In der Politik stehen „Links“ und “Rechts“
traditionell für Gegensätzliches, Unvereinbares. Vereinfacht ausgedrückt steht „linke
Politik“ für die Aufhebung von wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Unterschieden,
„rechte Politik“ für die Bewahrung der Unterschiedlichkeit. „Linke Politik“
wird deswegen auch als progressiv, „rechte Politik“ als konservativ begriffen.
Und während in der Wirtschaftspolitik letztere von staatlicher Beeinflussung
freie Markt-wirtschaft will, betont ihr linkes Pendant die Rolle des starken Staates
in der Marktwirtschaft und befürwortet staatliches Eingreifen ebenso wie Umverteilungspolitik.
Links und Rechts verschwimmen in der Politik zusehends
Die Unterscheidung von „Links“ und „Rechts“
hat dadurch bedingt viel mit unterschiedlichen Interessen zu tun, wobei auch
hier wieder in Gegensätzen gedacht wird. Die Interessen von Arbeitnehmern und Arbeitgebern
sowie die von Arm und Reich sind die wahrscheinlich bekanntesten Beispiele
dafür und sie verdeutlichen zugleich, wer die jeweilige Kernwählerschaft linker
und rechter Parteien darstellt.
Wir wissen, dass dies für die politischen
Parteien in den marktwirtschaftlich geordneten Industriestaaten allerdings
schon seit vielen Jahren so genau nicht mehr stimmt und mehr noch auch praktisch
nicht mehr aufgeht.
Das hat einmal mit der in zurückliegenden
Dekaden stark angewachsenen gesellschaftlichen Mittelschicht zu tun – die allerdings
seit einiger Zeit wieder stark erodiert. Rechte Parteien können es sich aber
wegen dieser nach wie vor breiten Mittelschicht nicht mehr leisten, „linke“ Interessen
gänzlich unberücksichtigt zu lassen. Umgekehrt gilt dasselbe für linke Parteien.
Nur für linke Parteien problematisch: Der Spagat zwischen Links und Rechts
Während es für rechte Parteien jedoch
vergleichsweise leicht möglich ist, linke, soziale Bestandteile in ihre Politik
einzubauen und abzudecken, stehen linke Parteien, die rechte Interessen
adressieren wollen, vor einer immensen Herausforderung.
Damit verständlich wird, wieso das so ist,
möchte ich zunächst auf einen konkreten Fall zu sprechen kommen, der das sehr
gut verdeutlicht, nämlich die Wirtschafts- und Industriepolitik von Gerhard
Schröder (SPD).
Seine Agenda 2010 war klassische
Industriepolitik und der Versuch, diesen Spagat zu schaffen, nämlich die SPD als
linke Partei zu etablieren, die auch eine für rechte Interessen sprich für die
Wirtschaft hoch interessante, unverwechselbare Politik macht.
Das konnte nicht gelingen.
Wir wissen, dass dieser Versuch die SPD
nicht nur fast zerrissen hat. Die Gründung der „Wahlalternative für soziale Gerechtigkeit“
(WASG), die später mit der PDS zur Partei „Die Linke“ fusionierte, war die
Konsequenz und die SPD verlor an sie viele Mitglieder und Wähler.
Doch warum es nicht gelingen konnte, hat
einen anderen, tieferen Grund.
Das Dilemma der SPD
Die klassische Industriepolitik ist zwar
im Unterschied zur liberalen Wirtschaftspolitik rechter Parteien
inter-ventionistisch, das heißt sie greift in das Marktgeschehen ein und passt
somit in die oben skizzierte Logik linker Politik. Sie basiert jedoch auf
derselben liberal-neoklassischen Marktlogik, die, was entscheidend ist, die
gesamte Logik rechter Politik von je her und zudem auch in einer ganz
bestimmten Weise prägt. Denn es ist eine angebotstheoretische Logik. Das heißt,
das die Unternehmen in dieser Marktlogik der Dreh- und Angelpunkt der Märkte
und der Marktwirtschaft sind oder anders ausgedrückt die Arbeitgeber und nicht
die Arbeitnehmer oder (End)Nachfrager, die die linke Politik fokussiert. Die
Nachfrageseite spielt in der liberalen Marktlogik praktisch keine Rolle.
