USA und die Fed
Ben
Bernanke hat gestern Abend die im Juni erstmals in Aussicht gestellte Einleitung
der geldpolitischen Wende vertagt. Der Leitzins bleibt unverändert niedrig, die
Anleihenkäufe werden im bisherigen Umfang fortgesetzt. (1) Am meisten freuen
sich darüber die Anleger an den Börsen, was nicht verwundert, denn es sind
haupt-sächlich die Finanzmärkte, die die Federal Reserve damit letztlich stützt.
Die US-Wirtschaft, die damit vorgeblich in Schwung gebracht werden soll, dümpelt
vergleichsweise unbeeindruckt weiter vor sich hin. (2) Dass die Fed
Finanzmarktturbulenzen fürchtet, wenn sie die geldpolitische Wende verkündet
und beginnt, den Geldhahn zuzudrehen, dürfte der zentrale Grund dafür sein,
dass sie davor zurückschreckt.
So weiter zu machen, das hat seinen Preis
und birgt Risiken. Folge der lockeren Geldpolitik und des Quantitative Easing: Die
Bilanz der Fed wurde von 900 Milliarden Dollar 2007 auf 3.600 Milliarden Dollar
in der vorigen Woche aufgebläht. (3)
Seit einiger Zeit schon ist deswegen die
Fed der größte Gläubiger der USA, die im Laufe des Oktobers aber erneut die zuletzt
auf inzwischen 16.700 Milliarden Dollar erhöhte gesetzliche Schuldengrenze
erreichen werden. (4) Der Streit um die erforderliche Erhöhung der
Schuldengrenze ist seit Monaten in vollem Gange.
So viel zum Thema „Überwindung der
Finanzmarktkrise“, fünf Jahre nach der Lehman-Pleite, so viel zum Thema „Überwindung
der Schulden- und Wirtschaftskrise“.
Szenenwechsel: Auf der anderen Seite des
Atlantiks, in der Urzelle der europäischen Schuldenkrise:
Griechenland und Antonis Samaras
Der konservative griechische Premier Antonis Samaras (Nea Dimokratia) hat jetzt
die Prognose abgegeben, Griechenland werde sich in sechs Jahren gesund gespart
und die Wirtschaftskraft und den Lebensstandard von vor dem Beginn der Krise
wieder erreicht haben. (5)
Angesichts der tatsächlichen Entwicklung ist
das eine mehr als gewagte Prognose. Während er das sagt, läuft in Griechenland
eine neue Streikwelle, die sich gegen die Austeritätspolitik der Regierung richtet.
(6)
Zudem strafen auch die jüngsten Ereignisse
den Premier Lügen, was die Folgen des Sparkurses anbelangt: Fremdenfeindlichkeit
und Radikalisierung. Rechtsradikale und Anti-Faschisten waren aneinandergeraten,
ein linker Musiker wurde von einem Neonazi getötet. (7) Der Vorfall löste
Massenproteste und gewaltsame Ausschreitungen aus. (8)
Die rechtsradikale Partei „Goldene
Morgenröte“ kommt in Griechenland in Umfragen mittlerweile auf Zustim-mungswerte
von 13 Prozent. Bei der Wahl im vergangen Jahr hatte die mit 18
Abgeordneten im Parlament vertretene Partei 6,9 Prozent der Stimmen
erhalten. (9)
Die Ankündigung, jetzt nach Wegen zu
suchen, um die Partei „Goldene Morgenröte“ zu verbieten, zeigt die ganze Hilflosigkeit
der griechischen Regierungskoalition aus Nea Dimokratia und der in Umfragen
massiv abgestürzten, skandalgeschüttelten PASOK, die zudem auch deswegen geschwächt
ist, weil sie im Parlament mittlerweile nur noch über eine hauchdünne Mehrheit
verfügt. Parteiausschlüsse und der Austritt des dritten Koalitionspartners
(Demokratische Linke (Dimar) sind der Grund dafür und immer ging es dabei um
den höchst umstrittenen Sparkurs.
Europa und der IWF
Diese Entwicklung ist in Europa kein
Einzelfall. Nationalismus, Fremdenfeindlichkeit und Rechtspopulismus nehmen insgesamt
zu und bringen Parteien entsprechenden Zulauf, zum Beispiel auch in
Skandinavien (10). Es zudem bezeichnend für das Ausmaß des krisenpolitischen Orientierungsverlustes,
dass Portugal jetzt dem Internationalen Währungsfonds (IWF) berechtigter Weise Heuchelei
vorwerfen kann, weil der zuletzt immer wieder gerne lautstark vor den Folgen
übertriebenen Sparens warnte, aber zugleich als Mitglied der sogenannten Troika
am Verhandlungstisch weiter unnachgiebig immer neue Einschnitte und „strukturelle
Reformen“ (insb. a. Sozial-abbau) von den Regierungen in Krisenstaaten fordert. (11)
So viel zum Thema „Überwindung der
Schulden- und Wirtschaftskrise“.
