Mittwoch, 13. Februar 2013

Barack Obamas´ Rede zur Lage für die Republikaner



Wenn die gestrige Rede des US-Präsidenten vor beiden Kammern des Kongresses etwas verdeutlicht hat, dann war das die Lage der Republikaner, die nicht nur die Präsidentschaftswahl verloren, sondern sich auch danach politisch weiter ins Abseits geschossen haben. Marco Rubio, ein Hoffnungsträger der Republikaner, der die traditionelle Erwiderungsrede hielt, hatte von vornherein einen schweren Stand. (1)
Neues im Kampf gegen die schwächelnde US-Wirtschaft und die hohe Arbeitslosigkeit hatte Barack Obama in seiner Rede zur Lage der Nation gestern indes kaum zu bieten. Förderung erneuerbarer Energien, Investitionen in Infrastrukturen und Bildung, Stärkung des Mittelstands der amerikanischen Gesellschaft und der US-Wirtschaft (2), all das hat er schon bei seinen früheren Reden immer wieder in den Mittelpunkt gestellt. Gleichwohl sind seine diesbezüglichen Pläne – soweit er dafür die Zustimmung des nach wie vor von den Republikanern dominierten Kongresses benötigt – kaum über das Stadium von Wunschlisten hinausgekommen. Denn am Zustand der politischen Lähmung, der sich aus den völlig konträren Auffassungen bezüglich der Krisenpolitik von Demokraten und Republikanern ableitet, hat sich nichts geändert – natürlich auch nach der gestrigen Rede nicht.
Dass der Präsident dieses Mal insbesondere auch die Stärkung der gewerblichen Wirtschaft als Aufgabe hervorhob, war jedoch schon irgendwie neu. Bei seiner Rede zur Lage der Nation Anfang 2012 hatte er nämlich noch den Eindruck erweckt, die US-Wirtschaft sei schon wieder auf dem Weg nach oben und die USA ebenso innovativ wie stark.

Damals, Anfang 2012, standen die USA noch ganz unter dem Eindruck der landesweiten Protestwelle von „Occupy Wall Street“ gegen Banken und die immer weiter auseinanderklaffende Schere zwischen Arm und Reich – von der heute niemand mehr redet und die völlig aus den Seiten der Zeitungen verschwunden ist. Barack Obama hatte dieses Thema letztes Jahr sehr geschickt zum emotional bewegenden Schwerpunkt seiner Rede gemacht gefordert, die Macht der Banken müsse begrenzt, ein Systemwandel vollzogen und der amerikanische Traum wiederbelebt werden. (3) Das war der Höhepunkt, der ihm viel Applaus einbrachte, das war es, was in den Köpfen hängenblieb.
Auch dieses Mal hat der US-Präsident ein Thema zum emotionalen Höhepunkt seiner Rede gemacht, das die USA gegenwärtig – endlich einmal, möchten man ergänzen - wie kaum ein anderes bewegt, nämlich die nach mehreren Amokläufen von ihm erhobene Forderung einer Verschärfung der Waffengesetzte. Die vielen neuen Bankenskandale – von den bei Derivategeschäften verzockten Milliarden bei der US-Bank JP Morgan über die Ungereimtheiten im Zusammenhang mit dem Börsengang von Facebook bis zur noch nicht geklärten Frage, inwieweit Wall-Street-Banken bei der Manipulation des Libor-Referenzzinssatzes bis in die jüngere Vergangenheit mitgemischt haben – sprach er nicht an. Auch die nach wie vor nicht weniger große Ungleichheit bei Einkommen und Vermögen in den USA, adressierte er gestern nur insofern, als er – im Zusammenhang mit dem Haushalts-streit um die Konsolidierung der Staatsfinanzen – eine gerechte Verteilung der Lasten forderte.
All das zeigt einmal mehr, wie wenig sich aus der Rede zur Lage der Nation auf die Lage der Nation schließen lässt und vor allem auf die angesichts der politischen Lähmung entscheidende Antwort auf die Frage, was die US-Regierung für die Krisenbewältigung tatsächlich zu tun vermag? Das hätte sicherlich auch Ben Bernanke interessiert, der seit Monaten den Lückenbüßer für die US-Regierung und entscheidungsunwillige Abgeordnete spielt.
Denkt man nicht nur an die traurige Rolle der Fed, sondern auch einmal daran, wie viele enge Vertraute und Berater Barack Obama in seiner ersten Amtszeit verloren hat – von Peter Orszag über Rahm Emanuel, Prof. Christina Romer, Prof. Lawrence Summers bis hin zu Paul Volcker – und wie viele Ministerposten er aufgrund von Abgängen in den ersten Wochen nach seiner Wiederwahl neu besetzen musste– inzwischen insgesamt sechs –, dann springt einem die Washingtoner Realität nach dieser selbstbewussten, hoffnungsfrohen und mit viel Beifall beweihräucherten Rede zur Lage der Nation wieder unmittelbar ins Auge. Diese Realität ist ebenso wie die Überwindung von Wirtschaftsschwäche, Arbeitslosigkeit und Staatsverschuldung in den USA alles andere als rosig. Die Rede zur Lage der Nation, das ist in erster Linie eine politisch notwendige Show.
Neu war freilich in der diesjährigen Version der Rede zur Lage der Nation auch, dass der US-Präsident sich explizit für Verhandlungen mit der Europäischen Union über ein Freihandelsabkommen aussprach, weil er sich davon – nicht zuletzt – auch neue Jobs in den USA verspricht. Das war schon eine kleine Überraschung. Denn in den beiden vergangenen Jahren hatte die US-Regierung deutlich gemacht, dass sie den neuen Schwerpunkt der wirtschaftlichen und außenpolitischen Interessen im asiatisch-pazifischen Raum sieht, insbesondere auch mit dem beschlossenen Ausbau des Freihandels im Rahmen der „Asia-Pacific Economic Cooperation“ (APEC) (4), an dem sich China aus naheliegenden Gründen freilich nicht beteiligt (5).
Die Europäer dürfen nun rätseln, ob dies eine verklausulierte Würdigung ihrer „Erfolge“ bei der Bekämpfung der Euro-Krise ist oder ein gut getarnter Hinweis auf den Ernst der wirtschaftlichen und finanziellen Lage der USA. 

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