Freitag, 19. April 2013

Italienisches Präsidentschaftskandidaten-Roulette



Am 15. Mai endet die Amtszeit des 87-jährigen Giorgio Napolitano als Italiens Staatspräsident. Die Regierungs-bildung steckt in der Sackgasse und auch hinsichtlich der Frage, wer neuer Staatspräsident werden soll, herrscht Uneinigkeit. Das Parlament auflösen und Neuwahlen ansetzen kann Napolitano nicht mehr. Dies kann nur der neue Staatspräsident tun. Doch der muss erst noch bestimmt werden und das scheint ein Problem zu sein.
Der 80-jährige frühere Senatspräsident und ehemalige Gewerkschafter Franco Marini, auf den sich angeblich zuvor die das Mitte-Links-Bündnis von Pier Luigi Bersani mit dem Mitte-Rechts-Bündnis von Silvio Berlusconi als Präsidentschaftskandidat geeinigt hatten, scheiterte in der Wahlversammlung, die sich aus 1.007 Mitgliedern aus Parlament, Senat und Vertretern der Regionen zusammensetzt. Viele Mitte-Links-Politiker waren mit dem Auswahlverfahren nicht einverstanden gewesen und versagten Marini die Zustimmung. Bersanis´ parteiinterner Rivale Matteo Renzi hatte ihn sogar öffentlich für ungeeignet für das Amt des Staatspräsidenten erklärt.
Heute läuft der dritte Wahlgang und nun schickt das Mitte-Links-Bündnis den 73-jährigen Romano Prodi ins Rennen – was das Mitte-Rechts-Bündnis sogleich heftig kritisierte. Insofern ist wohl nicht damit zu rechnen, dass Prodi im dritten Wahlgang die nötige Zweidrittelmehrheit schafft. Allerdings reicht ab dem vierten Wahlgang die absolute Mehrheit. Vorausgesetzt das Mitte-Links-Bündnis stimmt geschlossen für Romano Prodi, dann fehlen noch 30 Stimmen. Diese 30 Stimmen, so wird heute in der Presse spekuliert, könnten vielleicht von der „5-Sterne-Bewegung“ Beppe Grillos´ kommen.
Allerdings stellt sich schon die Frage, wieso Romano Prodi Zustimmung ausgerechnet von Beppe Grillos Bewegung bekommen sollte.
Romano Prodi war 1996-1998 und nochmals 2006-2008 ein eher blasser italienischer Regierungschef. Genau wie Mario Monti war er Wirtschaftsprofessor und bei der Europäischen Kommission – Monti als Wettbewerbskom-missar, Prodi als Kommissionspräsident. Beide sind liberale Mainstream-Ökonomen und insofern dürfte Prodi ebenso wie Monti ein Befürworter des bisherigen austeritätspolitischen Kurses Italiens sein, denn Austeritäts-politik ist liberale Wirtschaftspolitik.
Beppe Grillo hat sich allerdings immer offen und dezidiert gegen den von der Euro-Gruppe, der Europäischen Kommission und der EZB geforderten drastischen Sparkurs ausgesprochen. Berlusconi hat dies selbstredend ebenfalls getan. Warum sollten Beppe Grillo und seine Bewegung nun also ausgerechnet jemanden zum Staatspräsidenten von Italien machen wollen, der ein überzeugter liberaler Wirtschaftsprofessor ist und auch als Kommissionspräsident wirtschaftsliberalen Kurs verfolgte?
Es wäre insofern schon eine ziemlich große Überraschung, sollte Prodi im vierten Wahlgang die nötigen 30 Stimmen tatsächlich von der „5-Sterne-Bewegung“ bekommen. Wenn es so käme, dann wäre das jedoch auch ein Zeichen dafür, dass im politischen Italien leichter Hand schlicht alles zur Disposition gestellt bzw. zur Verhandlungsmasse erklärt wird und es gar keine unverrückbaren Positionen bezüglich dessen gibt, was bezüglich der Krisenbewältigung für Italien richtig und was falsch ist.
Man kann also aus gutem Grund fragen, wieso Romano Prodi überhaupt ins Rennen geschickt wird.
Wer Italiens nächster Staatspräsident wird, scheint zu einem Glücksspiel verkommen zu sein. Jeder darf seine Jetons auf den Roulettetisch werfen. Sollte das auch für die künftige Krisenpolitik der nächsten Regierung Italiens gelten, dann kann man nur noch sagen: Viel Glück, Italien!

1 Kommentar:

  1. Das aller Schärfste war ja wohl, als nach der erneuten Wahl des Greises Napolitano - dessen Worte 'Ich nehme die Verantwortung war und wünsche mir, dass alle anderen Politiker dieses auch tun' mit größter Selbstverständlichkeit überhört worden sind - Berlusconi & Co. aufstanden und die italienische Nationalhymne sangen. Absurder geht's nimmer!1!! *kotz*

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