationalistische und
protektionistische Tendenzen. Donald Trump beispielsweise passt deswegen exakt
in dieses Bild und mehr noch, in diese Zeit.
Was dies bedeutet, ist letztlich, dass
sich die Politik inzwischen zunehmend Möglichkeiten verbaut, die erkleckliche
Zahl an auf globaler Ebene zu verortender signifikanter Probleme zu lösen, die
auf nationaler Ebene spürbar werden. Es mag deswegen zwar sein, dass Donald
Trump und etwa auch Theresa May die Finanzmärkte und Börsen mit ihrer Rhetorik
befeuern. Tatsächlich ist ihre Chance, erfolgreich die wirtschaftliche Substanz
ihrer Nation nicht nur zu erhalten, sondern zu vergrößern bzw. die Wirtschaft generell
erfolgreicher zu machen, kleiner geworden. Denn dieser Erfolg ist keine Frage
der effizienten politischen Steuerung. Es ist eine der Konzeption der globalen
Wirtschaft.
Dazu muss man sich den Zustand unserer
globalen Wirtschaft vergegenwärtigen. Es ist eine oligopolisierte, ausgereifte,
stotternde und von massiven Ungleichgewichten gekennzeichnete globale
Wirtschaft, in der unternehmerische Erfolge offensichtlich immer öfter nur noch
mithilfe von Übernahmen, wettbewerbsbeschränkendem Verhalten, Manipulation,
Betrug sowie durch „Industriepolitik“ und Protektion zu erzielen sind.
Der verstorbene Bankier Ludwig Poullain
hat bereits im Sommer 2004 in einer Rede vor solchen Verhältnissen warnen
wollen. Er adressierte dabei speziell den Bankensektor, wobei es wichtig ist
hervorzuheben, dass nicht wenige seit vielen Jahren konstatieren, der
Finanzsektor dominiere die Realwirtschaft und nicht mehr umgekehrt. Auch Ludwig
Poullain sah das im Übrigen so. (4) Weil man ihn das aber nicht sagen lassen
wollte, denn es war für manche Ohren schon damals sehr direkt und zu offen, lud
man ihn kurzfristig wieder aus, so dass er, der sich den Mund nicht verbieten
lassen wollte, sein Redemanuskript von der FAZ veröffentlichen ließ. (5) Zwei
Jahre später begann die US-Hypothekenkrise.
Hat das, was er mitteilte, überhaupt
irgendjemand ernst genommen? Offenbar jedenfalls keiner von denjenigen, für
deren Ohren es bestimmt war.
Wo hat es uns hingeführt? In einen
globalen Verteilungskrieg, in dem jedes Mittel recht ist und den niemand
gewinnen kann, weil das, was es zu verteilen gibt, immer weniger wird.
Nun mag sich jeder selbst vorstellen,
wohin das führen wird.
Das Konzept von Trump & Co.: Alle Kräfte für die letzte, merkantilistisch motivierte globale Verteilungsschlacht bündeln
Amerika wieder groß zu machen,
Großbritannien wieder groß zu machen oder auch China wieder groß zu machen, das
hört sich gut an. Bei einer nüchternen Bestandaufnahme wird man jedoch nicht
umhinkommen festzustellen, dass die Chancen dafür heute kleiner sind als je
zuvor. Alleine ist niemand stark und zusammen in der heutigen Lage auch nur
noch dann, wenn sich ein komplett neues, zukunftsträchtiges Konzept für eine
Neuaufstellung der globalen Wirtschaft finden lässt.
Doch das fehlt nach wie vor. Die Chancen,
dass überhaupt und zudem auch noch intensiv danach gesucht wird, sind gesunken.
Nur in China ist es (vielleicht noch) anders.
Stattdessen ist absehbar, dass der
Verteilungs- und Verdrängungskampf auf allen Ebenen, einschließlich jener der
Politik, an Schärfe und Heftigkeit zunehmen wird. Je mehr Zeit und Ressourcen genau
darauf verwendet werden, desto weniger stehen für die Lösung der weit
wichtigeren, weil fundamentalen Frage zur Verfügung, was gegen das Schrumpfen
des globalen Kuchens und gegen die explosive Kraft der großen und weiter
wachsenden Ungleichgewichte getan werden kann.
Hat Donald Trump die Antwort darauf? Oder Theresa May, Xi Jinping oder
Shinzo Abe?
Wer darauf baut, der hat keinen
unverstellten Blick mehr auf die Realität, in der wir alle leben und in die Regierungen/wir
uns manövriert haben. Die Finanzmärkte mögen eine ganze Zeitlang ohne auskommen
und erfolgreich sein können. Für alle anderen gilt das zunehmend nicht mehr
oder wie Ludwig Poullain es 2011 formulierte: „Das endet mit dem großen Knall.“ (6)
Die Nation X wieder groß machen, heisst übersetzt nichts anderes als den globalen Kampf um den "Wirtschaftsstandort" zu einer neuen Spitze zu treiben. "Making America great again" heisst, ihr "great Americans" dürft jetzt die Jobs und die Arbeitsbedingungen und die niedrigen Löhne aus China oder Mexiko haben.