Deutschland wählt, aber was eigentlich?
Am Sonntag wird nun also in Deutschland
ein neuer Bundestag gewählt und damit letztlich auch entschieden, ob diese von
der schwarz-gelben Bundesregierung forcierte Krisenpolitik in Europa fortgesetzt
wird.
Was soll man dazu sagen?
Auf der Suche nach einer geeigneten
Antwort habe ich festgestellt, dass ich diese bereits Anfang Februar 2012 unter
der Überschrift „Vergessene Lektion: Die Griechenlandkrise und Heinrich Brüning“ gegeben habe. Wenn man sie liest,
bekommt man unmittelbar ein Gefühl dafür, was in der Zwischenzeit erreicht wurde.
Die darin ausgesprochenen Warnungen sind heute aktueller denn je.
Meine auch heute passende Antwort vom 7. Februar 2012 (Auszug) lautet:
Die vergessene Lektion: Die Krise Europas und Heinrich Brüning
„Eine geldpolitische Erfolgsbilanz ist das
nicht.
Noch schlechter sieht die Bilanz für die
Krisenbewältigungsstrategie der Politik aus. In den USA ist die Politik nahezu
gelähmt und handlungsunfähig. Fast die gesamte Last der Krisenbekämpfung ruht
seit Monaten praktisch auf Ben Bernanke, der sich inzwischen der Grenzen der
Lösungsbeiträge der Fed bewusst geworden ist. (4)
Während in den USA nichts entschieden wird,
hat sich Großbritanniens Regierung für Austeritätspolitik entschieden, fürs
Gesundsparen also. Dasselbe gilt für die Europäische Union als Ganzes. Ob
Irland, Griechenland, Portugal, Spanien, Italien, Ungarn oder auch Rumänien –
überall dort, wo Regierungen auf finanzielle Unterstützung von außen angewiesen
sind, werden – ganz im Sinne des Washington Consensus (5) - als Gegenleistung
für Finanzhilfen drastische Sparmaßnahmen gefordert.
Das ist nicht ohne Konsequenzen geblieben,
allerdings sind es bisher nicht die gewünschten. Die Staatsein-nahmen brechen
weg, die Binnenwirtschaft ist auf Talfahrt und die Arbeitslosigkeit steigt
rasant. Gleichwohl werden immer neue Sparmaßnahmen und Einschnitte gefordert,
was die amtierenden Regierungen infolge von massiven Protesten aus der
Bevölkerung reihenweise hat scheitern lassen, so geschehen in Irland,
Griechenland, Ungarn, Portugal, Spanien, Italien und zuletzt auch in Rumänien
(6). Man braucht kein Hellseher zu sein, um vorhersehen zu können, dass auch die
aktuell amtierenden Regierungen in Frankreich, Großbritannien und zuletzt – da
bisher wirtschaftlich noch das stabilste Land in der EU – auch in Deutschland
dasselbe Schicksal ereilen wird – wenn sich nichts ändert.
Haben die Notenbanken wenigstens versucht,
die Fehler, die in den 30er Jahren geldpolitisch gemacht wurden, zu umgehen, so
trifft das in keiner Weise auf die Politik zu. Im Gegenteil werden die
entscheidenden Fehler wiederholt: Aufgrund der überzogenen
Reparationsforderungen der Siegermächte stand in den 30er Jahren das Deutsche
Reich ebenso wie heute viele europäische Krisenstaaten vor einem massiven
Schuldenproblem. Nach dem Börsencrash von 1929 brach die deutsche Wirtschaft
ein, die Arbeitslosigkeit explodierte und erreichte Anfang 1933 die
30-Prozent-Marke. Reichskanzler Heinrich Brüning bekämpfte die Krise mit
Austeritätspolitik, das heißt mit all den Maßnahmen, die jetzt auch in
Griechenland und in anderen Schuldenstaaten durchgesetzt werden. Die Folge
waren Proteste, Streiks, eine Verschärfung der Wirtschaftslage und der Arbeitslosigkeit,
eine politische Radikalisierung und letztlich das Scheitern von Brünings Regierung.
