Dienstag, 13. Oktober 2009

Herbstgutachten & Co: Wirtschaftsprognosen - wenig zuverlässig, aber guter Spiegel des Selbstvertrauens der Ökonomen


Aktuell dürfen wir Zeugen eines amüsanten Schauspiels sein: Immer mehr internationale Organisationen, Wirtschaftsforschungsinstitute und Ökonomen wagen sich seit ein paar Wochen, zunächst zwar recht vorsichtig, nun jedoch langsam, aber sicher immer mutiger, mit neuen optimistischen Prognosen vor - mit Schritt für Schritt immer optimis-tischeren Prognosen, um genau zu sein.


Das ist amüsant, wenn man bedenkt, wie es letztes Jahr um diese Zeit herum um die Prognosezuverlässigkeit der Wirtschaftsexperten bestellt war. Offenbar ist nun genug Gras über jene, für sie überaus peinliche Phase gewachsen, in der sie im Wochentakt ihre Prognosen korrigieren mussten und zwar nach unten.

Vergessen scheint die Tatsache, dass sie, die Experten, scheinbar genau so von der Krise überrascht wurden wie der Rest der Welt.

Vergessen scheint ebenso, dass es eine Krise war oder, je nach Sicht-weise, immer noch ist, die sie bis heute nicht schlüssig zu erklären vermögen.

Vergessen ist die große Ratlosigkeit.

Vergessen auch, dass alle bisherigen Maßnahmen nichts weiter sind als ein Experiment mit ungewissem Ausgang.

Größer hätte das Desaster für die Zunft der Ökonomen eigentlich nicht ausfallen können. Umso erstaunlicher ist die Selbstsicherheit und Zuversicht, mit der sie die neuen Prognosen vortragen.

Den Bankern wird seit ein paar Wochen aus gutem Grund vorgeworfen, sie hätten aus der Krise nichts gelernt. Bei den Ökonomen sieht es nicht viel besser aus.

Der mit Staatseinsatz und für viel Steuergeld erkaufte "Aufschwung" verleitet sie jetzt ganz offensichtlich dazu, doch wieder an das Gute im Markt zu glauben, nämlich an seine Selbstheilungskräfte. Das baut auf und lässt sie wieder Vertrauen gewinnen in die eigene Fachkompetenz. Die Zeit heilt ja bekanntlich alle Wunden. Die alten Weisheiten und Politikempfehlungen, die beinahe das Schicksal vieler toxischer Wertpapiere ereilt hätte, werden wieder hervorgekramt.

Da hat also der Staat mit seinen Bankenrettungs- und Konjunktur-paketen ganz unerwartet auch den Ökonomen, die ja selbst unter der Krise zu leiden hatten, weil sie mit Kritik und Spott ("Ahnungslose Ökonomen") überhäuft wurden, etwas Gutes getan - der Staat als Seelenklempner. Wie schön!

Die Krise ist also, so darf man aus den jüngsten Wirtschaftsprognosen wohl schließen, endlich vorbei. Und weil sie vorbei ist, brauchen die Ökonomen sie auch nicht mehr bewältigen helfen.

Das hört sich fast wie ein Märchen an, das nach dem obligatorischen Schlusssatz "Und wenn sie nicht gestorben sind, ... " verlangt. Und gerade die Ökonomen haben wahrlich allen Grund zu wünschen, dass es wahr wird.

Allerdings ist diese kleine Geschichte von den Ökonomen noch nicht vorbei. Denn jetzt kommt erst der wirklich spannende Teil, nämlich inwieweit sie dieses Mal mit ihren Prognosen richtig liegen oder ob die Wirtschaft nicht erneut "völlig überraschend" zu einer Talfahrt ansetzt oder gar einbricht. Wer weiß das schon? Die Ökonomen!?

Und ebenso spannend ist, wenn es denn zu einer erneuten Vertiefung der Krise kommen sollte - wobei dann gewiss eher von einer "neuen" Krise die Rede sein wird, weil die Ökonomen ungern werden zugeben wollen, dass sie die Lösung bisher schuldig geblieben sind -, die Frage nach dem Auslöser: Wird es, damit es nicht langweilig wird, vielleicht das Platzen einer oder diverser Spekulationsblasen sein? Spekulations-blasen, die bis zu ihrem Platzen nach Auffassung vieler Experten wieder einmal gar nicht existierten? So wie die Ölpreisblase im letzten Jahr?

Das alles wird sich zeigen. Nur eine Frage wird, diese Prognose wage ich, dann wieder nicht beantwortet werden können, nämlich die nach den Ursachen der Wirtschaftskrise.

Bleibt zu hoffen, dass dann wenigstens die Politiker etwas aus der Krise gelernt haben werden.


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