AntwortenLöschenMan muss kein Wirtschaftsexperte sein um zu sehen, dass die Ursache der gegenwärtigen Krise des kapitalistischen Systems die fatale Entwicklung ist die in den 70er Jahren begonnen wurde die wir heute "Globalisierung" nennen.
Eben genau diese Globalisierung, die seit 40 Jahren die Stagnation der Löhne, die Demonatage der Mittelschicht, die Deindustrialisierung und die Finanzialisierung in den westlichen Wirtschaftsnationen vorantereibt in dem sie die Arbeiterschaft der Welt gegeneinander ausspielt um die Profite durch deren Ausbeutung in ungekannte Höhen zu treiben. Das Resultat ist, dass knapp 90 reiche alte Säcke das Vermögen der halben Welt besitzen während die meisten anderen nichts haben.
Die Ursache des Problems wird von Trump und Konsorten als Lösung dargeboten um die Politik der Ausbeutung weiterhin zu legitimieren. Das ist ein so aberwitziger Vorgang dass er einen kritischen Denker zum Wahnsinn treiben kann. Wie niedrig sollten die Löhne in USA oder Großbrittanien denn sein um mit den unsäglichen Arbeitsbedingungen in China oder Mexiko zu konkurrieren?
Wie hoch werden die Preise für die Güter denn sein, die statt in China oder Mexiko, in USA oder GB produziert werden, und wie soll eine Arbeitende Bevölkerung, die seit 40 Jahren keinen Lohnzuwachs erhalten hat, sich diese Güter leisten?
Wer kauft die Dinge die Amerika oder GB (oder wen auch immer) "wieder Groß machen" wenn das nötige Kapital sich allein in den händen weniger Supermilliardäre befindet die jetzt diese absurde Weltwirtschaftordnung direkt übernommen haben um ja nichts davon abgeben zu müssen?
Ehrlich gesagt frage ich mich wie völlig Bekloppt und von der Realität abgehängt diese reichen alten Säcke denn sind die sich sowas ausdenken. Man kann das nur wollen wenn einen die Phantasie fehlt sich auszumalen wie es ist von einem wütenden Mob am Laternenpfahl aufgehängt zu werden.
Bisher hat das System leidlich funktioniert, weil man vor allem die Arbeiterschaft anderer Länder ausgebeutet hat und die eigene Bevölkerung mit Krediten dazu befähigte weiterhin zu Konsumieren.
Aber die Grenzen der privaten und öffentlichen Verschuldung sind erreicht, die globalen Ressourcen sind weitgehend aufgebraucht und das Klima fliegt uns um die Ohren. Wahnsinnige steuern das sinkende Schiff durch den Sturm auf das nächste Riff und wir lassen sie gewähren.
Man kann eher in Wochen als Monaten oder Jahren mit dem Kollaps dieser Wirtschaftsordnung rechnen.
pedrobergerac:
LöschenSie haben das richtig erkannt. Der Teufel liegt im Detail. Und dieses Detail ist unser SchuldZinsGeldSystem. Wird das nicht geändert, ändert sich gar Nix. Es wiederholt sich nur Alles. Aktuell dürfte es allerdings ein Novum sein, dass Dank der Globalisierung, die ganze Welt davon betroffen sein wird.
Von dem großen Knall nämlich.
Ich denke das es so wie sie sagen ist, es ist ein Aufstellen zur letzten "Schlacht" Dass mit den "Groß machen ist moralisches Gerede" als wenn der Kapitalismus in seiner Systematik was anderes könnte. Da verblast auch das Gerede von Korruption und solch Peanuts.
LöschenBuchenberg hat es schön aufgezeigt "Showmaster Trump" http://marx-forum.de/Forum/index.php?thread/631-showmaster-trump/&postID=3888#post3888
Passender Titel, guter Beitrag.
AntwortenLöschen"Groß" ist ein Verhältniswort. Eine absolute Größe gibt es nicht. Groß steht immer im Verhältnis zu etwas. Es steht im Verhältnis zu etwas, was kleiner ist. Es gibt also zwei Möglichkeiten um etwas groß zu machen. Man kann selbst wachsen, oder man kann Anderes Verkleinern und sich um dessen Verkleinerung vergrößern.
Leider besteht heute das, was mit dem "Großmachen" gemeint ist, nur noch selten daraus, aus sich selbst zu wachsen, sondern darin, anderes zu verkleinern.
Deshalb ist das politische Hauptwerkzeug, daß die Politiker heute in die Hand nehmen, die Sanktionskeule. Sie ist das Werkzeug, mit dem man versucht Anderes zu verkleinern.
Dieser Größenwahn tritt wahrlich bei immer mehr Politikern auf, und er findet bei immer mehr Menschen Zuspruch.
Wir hatten einen Obama der gemeinsam mit Europa Rußland sanktionierte, und nun kommt ein Trump, lockert die Sanktionen zu Rußland und nimmt China aufs Korn.
Na wunderbar. So kommen wir sicherlich in ruhigere Fahrwasser. Man gwinnt den Eindruck, daß im Hintergund jemand steuert, der will, daß sich das aufschaukelt.