Von einer Krise zur nächsten
2007 war das Jahr der US-Hypothekenkrise.
2008 war das Jahr des Börsencrashs infolge der Lehman-Pleite und der
Finanzmarktkrise. 2009 war das Jahr der Weltwirtschaftskrise. 2010 das Jahr, in
dem mit der Finanznot Griechenlands die europäische Schuldenkrise begann, die später
oft auch als Euro-Krise bezeichnet wurde. Sie endete in der Rückschau im Juli
2012 mit der Ankündigung von EZB-Präsident Mario Draghi, alles zu tun, um den
Euro zu erhalten.
Genau genommen ist sie ganz sicher nicht
beendet und dasselbe gilt auch für die Finanzmarktkrise. Denn die ursächlichen
Probleme wurden nicht gelöst, sondern mit viel Geld lediglich einstweilen
entschärft. Die Sorge, sie könnten wieder virulent werden und uns zurück in den
akuten Krisenmodus werfen, hat zuletzt abgenommen. Grund zur Beunruhigung gibt
es allerdings mehr als genug, nicht zuletzt erneut wegen der Immobilienmärkte
(z.B. in China und Großbritannien), der Gefahr einer Kreditklemme auf Chinas
Finanzmarkt, der Schuldenkrise in Japan und den USA, der mit dem Zurückfahren
der Anleihenkäufe der US-Notenbank verbundenen Gefahren für die Schwellenländer
(Kapitalabfluss, unter Druck stehende Währungen) und der nach wie vor
bestehenden Finanz- und Wirtschaftsprobleme in den europäischen Krisenstaaten.
Außer Frage steht, so viel lässt sich
schon vorab sagen, dass all dies dem Wachstum des weltweiten Privat-vermögens – beim
gegenwärtigen Stand der Dinge – keinen Abbruch getan hat.
Vermögensentwicklung in der Krise: Fortsetzung einer früheren Aufsatzreihe
Zwar gibt es, was ein Manko ist, nach wie
vor keine verlässlichen Daten zum globalen Privatvermögen. Jedoch existieren
diverse mehr oder weniger zuverlässige Schätzungen desselben, so dass man
immerhin näherungsweise bestimmen kann, wie sich das globale Privatvermögen und
dessen Verteilung im Zuge der Krise verändert haben.
Seit 2010 gibt beispielsweise die Credit Suisse jedes Jahr ihr „Global Wealth Databook“ heraus, in dem
auf der Grundlage verschiedener Datenquellen und mithilfe
mathematisch-statistischer Methoden die Entwicklung und Verteilung des globalen
Privatvermögens berechnet wird. Dabei setzt sich das individuelle
Privatvermögen in diesen Analysen aus dem finanziellen Vermögen, dem nicht-finanziellen
Vermögen (insbesondere Immobilen und Land) zusammen und den privaten Schulden.
Schon einmal, nämlich im zweiten Halbjahr
2012, habe ich auf der Basis des Global Wealth Databook (von 2011) und anderen Quellen
das Thema Vermögenskonzentration in den Fokus einer sechsteiligen Aufsatzreihe unter
dem Titel „Einkommens- undVermögenskonzentration“ gestellt (siehe dazu: (1)). Die mit diesem Aufsatz
beginnende neue Aufsatzreihe knüpft daran an, setzt aber einen anderen
Schwerpunkt, nämlich wie sich das Privatvermögen und seine Verteilung im Zuge
der nacheinander aufkommenden Krisen entwickelt hat und zu welchen
Verschiebungen es infolgedessen zwischen und innerhalb von Ländern und Wirtschaftsregionen
gekommen ist. Die Einkommensentwicklung wird hingegen nicht betrachtet.