Heute geschieht exakt dasselbe – allerdings
nicht nur in einer Volkswirtschaft, sondern in einer ganzen Reihe von europäischen
Volkswirtschaften. Und anders als damals in der Weimarer Republik kommt der
Druck – Großbritannien ausgenommen -, die Krise, die vornehmlich als
Schuldenkrise wahrgenommen wird, mit drastischen Sparmaßnahmen, Lohnkürzungen,
Einschnitten in das soziale System, Privatisierungen usw. zu bekämpfen, aus dem
Ausland und von supranationalen und internationalen Institutionen (EZB und
IWF).
Das ist im Vergleich zur Weimarer Zeit eine
neue und brandgefährliche Variation in der bekannten Entscheidungs- und
Handlungskette. Brandgefährlich ist sie deswegen, weil die eigentlichen
Entscheider nicht mehr unmittelbar mit den Folgen ihrer Entscheidungen vor Ort
konfrontiert sind. Wann waren Nicolas Sarkozy und Angela Merkel, die den
Krisenkurs Europas ganz maßgeblich prägen und für richtig erachten, zum letzten
Mal auf Staatsbesuch in Griechenland? Und haben sie sich wohl Gedanken darüber
gemacht, wie die Geschichte für sie selbst, aber noch mehr für Europa ausgehen
wird, wenn der austeritätspolitische Kurs in seiner gegenwärtigen Form beibehalten
wird? Denn das Scheitern von Regierungen in Schuldenstaaten kann heute - anders
als in der Weimarer Republik - nicht der Endpunkt sein, an dem es dann zu einem
Politik- und damit verbunden zu einem krisenpolitischen Kurswechsel kommt.
Das Vermögen, die Wirtschaft wieder prosperieren
zu lassen und gleichzeitig Beschäftigung mit für den Lebensunterhalt hinreichendem
Einkommen auf- und auszubauen, wird ebenso wie in den 30er Jahren in der
Weimarer Republik und im Deutschland der Nachkriegszeit ausschlaggebend sein
für wirtschaftliche und politische Stabilität – diesmal für die von ganz Europa!
Wenn die Bürger in den gemäßigten Parteien jedoch niemanden finden können, dem
sie dies zutrauen, werden sie bei Wahlen zunehmend zu anderen, möglicherweise
auch neuen, aber vor allem am rechten und linken Rand des politischen Spektrums
liegenden Parteien abwandern (siehe auch Tabelle „Reichstagswahlergebnisse“).
Zum Vergrößern bitte Anklicken!
Die Parteienlandschaft wird zunächst „bunter“,
was man begrüßen kann. Aber in Krisenzeiten und bei mangelnder Orientierung
führt das zunehmend auch zur Lähmung der Entscheidungsfindung in den
Parlamenten, weil es schwierig wird, überhaupt noch Mehrheiten zu finden. In
diesem Klima gedeihen Populisten mit scheinbar einfachen, aber eben auch
radikalen Lösungsvorschlägen. So gesehen tragen die Regierungsparteien zur
politischen Radikalisierung - wenn auch ungewollt - maßgeblich bei, je länger sie
nicht in der Lage sind, die Krise mit dem oben genannten Resultat in den Griff zu
bekommen.
Es gibt für die europäischen Staats- und
Regierungschefs in Europa angesichts der bisherigen und mehr noch vor dem
Hintergrund des Ausblicks auf die weitere Entwicklung keinen Grund, auf den
Krisenkurs stolz zu sein. Das gilt aber ebenso für die USA und Großbritannien. Deutschlands
Wirtschaftsmodell ist derzeit aus deutscher Sicht zwar (noch) erfolgreich. Ein
Lösung für Europa ist es jedoch nicht, weil sein Erfolg ja gerade auf der
Schwäche der Wirtschaft anderer Staaten beruht.
Es unterscheidet sich im Grunde auch nicht so
sehr von dem anderer großer Industriestaaten. Sie alle unterstützen die
heimische Wirtschaft (und ihre Banken) dabei, Anteile im Welthandel bzw. auf
den Weltmärkten hinzuzugewinnen. Aber dieser Wettbewerb wird mittlerweile
hauptsächlich zwischen Konzernen entschieden, zwischen den sogenannten
„National Champions“, die die umsatz- und gewinnträchtigsten globalen Märkte abdecken.
Staaten, in deren Wirtschaft keine
„National Champions“ existieren, geraten jedoch unter diesen Bedingungen im
Welthandel ins Hintertreffen und tendenziell in wirtschaftliche Abhängigkeit.
