Nachdem der Nikkei am Donnerstag um 7,32
Prozent eingebrochen war, sich aber am Freitag nach starkem Auf und Ab mit
einem leichten Plus von 0,89 Prozent aus der Woche verabschiedet hatte, startete
er zum Wochen-auftakt erneut mit einem deutlichen Minus von 3,22 Prozent.
Das ist nicht das, was sich der konservative
japanische Premier Shinzo Abe und der neue Präsident der Bank of Japan von ihren
Maßnahmen zur Bekämpfung der Deflation und der Wirtschaftsflaute in Japan
erwartet haben.
Die milliardenschweren
Stimulierungsmaßnahmen für die Wirtschaft und die ultra-lockere Geldpolitik sollten
die Zuversicht in die Erholung der japanischen Wirtschaft stärken und die
Anleger in die Aktienmärkte treiben. In den vergangenen Wochen hatte das
geklappt. Jetzt sind erstmals die Zweifel an dieser „Abenomics“ genannten
Politik durchgeschlagen. Der Kurseinbruch in der vergangenen Woche ist kein
Ausrutscher gewesen. Das ist heute klar geworden.
Nun ja, …
Im Vergleich zum Schlussquartal 2012 ist Japans
Bruttoinlandsprodukt im ersten Quartal 2013 um 0,9 Prozent gewachsen. Das ist
ein gutes Zeichen. Andererseits gingen die Investitionen in Anlagen im fünften
Quartal in Folge zurück, nämlich um 0,7 Prozent. Das ist kein Zeichen dafür,
dass die Wirtschaft Fahrt aufnimmt. (3) Und während der deutlich gesunkene
Außenwert des Yen Japans Exporte stützt, was gewünscht ist, verteuert er
zugleich die Importe. Das wiederum kann sich negativ auf den im ersten Quartal 2013
um 0,9 Prozent gegenüber dem Vorquartal gestiegenen Konsum auswirken, der etwa
60 Prozent des Bruttoinlandsprodukts Japans ausmacht. (4)
Der Kursrutsch am vergangenen Donnerstag hing
wesentlich mit dem vorläufigen HSBC Einkaufsmanagerindex (Flash HSBC PMI) für
Chinas zusammen – diese Woche folgt die endgültige Fassung –, der erstmals seit
Oktober wieder unter die 50-Punkte-Grenze fiel (von 50,4 für April auf 49,6 Punkte)
und damit auf eine Kontraktion der Wirtschaft hindeutet. Der Sub-Index für die
Auftragseingänge fiel demnach sogar noch etwas tiefer, nämlich auf 49,5 Punkte.
(5)
Chinas bisheriger wirtschaftlicher Erfolg
basiert auf seinen Exporten. Zwar ist die neue chinesische Führung dabei, ein
neues Wachstumsmodell zu suchen, das sich auf eine starke Binnennachfrage sowie
zudem auf Innovation und nicht mehr auf niedrige Kosten stützen soll. Ob das
aber gelingt, ist jedoch noch unklar zumal das neue Konzept überhaupt erst im
Herbst vorgestellt werden soll. (6) Einstweilen verlangsamt sich aber das
exportgetriebene Wirtschaftswachstum in China.
In diesem Zusammenhang ist die starke
negative Reaktion der Börse in Tokio zu sehen. Im Übrigen ließ der Flash HSBC
PMI aber auch die Kurse der Aktien großer europäischer Autohersteller
einbrechen ließ, die bisher in China erhebliche Wachstumschancen realisieren
konnten und immer noch dort sehen. (7)
Chinas Wachstumsperspektiven können die
Exportnation Japan nicht kalt lassen – vor allem deswegen nicht, weil China neben
den USA Japans wichtigster Handelspartner ist. Im vergangenen Jahr hatte sich
das nur zu deutlich gezeigt, als in China japanische Unternehmen und Produkte
im Zuge des Streits um die Senkaku Inseln boykottiert worden waren. Im
September waren die Exporte Japans nach China um 14,1 Prozent eingebrochen
und insgesamt – auch wegen der Krise in Europa – um 10,3 Prozent. (8)
Die aktuellen Kurseinbrüche an der Börse
in Tokio zeigen, wie groß die Unsicherheit über den Erfolg der „Abenomics“ und
die wirtschaftlichen Perspektiven wirklich ist: Vielleicht ist es aber auch
eher der Schrecken über die möglichen negativen Folgen des Scheiterns dieser Politik
für Japan und die Finanzmärkte.
Doch selbst wenn nun die Euphorie über die
aggressive Geldpolitik der Bank of Japan, die die Aktienkurse an der Börse in
Tokio rasch klettern ließ, lediglich verflogen ist und die Kurse sukzessive wieder
auf ein vielleicht realistischeres Niveau eingedampft werden, wäre das vom Resultat
her bereits ein herber Rückschlag für die „Abenomics“. Denn die Zuversicht der
Märkte in Japans wirtschaftliche Erholung, die Abe mit seiner Politik schaffen
wollte, wäre damit schließlich wieder futsch.
Für Premier Shinzo Abe kommen der Kursrutsch
und die neuen Zweifel an seiner Krisenpolitik in jedem Fall höchst ungelegen. Denn
im Juli finden in Japan Oberhauswahlen statt, die er gerne gewinnen würde. Bisher
hat seine Partei dort keine Mehrheit. Schafft seine Partei es, dann hat sie die
Mehrheit in beiden Häusern und er damit politisch endgültig freie Bahn. Ob ein
derart starker Abe für Japan etwas Gutes bedeutet, das ist fraglich - und
keineswegs nur in wirtschaftlicher Hinsicht (siehe dazu (9)).
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