Vermögensanstieg trotz Krise
Die Dauerkrise ab 2007 oder genauer gesagt
die Abfolge von Krisen ist definitiv nicht spurlos an den Privat-vermögen
vorübergegangen und ganz gewiss nicht an der Vermögensverteilung. Auf aggregierter
Ebene betrachtet war sie jedoch aus heutiger Perspektive eher eine Art
Schluckauf, so zynisch dies angesichts der sich ausbreitenden Armut in Europa
und speziell in jenen Ländern, die eine strikte Austeritätspolitik verfolgen,
auch klingen mag.
Denn gemäß der neuesten Ausgabe des Credit
Suisse „Global Wealth Databook“ von
Oktober 2013 erreichte das globale Privatvermögen zur Mitte des abgelaufenen
Jahres einen neuen Allzeit-Rekordwert:
240.900 Milliarden Dollar. (2)
Das ist mehr als der Höchstwert von
214.500 Milliarden Dollar aus dem – gemessen an der Vermögensent-wicklung –
letzten Vorkrisenjahr 2007. Nach den neuesten, korrigierten Schätzungen der
Credit Suisse toppte das globale Privatvermögen diesen alten Vorkrisen-Höchstwert
allerdings bereits schon wieder im Jahr 2010, wie aus Abbildung 1 zu ersehen ist.
Seit 2000, dem Jahr, in dem die „New
Economy“-Blase an den Börsen platzte, hat sich das globale Privat-vermögen sogar
mehr als verdoppelt.
Von den Problemen, das globale Privatvermögen zu bestimmen
In der Abbildung 1 wurden die
Schätzungen und korrigierten Schätzungen des globalen Privatvermögens für die
Jahre 2000-2013 aus den bisher erstellten vier Jahresberichten (2010-2013) der
Forschungsgruppe der Credit Suisse nebeneinander gestellt.
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Es ist gut zu erkennen, wie stark die
Schätzungen in den Krisenjahren ab 2008 voneinander abweichen. So wurden der
Einbruch beim globalen Privatvermögen in 2008 und die anschließende Erholung
bis einschließlich 2010 im Global Wealth Databook von 2010 eindeutig überschätzt.
In den nachfolgenden Ausgaben wurden die Zahlen jedoch Jahr für Jahr nach oben
korrigiert, wobei die Korrekturen in den letzten beiden Berichten nur noch
relativ gering ausfielen.
Die Abweichungen in den Schätzungen für
2010 und 2013 sind auf dieser aggregierten Ebene betrachtet jedoch durchaus
keine Lappalie. Für die drei Krisenjahre ergeben sich zwischen den drei
Berichten Differenzen von 2.500 Milliarden Dollar (2008) bis 20.600 Milliarden
Dollar (2010) bzw. Abweichungen von 3 bis knapp 9,5 Prozent.
Umgekehrt ist der Vermögensanstieg im Jahr
2011 zunächst überschätzt worden. Der Wert wurde im aktuellen Global Wealth
Databook, wie aus den in der Abbildung über den Säulen angegebenen
Vermögensdaten zu ersehen ist, deutlich nach unten korrigiert.
Generell ist allerdings davon auszugehen,
dass die letzten Schätzungen auch die jeweils besten sind, weil die genutzten
Datenquellen immer wieder auf den neuesten Stand gebracht werden. Gleichwohl
erinnert die Abbildung 1 in jedem Fall daran, dass es sich bei all diesen
Daten und Berechnungen letztlich eben immer nur um Schätzungen handelt, die
mehr oder weniger ungenau sind. Umfassende und verlässliche Daten zum globalen
Privatvermögen gibt es wie gesagt leider nicht. Das hat beispielsweise mit
unterschiedlichen Definitionen und Erfassungsstandards zu tun, aber auch mit Erfassungslücken.
So fließt etwa das Vermögen von Superreichen schon aus Schutzgründen oft gar
nicht in behördliche Statistiken ein.
