Donnerstag, 22. November 2012

Was die Griechenland-Rettung kostet: Ein paar neue Daten


Im zweiten Quartal 2012 lag das Einkommen der griechischen Haushalte laut der griechischen Statistikbehörde ELSTAT 15 Prozent und der Konsum 7,3 Prozent niedriger als ein Jahr zuvor. In der gleichen Zeit stieg für sie die steuerliche Belastung um 37 Prozent. Das verfügbare Einkommen der griechischen Haushalte sank gemäß Schätzung um insgesamt 5,4 Milliarden Euro. (1)
Nach Polizeiangaben stieg die Selbstmordrate in Griechenland zwischen 2009 und 2011 um 37 Prozent. Seit 2009 wurden 3.124 Selbstmorde und versuchte Selbstmorde gezählt. (2)
"Rettungs"-milliarden? .... Spar-"erfolge"? …..
Retter und Sanierer sehen das offensichtlich so.
Womit beschäftigen die sich?
In Brüssel wird über „technische Probleme“ der Realisierung neuer Griechenlandhilfen in Milliardenhöhe gestritten, die notwendig sind, damit sich die griechische Regierung zwei Jahre mehr Zeit für die Erfüllung der geforderten Sparvorgaben nehmen kann.
Die größte Sorge von Christine Lagarde, der Direktorin des Internationalen Währungsfonds (IWF), ist es dabei, dass es am Ende zu einer Vereinbarung der Euro-Retter kommen könnte, die den guten Ruf des IWF als Sanierer beschädigt, weil dadurch der „Erfolg des Rettungspaketes“ in Frage gestellt wird. Schließlich trägt das Sanierungskonzept für Griechenland dessen Handschrift. Die Europäer müssten selbst ein Interesse daran haben, dass sich der IWF nicht als Architekt von Luftschlössern einen Namen mache, sagte die IWF-Direktorin. Die „Integrität, die Vertrauenswürdigkeit und die Qualität der Empfehlungen des IWF“ müssten erhalten bleiben. (3)
In Berlin wiederum erklärte jetzt Bundeskanzlerin Angela Merkel in der Haushaltsdebatte im Bundestag die aktuelle schwarz-gelbe Bundesregierung zur erfolgreichsten Bundesregierung seit der Wiedervereinigung. (4)
Vor dem Hintergrund der Krisenentwicklung in den europäischen Schuldenstaaten und des Krisenmanagements der Euro-Retter wirft diese beherzte Aussage der Bundeskanzlerin schon die Frage auf, wie das Krisen-management der von ihr hoch gelobten Bundesregierung wohl aussehen wird, wenn die Rezession schließlich auch in Deutschland ankommt und vor allem, welche Folgen es zeitigt?
Das wirkt alles schon irgendwie surreal.
Es ist schwer zu sagen, woher Euro-Retter, Europäische Kommission, EZB, IWF und vor allem auch die griechische Regierung immer noch den Optimismus nehmen, dass der eingeschlagene Weg Griechenland aus der Krise führen wird.
Man fühlt sich an die Ärzte im alten Rom erinnert.

3 Kommentare:

  1. hallo stefan. ich verfolge die artikel hier schon lange.
    was ist eigentlich ihre meinung zu diesem gastbeitrag?

    http://www.handelsblatt.com/meinung/gastbeitraege/gastbeitrag-euro-rettung-bindet-deutschland-an-einen-leichnam/7431622.html

    mfg flo

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    1. Hallo Florian Baumann,

      Becks Gastbeitrag legt den Finger auf wichtige Punkte. Aber seine Folgerungen daraus sind nicht zwingend und verdeutlichen schlicht seine Interpretation.

      Die Target2-Salden sind ja zunächst einmal ein Indikator für ein gravierendes Problem, das immer noch einer Lösung harrt, nämlich das der wirtschaftlichen Ungleichgewichte im Euro-Raum. Beck bringt in seinem Beitrag zum Ausdruck, dass er dieses Problem für unlösbar hält und macht dies einseitig an der gemeinsamen Währung fest (Euro = Leichnam), was man seriös nicht machen kann.

      Es ist auch zu fragen, woher er die Gewissheit nimmt, dass es sich um ein - unter Beibehaltung der Währungsunion - unlösbares Problem handelt. Es gibt definitiv Vorschläge, die zumindest diskutabel, wengleich auch nicht ohne Weiteres umsetzbar sind, z.B. die Einführung von Schutzzöllen bei gleichzeitig verbesserter Regulierung der Finanzmärkte und einer veränderten Politik, die auf eine Auflösung hoch konzentrierter oligopolistischer Strukturen auf den globalen Märkten gerichtet ist.

      Ein Leser meines Blogs hat mich gerade auf einen schönen Artikel aufmerksam gemacht, der zeigt, dass Griechenland durchaus Entwicklungspotenzial hat, aber bisher völlig unzureichend nutzt. Hier der Link:

      http://www.wiwo.de/politik/europa/schuldenkrise-griechenlands-wirtschaft-nutzt-ihre-chancen-nicht/7418442.html

      Ich denke, es ist nicht hilfreich, wenn immer wieder unvollständige Analysen zur Grundlage harter Bewertungen und spezifischer Vorschläge gemacht werden.

      Viele Grüße
      SLE

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  2. danke für die ausführliche antwort!
    bleibt abzuwarten, was nun passieren wird.

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