Letzteres zeigt sich insbesondere in Krisenzeiten. Griechenland, Portugal und
andere können ein Lied davon singen. Wollte man sie mithilfe des deutschen Wirtschaftsmodells
wirtschaftlich wieder in die Spur bringen, müsste man ihren Volkswirtschaften
eine Handvoll „National Champions“ implantieren – was natürlich eine absurde,
aber dennoch vielleicht hilfreiche Vorstellung ist. Hilfreich insofern, weil
sie zumindest einmal den Blick auf die Frage richtet, inwieweit National
Champions nicht die Lösung, sondern vielleicht gerade ein Problem bei der
Krisenbewältigung (Stichwort: Abbau von Leistungsbilanzdefiziten) darstellen.
Wie auch immer, auf europäischer Ebene haben
sich die mit der Krisenbewältigung befassten Kreise noch nicht ernsthaft mit
dem Problem befasst, wie die Volkswirtschaften in Griechenland & Co. den
Turnaround schaffen können. Ein historischer Rückblick und die Realisierung der
empirischen Fakten zur aktuellen Entwicklung in den Krisenstaaten müssten dort längst
alle Alarmglocken schrillen lassen.
Gefangen in der Rechts-Links-Logik
Ich habe diese Passage auch aus einem
weiteren Grund in Erinnerung bringen wollen, nämlich weil sie auf einen ganz
wesentlichen Punkt hinweist:
Politische und gesellschaftliche
Stabilität hängen in marktwirtschaftlich geordneten Volkswirtschaften in hohem
Maße von wirtschaftlicher Stabilität und Prosperität ab!
Zwar wird die Krise in Europa primär als
Schulden- oder Euro-Krise wahrgenommen. Im Kern ist es jedoch eine Krise der Marktwirtschaft,
weil wir – wie sich jetzt immer deutlicher abzeichnet – offensichtlich nicht
mehr fähig sind, wirtschaftliche Stabilität zu sichern und wirtschaftliche Prosperität
zu erreichen.
Statt nach Lösungen zu suchen, sind jedoch
die politischen Parteien – das gilt für alle Industrieländer – in ihrer
althergebrachten, unhinterfragten Rechts-Links-Logik gefangen, mit der wir uns
krisenpolitisch immer nur im Kreis drehen, während sich aber als Folge davon Wirtschaft,
Gesellschaft und Politik in einer echten Abwärtsspirale befinden.
Von einer „vergessenen Lektion“ zu
sprechen, ist insofern höchst angebracht. Gleichwohl ergibt sich aus der
Erkenntnis des Problems noch kein Ausweg aus der Misere.
Ausblick: Wo, bitte, geht´s lang in Richtung Stabilität und Prosperität?
Im nächsten Aufsatz wird es um diesen
Zusammenhang gehen. Es wird darum gehen, die Rechts-Links-Logik zu hinterfragen
oder genauer gesagt warum es uns nicht mehr gelingt, auf der Grundlage dieser
Logik wirtschaftliche Stabilität zu sichern und wirtschaftliche Prosperität zu
erreichen. So betrachtet geht es auch um die Überwindung der althergebrachten Rechts-Links-Logik.
Wenn wir das nicht schaffen, dann müssen
wir darauf gefasst sein, dass sich in Europa in abgewandelter Form wiederholt,
was in der Weimarer Republik zu Heinrich Brünings Zeit geschah. Die
Verantwortung dafür tragen dann nicht allein die Politiker, sondern wir alle.
"Wenn wir das nicht schaffen, dann müssen wir darauf gefasst sein, dass sich in Europa in abgewandelter Form wiederholt, was in der Weimarer Republik zu Heinrich Brünings Zeit geschah. Die Verantwortung dafür tragen dann nicht allein die Politiker, sondern wir alle." Seh' ich auch so, aber ... wissen das auch die andern?
AntwortenLöschenHallo Vogel,
Löschengute (rhetorische) Frage. Gerade deswegen kann man nicht oft genug darauf hinweisen. Je öfter man auf etwas hinweist, desto eher besteht bekanntlich die Chance, dass es anderen bewusst wird und sich einprägt.
Grüße
SLE
Wir haben die Wahl fuer den Frieden
AntwortenLöschenDie Mehrheit der Deutschen Bevölkerung ist laut Umfragen für Frieden, gegen den Krieg, gegen Kriegseinsätze mit deutscher Beteiligung. Der Bundestag allerdings stimmt seit Jahren in der Mehrheit immer wieder dafür. So steigt die Beteiligung unseres Landes an Kriegseinsätzen in aller Welt
Eine Tatsache, die mich nicht ruhen liess.