Darüber hinaus gibt es auch wieder lediglich
Schätzungen dazu, wie viel Privatvermögen weltweit überhaupt nicht erfasst
wird, weil es in „Steueroasen“ versteckt wird oder genauer gesagt in
exterritorialen Strukturen, sogenannten „tax havens“. Es wird in diesem
Zusammenhang vom „Offshore“-Vermögen gesprochen und es gibt eine regelrechte
„Offshore“-Industrie – zu der selbstverständlich auch Großbanken gehören –, die
dies möglich macht und daran verdient, auch wenn sich die Regierungen zunehmend
den Kampf gegen die Steuerflucht auf die Fahnen geschrieben haben.
Eine Studie für das Tax Justice Network vom Sommer 2012 schätzte beispielsweise das
nicht erfasste Privat-vermögen für eine näher untersuchte Gruppe von 139 Staaten
für das Jahr 2010 auf 7.300 bis 9.300 Milliarden Dollar und das weltweit
insgesamt versteckte Vermögen für dasselbe Jahr auf wenigstens 21.000 bis
32.000 Milliarden Dollar. (3) Die Studie wurde, wer sich dafür interessiert, in
Teil 2 meiner Aufsatzreihe zur Vermögens- und Einkommenskonzentration von
2012 („Der sichtbare und der unsichtbareTeil der Vermögensschere“ (4)) ausgewertet.
All dies sollte im Hinterkopf behalten,
wer den Ausführungen in den nachfolgenden Aufsätzen zu diesem Thema liest.
Vermögensentwicklung in der EU in der Euro-Krise
Die Euro-Krise hat seit Anfang 2010 bis
Ende 2012 die Schlagzeilen der europäischen Presse beherrscht. Angesichts der
ergriffenen Stützungsmaßnahmen für die finanziell angeschlagenen
Mitgliedstaaten und einer sich trotzdem immer weiter verschärfenden
Finanzierungssituation für diese Länder an den Kapitalmärkten, wurde immer
wieder unter anderem der Vorwurf erhoben, die großen Ratingagenturen forcierten
künstlich die Schuldenkrise und an den Finanzmärkten würde gegen den Euro
spekuliert.
Es ist nie zweifelsfrei geklärt worden, ob
es so war. Tatsache ist jedoch, dass nach der Ankündigung des EZB-Präsidenten
Mario Draghi im Sommer 2012, den Euro koste es was es wolle zu erhalten, eine
merkliche Entspannung der europäischen Schulden- bzw. der Euro-Krise gegeben
hat.
Rückgang des Privatvermögens in der Euro-Krise
Schaut man sich nun Abbildung 2 zur Entwicklung des Privatvermögens in der 28
Mitgliedstaaten der Europä-ischen Union (EU 28) zwischen 2009 – also dem
Jahr vor der Euro-Krise – und 2013 – dem Jahr „nach“ der akuten Euro-Krise –
an, so fällt auf, dass es insbesondere mit den Privatvermögen in den großen
Euro-Ländern Deutschland, Italien und Spanien, aber auch in Belgien von 2010
bis 2012 kontinuierlich bergab ging.
Das kommt auch in der Veränderung der
Gesamtsumme der Privatvermögen für die EU 28 zum Ausdruck. Sie lag 2009
bei 69.000 Milliarden Dollar, sank in 2010 auf 67.500, 2011 auf 66.000 und in
2012 schließlich auf 64.900 Milliarden Dollar. Das heißt, das gesamte
Privatvermögen in der EU reduzierte sich im Zuge der Euro-Krise um knapp
6 Prozent.
Frankreich ist eine interessante Ausnahme
unter den großen Euro-Ländern, weil das Privatvermögen dort in der Summe von
2009 bis 2011 kontinuierlich anstieg und es nur in 2012 schrumpfte. Für viele
Euro-Länder war das Jahr 2012 im Hinblick auf die Entwicklung der
Privatvermögen der absolute Tiefpunkt in der Euro-Krise.
