Montag, 18. April 2011

Warten auf Lehman 2.0


Im Sommer 2007 wuchsen sich die Probleme mit faulen Subprime-Krediten und darauf basierenden Finanzprodukten zur US-Hypothekenkrise aus. In Deutschland gerieten zunächst die IKB Mittelstandsbank und die Sachsen LB in Schieflage und mussten gerettet werden. Anfang 2008 folgte die US-Investmentbank Bear Stearns. Sie wurde unter der Regie der Fed von JP Morgan geschluckt und verschwand von der Landkarte der Investmentbanken. Im Frühjahr 2008 kamen Gerüchte über finanzielle Probleme der Investmentbank Lehman Brothers auf. Im September 2008 war die Bank am Ende und es kam zum Crash der Finanzmärkte. Danach begann die Weltwirtschaftskrise.

Billionen von Dollar wurden aufgewendet, um die Finanzmärkte zu stabilisieren. Die Notenbanken fluteten die Märkte mit billigem Geld. Großbanken wurden gerettet, verstaatlicht oder teilverstaatlicht. Der seinerzeit weltgrößte Versicherungskonzern AIG musste ebenso gerettet werden wie die Autobauer General Motors und Chrysler. Billionen von Dollar wurden für Konjunkturprogramme aufgewendet, um der Weltwirtschaft wieder auf die Beine zu helfen. Das alles hinterließ tiefe Spuren in den Staatsfinanzen.

Trotz feierlicher Ankündigungen haben die Politiker das Risiko einer erneuten Finanz-marktkrise nicht gebannt. Seit Monaten revanchieren sich die Finanzmarktakteure für ihre Rettung mit Wetten auf Staatspleiten und gegen Währungen., was die finanziellen Schwierigkeiten hoch verschuldeter Staaten sukzessive immer weiter verschärft. Und wieder fällt den Politikern für die Stabilisierung nicht mehr ein, als an der Geldschraube zu drehen: Jetzt werden Rettungspakete für Staaten und drastische Sparpakete geschnürt.

Geld ausgeben, Geld sparen - darin erschöpft sich das Instrumentarium, mit dem die größte Finanzmarkt- und Weltwirtschaftskrise seit den 30er Jahren des vergangenen Jahrhunderts bewältigt werden soll. Nur auf die Größe der Beträge scheint es anzukommen. Die Frage, wie mit finanziellen Mitteln eine nachhaltige Bewältigung der Krise erreicht werden kann, hat keine Rolle gespielt, weil sie offenbar sowieso niemand beantworten konnte. Dasselbe gilt, nachdem die Politik auf den Sparmodus umgeschaltet hat. Es geht nur darum, wie möglichst schnell große Sparschnitte realisiert werden können. Es geht nicht um intelligentes Sparen im Sinne einer nachhaltigen Bewältigung der Probleme - zumal offensichtlich auch niemand weiß, wie das gehen soll.

Viele Politiker und viele Ökonomen konstatieren, die Finanzmärkte und die Realwirtschaft hätten sich wieder erholt. Ein großer Erfolg!? Besser geworden ist nichts. Das Auge des Orkans wurde lediglich auf einen anderen Schauplatz verschoben, wo es seitdem im Verborgenen an Kraft gewinnen konnte, weil es von den Verantwortlichen mit allen erdenklichen Kniffen einmal mehr versteckt und verharmlost wird. Das beherrschen die Politiker jedenfalls mindestens genauso gut wie zuvor die Finanzmarktakteure. Und die Ökonomen? Nun ja, deren Rolle scheint darin zu bestehen, jeweils passgerechte Erklärungen und Beiträge zu liefern, damit jeder guten Gewissens glauben darf, dass alles bestens läuft - vor allem diejenigen, die erst am Ende feststellen werden, dass sie das ganze Risiko, von dessen Größenordnung sie zudem keine Vorstellung haben, getragen haben.

Es hat sich also nichts geändert!? Nicht ganz. Das Spiel ist dasselbe geblieben und wir haben quasi einen Zeitsprung zurück gemacht. Wir befinden uns jetzt wieder im letzten Quartal 2007 oder vielleicht auch schon im ersten Halbjahr 2008. Die Verantwortlichen haben die Situation wieder nicht unter Kontrolle. Die Ökonomen haben immer noch nicht den Durchblick und werden wieder ebenso überrascht, sprach- und ratlos sein, wenn sich der schöne Schein als das entpuppt, was er ist. So weit, so gut. Der Unterschied: Die Risiken auf den Finanzmärkten und in der Realwirtschaft sind sowohl größer als auch vielfältiger geworden, die Staaten sind jetzt selbst Teil des Spiels. Das heißt, es gibt mehr, das abstürzen kann und geringere Chancen, den Absturz zu stoppen.

Was bleibt unter dem Strich? Eine Umverteilung historischen Ausmaßes, getarnt als Ergebnis von nur den Gesetzmäßigkeiten gehorchenden Marktprozessen, will sagen: Das ist eben Marktwirtschaft!

Ist es nicht! Es ist nur scheinbar das, was jeder glauben soll und damit kein Zweifel aufkommt: Ich sage das als Marktbefürworter.

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