Dienstag, 19. Juli 2011

Der EU-Sondergipfel zur EU-Schuldenkrise: Quo vadis, Euro?


Wird es am kommenden Donnerstag, beim kurzfristig anberaumten Sondergipfel der Staats- und Regierungschefs der Europäischen Union zur Schuldenkrise, nun endlich den großen Wurf zur Beendigung der Abwärtsspirale in der europäischen Schuldenkrise geben?


Schaffen es die Staats- und Regierungschefs jetzt, angesichts der sich zuspitzenden Krise, von einer fast anderthalbjährigen und ebenso teuren wie unwirksamen Politik des Versuchs der Beschwichtigung der Finanzmärkte auf eine Politik umzuschalten, die das Finanzmarktcasino in Europa schließt UND Europa eine verheißungsvolle Zukunfts-perspektive gibt?

Man sollte seine Erwartungen wohl nicht zu hoch aufhängen!

Denn allzu gerne drücken sich die Verantwortlichen um weittragende Entscheidungen für Europa herum. Immer wieder reden sie sich mit nebulösen Sachzwängen oder schlicht damit heraus, dass niemand ein Patentrezept in der Schublade habe. Letzteres hängt allerdings möglicherweise auch damit zusammen, dass diese "Schublade" gar nicht geöffnet wird, um sie in einem offenen Prozess und nicht nur von den üblichen "Experten" mit Lösungsvorschlägen auffüllen zu lassen. Es gibt zahlreiche gute Vorschläge wie Europa der Schuldenkrise, der zunehmenden wirtschaftlichen Ungleichgewichte und der perfiden Zockerei gegen EU-Schuldenstaaten und den Euro Herr werden könnte. Wer zum Beispiel einmal in diversen Blogs, die sich fachlich kompetent mit diesen Problemen auseinandersetzen, nachliest, der wird dies ohne weiteres erkennen können. Und ich bin sicher: Auch an Universitäten und Instituten innerhalb der EU gibt es viele kluge Köpfe, die mehr zur Bewältigung der Krise der EU zu sagen wissen, als man von den Politikern und Experten über die Presse und die Medien zu hören bekommt.

Es bleibt deswegen zu fragen, warum dieser Fundus nicht genutzt wird?

Sind unsere Politiker so verblendet, dass sie nur Vorschläge von Personen und Institu-tionen anhören, aufnehmen und erörtern, die den hohen Segen des "Expertenstatus´" von der Presse und den Medien erhalten haben? Es scheint fast so und das zeigt den Mangel an Verantwortungsbereitschaft und an Kompetenz, die Politiker dazu befähigen würde, bei Lösungsvorschlägen selbst die Spreu vom Weizen zu trennen, anstatt sich die "richtigen" Antworten von Lobbyisten einflüstern zu lassen. Was soll beispielsweise dabei herauskommen, wenn Banken, deren Gewinn und Existenz mit dem Ausgang der EU-Schuldenkrise eng verbunden ist, als Berater und Ideenstifter der Politik in der Schuldenkrise agieren? Steht bei ihnen etwa das Gemeinwohl an erster Stelle?

Im Jahr 2000 gab sich die Europäischen Union mit großem Pathos die "Lissabon Strategie". Das Ziel dieser industriepolitischen Strategie für Europa: Innerhalb von zehn Jahren, also bis zum Jahr 2010, sollte Europa zum wettbewerbsfähigsten, dynamisch innovativsten und wissensgestützten Wirtschaftsraum der Welt gemacht werden.

Was ist aus diesen hehren Zielen geworden?

Europas Staaten liegen heute hinsichtlich der Wettbewerbsfähigkeit - wie immer man die nun auch am besten definieren und messen sollte - so weit auseinander wie noch nie!

Und wie sieht es in puncto "Innovation" und "Wissensstützung" aus?

Europa begreift die Zukunft heute scheinbar mehr denn je als Ergebnis eines Kosten-senkungswettlaufs nach unten denn als Herausforderung an seine Innovationskraft. Das zeigt nicht zuletzt der Umgang mit der Krise in den EU-Schuldenstaaten, die scheinbar kaputt gespart werden sollen.

Was schließlich die "Wissensstützung" anbelangt, so lässt sich mit Blick auf die eingangs getätigten Aussagen zur Lösung der EU-Krise nur feststellen, dass es diese nicht oder nur sehr eingeschränkt gibt. Mehr noch, "Europa" hat offensichtlich kein Interesse, seine Wissensressourcen zu nutzen. Sie werden nicht gefördert, sondern behindert und liegen brach.

Die Schublade, in der die Lösungen für die europäische Krise liegen könnten, bleibt bis auf weiteres geschlossen und deswegen leer.

Vor diesem Hintergrund muss es einem mit Blick auf die Beschlüsse des anstehenden Sondergipfels die Sorgenfalten ins Gesicht treiben. Ich hoffe, ich liege mit meiner Einschätzung falsch. Aber ich glaube es nicht.

Ergänzend empfohlene Artikel:

1 Kommentar:

  1. "Der Kurzsichtige ist selbstsüchtig, der Weitsichtige wird in der Regel bald einsehen, dass im Gedeihen des Ganzen der eigene Nutz am besten verankert ist."

    Silvio Gesell (Vorwort zur 3. Auflage der NWO, 1918)

    Aufgrund einer seit jeher fehlerhaften Geld- und Bodenordnung gibt es keine wie auch immer geartete Finanz- oder Wirtschaftspolitik, um die größte anzunehmende Katastrophe der Weltkulturgeschichte (globale Liquiditätsfalle nach J. M. Keynes, klassisch: Armageddon) abzuwenden. Heute, unmittelbar vor der Katastrophe, wird sie von den Kurzsichtigen noch immer nicht gesehen, weil sie – unabhängig vom so genannten Glauben – in einer kollektiven Wahnvorstellung existieren. Die Antwort auf die "Finanzkrise" erhielt ich im Dezember 2002:

    "God said 'Cancel Program GENESIS'. The universe ceased to exist."

    Diese "letzten 10 Worte" übergab mir Sir Arthur Charles Clarke (1917 – 2008) nach seinem 85. Geburtstag mit der beiläufigen Bemerkung: "First you must cancel this useless program, my son. I’m too old for that." Den Rest der Dreiviertelstunde amüsierten wir uns über die Dummheiten Politik und Religion, bis Arthur die Unterhaltung beenden musste, weil das Lachen ihm aufgrund seiner schweren Krankheit zu starke Schmerzen verursachte.

    Wer aus einem Irrenhaus, in dem naive Sparer "großer Investor" spielen, "Spitzenpolitiker" und "Wirtschaftsexperten" die "banalsten Selbstverständlichkeiten" nicht verstehen, und "Geistliche" glauben, der Prophet Jesus von Nazareth sei nichts weiter gewesen als ein moralisierender Wanderprediger, eine Zivilisation machen will, muss nicht nur die Makroökonomie erklären können, sondern zuerst die Religion wegerklären. Nur ein außergewöhnliches Genie wie Silvio Gesell konnte die einzige Möglichkeit des zivilisierten Zusammenlebens verstehen, ohne die Religion verstanden zu haben! Dabei handelt es sich um eine künstliche Programmierung des kollektiv Unbewussten, die es der halbwegs zivilisierten Menschheit seit jeher unmöglich macht, zwischen Marktwirtschaft und Kapitalismus zu unterscheiden – die Grundvoraussetzung des Denkens, sofern es das menschliche Zusammenleben im weitesten Sinne betrifft:

    http://opium-des-volkes.blogspot.com/2011/07/die-ruckkehr-ins-paradies.html

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