Im Jahr 2013 haben sich dann die
Privatvermögen in den genannten Ländern sowie in Österreich wieder deutlich
erhöht. Das gilt, was bemerkenswert ist, auch für das Privatvermögen in den von
der Austeritätspolitik gebeutelten Krisenländer Spanien und Portugal, aber nicht
für das in Griechenland und Irland, das in der Summe zwischen 2010 und 2013
jeweils unverändert blieb. Signifikant aufwärts ging es mit dem Privatvermögen
in 2013 auch für Großbritannien, Schweden, Dänemark und Polen, die keine
Euro-Länder sind.
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Ergänzend ist in diesem Zusammenhang
anzumerken, dass die Werte im Global Wealth Databook der Credit Suisse für die
Jahre 2000-2011 jeweils den Stand zum Ende
des Jahres wiedergeben, während sie für die Jahre 2012 und 2013 jeweils den
Stand zur Mitte des Jahres repräsentieren.
Es gibt viele Faktoren, die die
Vermögensentwicklung beeinflussen. Insofern wäre es sicher falsch, den
Wendepunkt in der Entwicklung der Privatvermögen in der EU allein am
Versprechen des EZB-Präsidenten festzumachen zu wollen. Sollte seine
Ankündigung von Juli 2012 jedoch einen Einfluss gehabt haben, dann würde sich dies
nicht in den Vermögensdaten der Credit Suisse für das Jahr 2012 niederschlagen,
sondern nur in denen für das Jahr 2013. Man ist wegen der signifikanten
Veränderung von 2012 auf 2013 durchaus versucht, einen solchen Zusammenhang zu
sehen. Er lässt sich jedoch nicht ohne weiteres herstellen.
Ungleiche Vermögensverteilung in der Europäischen Union
Beim zweiten Blick auf die Abbildung 2
fällt noch etwas besonders auf, nämlich wie ungleich das Privatvermögen in der
Europäischen Union verteilt ist. Es konzentriert sich auf die vier
wirtschaftsstärksten Länder der Union, mit Frankreich – nicht Deutschland – an
der Spitze. Mit sehr großem Abstand folgt Spanien an fünfter Stelle und mit
wiederum großem Abstand folgen die Niederlande, die die Nummer 6 des
Länder-Rankings nach Privatvermögen sind.
Gemessen am gesamten Privatvermögen in der
EU in 2013 (69.800 Milliarden Dollar) vereinen die vier wirtschafts-stärksten
Länder 72,6 Prozent davon auf sich. Nimmt man Spanien hinzu, befinden sich
knapp 80 Prozent des Privatvermögens in der EU in nur fünf Ländern.
Es fällt ferner auf, dass die Länder mit
dem geringsten Privatvermögen auch wirtschaftlich schwach und/oder klein sind
und – mit Ausnahme von Luxemburg – in der Peripherie der Europäischen Union
liegen sowie im Osten und Südosten.
Deutlich negativere Entwicklung bei Anteilen am globalen Vermögen
Viel deutlicher als bei den absoluten Zahlen
stellen sich die Verluste der EU 28 bei den Anteilen am globalen
Privatvermögen während der Euro-Krise dar. Das verdeutlicht Abbildung 3.
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Zunächst fällt bei der Betrachtung dieser
Abbildung auf, dass im Zuge der Euro-Krise im Unterschied zu der Entwicklung
beim Privatvermögen in absoluten Zahlen (Abbildung 2) alle Mitgliedstaaten
auf der rechten Hälfte des Charts ab Luxemburg – mit Ausnahme von Tschechien – bei
den Anteilen am Weltvermögen deutlich und überwiegend auch kontinuierlich
verloren haben. Dies erklärt sich aus dem Umstand, dass das globale Vermögen von
2009 bis 2013 jedes Jahr weiter angestiegen ist (siehe Abbildung 1). Europäische
Staaten, die in diesem Zeitraum beim Vermögen lediglich das Niveau gehalten
haben, sind deswegen bei den Anteilen trotzdem zurück-gefallen.