So habe ich in den letzten Wochen ueber 2500 Emails an die aktuellen Bundestagsabgeordneten, alle Parteien die fuer die Bundestagswahl kandidieren und die Mehrzahl der antretenden Direktkandidaten geschrieben und sie anhand von 10 Thesen und Grundsaetzen zu Ihrer Friedensopolitik befragt.
371 Direktkandidaten (darunter 211 von den Linken, 81 von den Piraten, 33 von den Gruenen,13 Unabhaengige und 10 von der SPD) aus 260 (von 299) Wahlkreisen haben die Petition der Friedensstimme "Wir geben unsere Stimmen für den Frieden" unterschrieben.
Darunter befinden sich unter anderem auch 53 aktuelle Bundestagsabgeordnete.
Auf www.friedensstimme.wordpress.com werden die Kandidaten, sortiert nach Wahlkreisen gelistet, die sich positioniert und unterzeichnet haben.
Geben wir Ihnen unsere Stimmen und unterstuetzen wir Friedenspolitik...
In Hoffnung
Der Fehler liegt nicht in der "Geldpolitik", sondern im Geld selbst:
AntwortenLöschen"Der Sparer erzeugt mehr Ware, als er selbst kauft, und der Überschuß wird von den Unternehmern mit dem Geld der Sparkassen gekauft und zu neuen Realkapitalien verarbeitet. Aber die Sparer geben das Geld nicht her ohne Zins, und die Unternehmer können keinen Zins bezahlen, wenn das, was sie bauen, nicht wenigstens den gleichen Zins einbringt, den die Sparer fordern. Wird aber eine Zeitlang an der Vermehrung der Häuser, Werkstätten, Schiffe usw. gearbeitet, so fällt naturgemäß der Zins dieser Dinge. Dann können die Unternehmer den von den Sparern geforderten Zins nicht zahlen. Das Geld bleibt in den Sparkassen liegen, und da gerade mit diesem Geld die Warenüberschüsse der Sparer gekauft werden, so fehlt für diese jetzt der Absatz, und die Preise gehen zurück. Die Krise ist da."
Silvio Gesell, aus "Die Natürliche Wirtschaftsordnung durch Freiland und Freigeld", 1916
Was hier beschrieben wird, ist genau das, was 20 Jahre später der "Jahrhundertökonom" J. M. Keynes in seiner "Allgemeinen Theorie" als "Liquiditätsfalle" bezeichnete. Ein Phänomen, das sich zwangsläufig aus der Verwendung von hortbarem Geld mit Wertaufbewahrungs(un)funktion (Zinsgeld) ergibt, und das bisher alle Hochkulturen und Weltreiche in der Geschichte der halbwegs zivilisierten Menschheit zerstörte:
http://www.deweles.de/files/untergang.pdf
Um bei der weiteren Verwendung von Zinsgeld die Liquiditätsfalle hinauszuzögern, beschrieb Keynes zwei Mittel: Erhöhung der Staatsverschuldung mit Ausgabe des Geldes für Projekte, die den Zinsfuß nicht senken (Löcher graben und wieder zuschaufeln, Kriegsrüstung, etc.), und Geldmengenausweitung. Dabei vergaß er zu erwähnen, dass sein Buch eigentlich "Allgemeine Theorie der Beschäftigung der Politik" heißen sollte, aber dann wären vielleicht sogar die Dummköpfe der politischen Seifenoper misstrauisch geworden.
Um bei der weiteren Verwendung von Zinsgeld aus der Liquiditätsfalle herauszukommen, gibt es nur ein Mittel: Krieg - zur umfassenden Sachkapitalzerstörung, um den Zinsfuß anzuheben. Allerdings konnte diese früher sehr beliebte "Fortsetzung der Politik mit anderen Mitteln" nur solange der "Vater aller Dinge" sein, wie es noch keine Atomwaffen gab!
Was nun?
Möglicherweise hatte Silvio Gesell ja doch recht, als er sagte: "Wer es vorzieht, seinen eigenen Kopf etwas anzustrengen, statt fremde Köpfe einzuschlagen, der studiere das Geldwesen" - und eben nicht die ganz hohe Kunst, etwas im Grunde so Einfaches wie das Geld NICHT zu verstehen:
Geldtheorie