Das wäre nur halb so schlimm für linke Parteien wie die SPD, ginge die liberale
Marktlogik in der Realität jederzeit auf – so wie bei Ludwig Erhard in der
Nachkriegszeit. Denn dann gäbe es zugespitzt formuliert „Wohlstand für alle“
und damit genau das, was gerade linke Politik will. Diese Logik wäre dann tatsächlich
ein Garant für erfolgreiche Wirtschafts- und Industriepolitik im Sinne einer
prosperierenden Wirtschaft.
Allerdings gäbe es dann auch keinen klar
erkennbaren Unterschied mehr zwischen linker und rechter Wirtschafts-politik und
in der Tat wurde ja Gerhard Schröders Agenda- und Wirtschaftspolitik von vielen
als „neoliberal“ bezeichnet, obwohl sie das gar nicht war. Gerhard Schröder hat
eine interventionistische und keine liberale (auf Interventionen
verzichtende) Wirtschaftspolitik gemacht. Sie war lediglich in hohem Maße mit der
liberalen Wirtschaftspolitik kompatibel,
weil sie auf derselben Marktlogik aufbaute. Deswegen wird sie auch nach wie vor
von der Union gelobt, während sie in der SPD höchst umstritten geblieben ist.
Doch wie gesagt, das wäre alles nur halb
so schlimm.
Ein sehr
großes Problem ergibt sich de facto für linke Parteien indes daraus, dass
die liberale Marktlogik eben nicht
jederzeit aufgeht, weil sie bzw. die entsprechende Marktheorie gravierende Fehler
aufweist.
Für rechte Parteien ist das ein –
zumindest über eine längere Zeit hinweg – viel geringeres Problem als für linke
Parteien. Erstens werden rechten Parteien traditionell als „Anwalt“ der
Wirtschaft mit hoher Wirtschafts-kompetenz angesehen. Zweitens adressieren sie jene
Klientel, die wirtschaftlich schlechte Zeiten erst viel später zu spüren
bekommt als die Stammwählerschaft der linken Parteien.
Wir sehen aktuell ja auch in der Tat, dass
in vielen europäischen Krisenstaaten, aber z.B. ebenso im krisenge-schüttelten
Japan, liberal-konservative Parteien an die Macht gekommen sind und sich dort
trotz anhaltender Krise halten können. Die Erklärung dafür ist ebenso einfach
wie ernüchternd: Die linken Parteien gelten nicht als Wirtschaftsparteien und vor
allem haben sie kein alternatives und fundiertes wirtschaftspolitisches oder
krisen-politisches Konzept, um die Probleme zu beheben und die Wirtschaft aus
dem Tal zu führen.
Überwindung der Rechts-Links-Logik: Anforderungen an eine alternative Marktlogik
Eine für rechte Wählergruppen und speziell
für die Wirtschaft interessante, unverwechselbare Wirtschaftspolitik zu machen,
stellt für linke Parteien, zusammengefasst aus drei Gründen eine immense
Herausforderung dar: Sie müssen
- eine andere Marklogik finden, um sich deutlich von rechter Politik und rechten Parteien abgrenzen zu können;
- eine realitätstauglichere Marktlogik finden, um speziell gerade auch dann erfolgreiche Wirtschaftspolitik machen zu können, wenn die liberale Marktlogik versagt, so wie aktuell und
- sie muss zudem geeignet sein, die Wirtschaft und die eigene, linke Wählerschaft oder - pointiert ausgedrückt - Rechts und Links miteinander zu versöhnen.
Das hat bisher in Deutschland keine Partei
auf der linken Seite des Spektrums geschafft. Mehr noch haben diese es – mit Ausnahme
von Gerhard Schröder – scheinbar auch nie wirklich versucht. Es ist fraglich, ob
dieses Problem überhaupt in seiner ganzen Tragweite erkannt worden ist. In
jedem Fall aber steht es erkennbar nicht
bzw. mit Blick auf die SPD nicht mehr
im Fokus. Die linke Opposition im Bundestag tritt praktisch auf der Stelle. Eine
echte Herausforderung stellt sie für Angela Merkel und die Union nicht dar, das
hat die Wahl gezeigt und auch das Verhalten nach der Wahl. Es ist eine Papiertiger-Opposition.