Besonders auffällig sind die Unterschiede
bei der Entwicklung des Vermögens und bei den Anteilen am globalen Vermögen in
Frankreich und Großbritannien.
Frankreich hatte beim Vermögen (siehe
Abbildung 2) eine zwischen 2009 und 2013 eine kontinuierliche
Aufwärts-bewegung, die nur durch den ausgeprägten Rückgang in 2012 unterbrochen
wurde. Bei den Anteilen am globalen Privatvermögen hat Frankreich im gleichen
Zeitraum hingegen Jahr für Jahr deutlich eingebüßt.
In Großbritannien wiederum war das
Privatvermögen von 2009 auf 2010 leicht gestiegen und in 2011 einge-brochen,
stieg danach aber wieder. In 2012 hatte es dort also im Unterschied zu vielen
anderen EU-Staaten keinen starken Rücksetzer gegeben. Bei den Anteilen am globalen
Privatvermögen ging es für Großbritannien hingegen schon in 2010 nach unten klar
nach unten (von 5,74 auf 5,5 Prozent) und der Tiefpunkt wurde ein Jahr
später erreicht (4,84 Prozent). Seitdem hat sich der Anteil kaum mehr
erhöht.
Letzteres gilt im Übrigen auch für viele
andere Mitgliedstaaten. Die Verluste bei den Anteilen am globalen
Privat-vermögen, die im Zuge der Euro-Krise eingetreten sind, wurden nicht
wieder ausgeglichen, obwohl es teilweise gegenüber 2012 eine positive Veränderung
gegeben hat. In anderen Ländern scheinen die Anteile auf dem in der Euro-Krise
erreichten niedrigeren Niveau zu stagnieren (Ungarn, Rumänien, Österreich,
Belgien und Niederlande). Nur in einem einzigen der vermögensstärkeren Länder
hat sich nach der Euro-Krise eine Erhöhung des Anteils über den Wert von 2009
hinaus ergeben: Schweden (0,91 Prozent gegenüber 0,81 Prozent). Den
größten Rückgang verzeichnete hingegen Italien mit einem Minus von
1,19 Prozentpunkten.
Auch unter dem Strich hat die Europäische
Union als Ganzes in der Euro-Krise Anteile am globalen Privat-vermögen
eingebüßt. 33,7 Prozent betrug der Anteil in 2009 und er ist in jedem folgenden
Jahr gesunken, bis auf 28,3 Prozent in 2012. Erst in 2013 erhöhte er sich
wieder auf knapp 30 Prozent.
Ausblick auf Teil 2
Der nächste Teil der Aufsatzreihe beginnt
mit der Behandlung der Frage, wie sich das Vermögen in den 19 Ländern mit den
weltweit größten Privatvermögen seit 2000 über die verschiedenen Krisen hinweg entwickelt
und wie sich die Anteile am Weltvermögen verschoben haben.
Hallo Herr Eichner,
AntwortenLöschenes ist sehr Bewundernswert, dass Sie diese Themen immer wieder aufgreifen und ich beneide Sie um Ihre Ausdauer. Sehr viele Menschen spüren, das unser Wirtschaftssystem krank ist. Wenn Politik nach Gefühl der Masse entschieden ürde hätten wir keinen Kapitalismus mehr, bzw. noch nie gehabt. In Wirklichkeit bräuchten wir keine Argumente mehr um das zu verstehen.
Angeblich aber handeln wir rational, weshalb Sie und auch ich, immer wieder versuchen rational zu Argumentieren. Rationale Argumente werden aber nicht gehört weil der Mensch vor allem dann nicht rational agiert wenn er glaubt es zu tun.
In einer rationalen Welt wäre eine Entwicklung wie sie sie beschreiben gar nicht möglich. Jeder müsste rational erkennen, dass weder exponentielles Wachstum noch exponentielle Vermögensentwicklung möglich sind und ein solches System könnte gar nicht existieren.
