Mittwoch, 28. April 2010

Die nächste Stufe: Die Finanzmarktkrise erreicht die Ebene der Staaten


Die Ratingagentur Standard & Poors hat gestern die Kreditwürdigkeit Griechenlands auf Ramschstatus (BB+/B) und gleichzeitig die Bonität Portugals um zwei Stufen (auf A- ) herabgestuft.


Damit hat die Finanzmarktkrise nun wohl endgültig die Ebene der Staaten erreicht. Von nun an wird sich der Druck der Finanzmärkte auf die hoch verschuldeten Staaten erhöhen - der Fall Griechenland zeigt, wie das vor sich und wohin die Reise geht.

Ich habe schon früh und wiederholt hier und an anderer Stelle darauf hingewiesen, dass meines Erachtens Niedrigzinspolitik und Geldschwemme der Notenbanken sowie die riesigen Bankenrettungs- und Konjunkturprogramme die der Finanzmarkt- und der Weltwirtschaftskrise zugrundeliegenden Probleme nicht adressieren und deswegen auch nicht lösen können.

Ich habe deswegen auch gewarnt, durch diese Maßnahmen würden nicht nur die Risiken der gestützten Banken und Unternehmen auf die Staaten verlagert. Vielmehr manöv-rierten sich die Staaten so in eine Lage, in der sie von den "Finanzmärkten" in Geiselhaft genommen werden könnten, sofern sich infolge der kostspieligen Maßnahmen die Wirt-schaftslage in den betreffenden Staaten nicht grundlegend und nachhaltig bessere.(Siehe dazu etwa meine Posts "Ökonomie-Blog: Antwort an veblen" vom 27.04.2009 und "Was geschieht, wenn die nächste große Blase platzt? Ein halbes Untergangsszenario" vom 28.10.2009.)

Ich habe von Beginn an ernste Zweifel am nachhaltigen Erfolg der ergriffenen Maßnahmen in Bezug auf die Wirtschaft und das Wirtschaftswachstum geäußert. Stattdessen betonte ich, die Hilfsmaßnahmen historisch beispiellosen finanziellen Umfangs würden nach meiner Einschätzung lediglich ein großes Strohfeuer entfachen können.

In den letzten Monaten ist es an den Finanzmärkten zwar steil nach oben gegangen und in den letzten Wochen gab es auch eine spürbare Erholung der Wirtschaft - vor allen Dingen betrifft dies die international operierenden Konzerne. An meiner Einschätzung hat sich indes nichts geändert. Es wird sich zeigen, wie nachhaltig und solide diese Entwicklung wirklich ist.

Ich möchte nicht wiederholen, was ich hier in einer Reihe von Aufsätzen bezüglich der Erklärung der Finanzmarkt- und der Weltwirtschaftskrise dargelegt habe. Wer wissen möchte, was ich wann und wie erklärt habe, ist herzlich eingeladen hier in meinen Posts zu stöbern und nachzulesen.

Die aktuelle Klage der SEC gegen Goldman Sachs wegen des Verdachts auf Betrug und der Fall des hoch verschuldeten Griechenlands sowie die lebhaften Debatten, die beiden Fälle ausgelöst haben, geben mir jedoch die Gelegenheit, auf einige Arbeiten hinzuw-eisen, die aus anderer Perspektive Ursachenforschung im Hinblick auf die Finanzmarkt- und Weltwirtschaftskrise betrieben haben.

Es handelt sich um Beiträge, die sich mit den Hintergründen der Finanzmarktkrise in den USA, aber auch in Deutschland befassen sowie mit den Geschäften von Goldman Sachs:

Zur Finanzmarktkrise:
  • Hauke Fürstenwerth, "Geld arbeitet nicht - wer bestimmt über Geld, Wirtschaft und Politik?", Shaker Media, Aachen 2007, ISBN 978-3-940459-22-0 (Siehe dazu auch die entsprechende Internet-Homepage)
Zu Goldman Sachs:
Für eine deutsche Übersetzung siehe:
Zwei weitere Publikationen befassen sich mit den Hintergründen der weltwirtschaftlichen Probleme und Verwerfungen sowie der Verschuldung von Staaten, insbesondere Entwicklungsländern. Sie stellen implizit einen Zusammenhang zwischen Finanz-marktkrise und Wirtschaftskrise her und werfen ein interessantes Licht auf den Fall Griechenland. Vor dem Hintergrund der Tatsache, dass auch andere europäische Staaten bereits große Schuldenprobleme haben, lenken sie den Blick auf die Frage nach der richtigen Strategie für die Überwindung der Schuldenprobleme.
  • John Perkins, "Bekenntnisse eines Economic Hit Man", Goldman Verlag, März 2007, erschienen als Taschenbuch, ISBN: 978-3442154241
  • John Perkins, "Weltmacht ohne Skrupel: Die dunkle Seite der Globalisierung - Wie die USA systematisch Entwicklungsländer ausbeuten", Redline Verlag, September 2007, ISBN: 978-3-636-01448-1
Wer mehr über John Perkins erfahren möchte, kann seine Homepage aufsuchen.

Einiges, was ich hier im Block aus meiner Sicht als Ökonom erklärt habe, lässt sich in Deckung bringen mit dem, was in den oben aufgeführten, aber eben aus anderer Perspektive geschriebenen Arbeiten dargelegt wird.

Es sind meines Erachtens Arbeiten, die ein seriöses Anliegen verfolgen: Aufklärung.

Selbstverständlich lassen sich auch ganz andere, weniger kritische und leichter verdauliche Erklärungen für die in diesen Arbeiten besprochenen Fragen und Zusam-menhänge finden. Aber diese gibt es zuhauf und teils tagtäglich in den Medien und in der Presse. Kritische Arbeiten sind dagegen generell eher schwer zu finden. Das liegt zum Teil auch daran, dass es für die Verfasser solcher Arbeiten sehr schwer ist jemanden zu finden, der bereit ist sie zu veröffentlichen. Werden sie veröffentlicht, kommt es nicht selten vor, dass versucht wird, sie zu diskreditieren oder sie in die Ecke "Verschwörungs-theorie" zu stellen und damit unglaub-würdig zu machen. Viele Arbeiten werden auch totgeschwiegen und verschwinden nahezu unbeachtet in der Versenkung. Nicht immer handelt es sich dabei um Arbeiten mangelnder Qualität.

Ich bin allerdings der Auffassung, dass man sich nur dann ein Urteil bezüglich der Erklärungen für die Finanzmarkt- und die Weltwirtschaftskrise sowie über Lösungs-vorschläge zu deren Überwindung bilden kann, wenn man unterschiedliche Auffassungen dazu kennt. Alle oben genannten Arbeiten sind gut verständlich verfasst und lesenswert.

Die Finanzmarktkrise hat nun, da sie die Ebene der Staaten erreicht hat, eine neue Qualität erlangt. Die Frage, wie es weiter geht, sollte niemandem mehr gleichgültig sein. Niemand sollte sich vorschnell ein Urteil bilden. Jeder sollte skeptisch sein und sich dafür interessieren, ob es nicht auch eine jeweils andere, wenn auch mitunter weniger populäre Sicht der Dinge gibt als die üblicherweise in den Medien und in der Presse verbreitete.

Seien Sie skeptisch. Nutzen Sie die heute vorhandenen Informationsmöglichkeiten. Es wird für Sie von Vorteil sein.

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