Die Bundeskanzlerin kann deswegen ihre Politik hier und in ganz Europa weiter
als alternativlos verkaufen. Daran ändert sich nichts, egal, ob die SPD in eine
Große Koalition geht, in der Opposition bleibt oder das rot-rot-grüne Wagnis
eingeht. Das Dilemma bleibt bestehen.
Unterschiedliche Erklärungsansätze für prosperierende Märkte
Es ist mit Blick auf die oben genannten drei
Anforderungen wenig wahrscheinlich, dass ein rein angebotstheo-retischer
Erklärungsansatz für die Marktwirtschaft als Basis für die Wirtschafts- und
Industriepolitik von linken Parteien infrage kommen könnte. Dann können sie
auch gleich bei der liberalen Marktlogik bleiben.
Allerdings gibt es auch ein grundsätzliches
Problem. Es gibt gar keinen
vollkommenen Erklärungsansatz dafür, wie reale Märkte und Marktwirtschaften funktionieren.
Eine perfekte Orientierungsgrundlage für Wirtschaftspolitik gibt es folglich
nicht.
Tatsache ist andererseits aber auch, dass
es durchaus nicht nur einen, sondern verschiedene Erklärungsansätze dafür gibt,
wie Märkte funktionieren und unter welchen Bedingungen die Marktwirtschaft
prosperiert. Keiner ist perfekt. Die wenigsten kennen sie oder haben eine
Vorstellung davon, was sie wie erklären und inwieweit das letztlich für die
praktische Politik hilfreich sein kann.
Es macht deswegen Sinn, diese Erklärungsansätze
einmal etwas näher vergleichend zu betrachten und auf leicht verständliche,
anschauliche Weise die Unterschiede zu verdeutlichen. Dadurch werden Stärken
und Schwächen evident und ebenso, welche Orientierungen sich daraus jeweils für
die Wirtschafts- und Industriepolitik ergeben.
Darum wird es in Teil 2 des Aufsatzes
gehen.
""Wohlstand für alle" und "Wohlstand durch Wettbewerb" gehören untrennbar zusammen; das erste Postulat kennzeichnet das Ziel, das zweite den Weg, der zu diesem Ziel führt."
AntwortenLöschen"Der Markt ist besser als der Staat."
Ludwig Erhard
Auch wenn der angebliche "Vater der Sozialen Marktwirtschaft" (der echte war der Freiwirtschaftler Otto Lautenbach, der leider zu früh verstarb) nicht wusste, wie die echte Soziale Marktwirtschaft (nicht eine kapitalistische Marktwirtschaft mit angehängtem "Sozialstaat", sondern eine freie Marktwirtschaft ohne Kapitalismus, die den Sozialstaat zur Finanzierung kapitalismusbedingter Massenarbeitslosigkeit gar nicht nötig hat, weil sie prinzipbedingt und unabhängig vom jeweiligen Stand der Technologie für natürliche Vollbeschäftigung sorgt) zu verwirklichen ist, kannte er immerhin das Ziel und den Weg:
Persönliche Freiheit und Sozialordnung
Dass eine auf dem Holzweg wandelnde "Frau Bundeskanzlerin" das verlorene Ziel aus eigener Kraft findet, kann ausgeschlossen werden. Dennoch beweist die folgende Patientenakte, dass auch in schweren Fällen von religiöser Verblendung eine Heilung (Auferstehung) schon vor dem Jüngsten Tag (gesetzlich verbindliche Ankündigung der freiwirtschaftlichen Geld- und Bodenreform in der Bundesrepublik Deutschland) möglich ist. Wenn sich Frau Merkel rechtzeitig helfen lässt, besteht also noch Hoffnung:
Behandlung eines Privatpatienten