Aber wir sind irrational. Wir tendieren stark dazu kurzfristig zu Denken, Argumente nur dann anzuerkennen wenn wir schon vorher mit den Schlußfolgerungen übereinstimmen, Gewinne überzubewerten, Verlusste unterzubewerten, die eigene Situation zu Positiv einzuschätzen, die Exponentialfunktion nicht zu verstehen etc. ...
Das ist (rein rational) die einfache Wahrheit. Für diese Erkenntnis, dass wir irrational sind, wurde an Daniel Kahnemann der Wirtschaftsnobelpreis verliehen.
Der Witz ist, dass damit die Grundlage der agentenorientierten Theorie des Homo Oeconomicus mit Daniel Kahnemanns Arbeit wiederlegt wurde, ohne die im Grunde das ganze Ideologiegebäude in sich zusammenbricht.
( siehe z.B. Nobelpreisrede von Kahnemann :http://www.nobelprize.org/mediaplayer/?id=531 )
Die Pointe ist also, dass die momentane neoliberale Ideologie nur durchsetzbar ist, weil wir in einer völlig irrationalen Welt leben, obwohl wir von ihrer rationalität überzeugt sind und das diese Theorie auf der Theorie der Rationalität der Menschen beruht die nachweislich kein Stück rational sind.
Die meisten Menschen werden meiner Pointe nicht zustimmen, genausowenig wie ihren Argumenten. Sie haben sich schon längst mit bestimmten Vorstellungen angefreundet, die Sie nur deshalb für überzeugend halten, weil Sie sie schon lange haben. Wir lernen also nichts dazu da neue Gedanken uns allein deshalb weniger Überzeugend erscheinen weil sie neu sind.
Wenn auch noch in ihrem Umfeld viele Menschen der Realität völlig ferne Vorstellungen haben, werden diese als Wahr akzeptiert. Dies ist die Erklärung für Vewrschwörungstheoretiker und Sekten, aber auch für Konservative Parteien und den Autismus der Volkswirtschaft, falls es da einen Unterschied gibt.
Sie mögen Fragen ob ich mit meinem Kommentar irgendetwas beitragen will, whrscheinlich halten Sie mich schon für etwas verrückt. Möglicherweise ist es aber normalste Reaktion in der Welt die Sie beschreiben, verrückt zu werden.
Wenn Sie ein paar Schritte zurücktreten und mal aus der Position eines völlig Unbefangenen auf ihre Artikel schauen, werden sie feststellen, dass das was Sie da schildern völlig verrückt ist, obwohl es der Realität entspricht.
Das Sie es doch tun, dafür meine Hochachtung.
Gruß
AlienObserver.
Hallo AlienObserver,
Löschenvielen Dank für Ihr Lob und Ihre Ermutigung. Hartnäckigkeit und vor allem Geduld sind notwendig. Wer sich nur vom Umfang der Zustimmung leiten lässt, ist bei solchen Angelegenheiten schlecht beraten. Man muss schon selbst von der Schlüssigkeit der eigenen Argumentation überzeugt sein und das kann man nur sein, wenn sie Gegenargumenten standhält. Erst dann hat man wenigstens die Chance, auch andere zu überzeugen. Ob man sie auch erreichen kann, ist die nächste Frage und eine weitere Hürde.
Viele Grüße
SLE
PS: Nein, ich halte Sie nicht für verrückt, aber wir leben in einer verrückten Zeit.
Hallo, diesen Artikel hätte ich bei Querschuesse.de erwartet. Gibt es Unstimmigkeiten mit dem Bloginhaber? Wäre doof, denn mein Abo dort verstand ich immer auch als Honorierung für Sie, SLE..
AntwortenLöschenGruß Frankenfurter
Der Artikel ist wie immer auch auf Querschuesse gepostet worden. Einfach noch einmal in der Rubrik "SLE-Artikel" nachschauen. Der nächste dieser Reihe kommt übrigens Anfang der neuen Woche.
LöschenViele Grüße
SLE