Mittwoch, 23. März 2011

Bob Doll von Blackrock Inc. hat (keine) Angst vor der Japan-Krise


Robert "Bob" C. Doll jr. ist laut Handelsblatt seit 2001 Chefanlagestratege von Blackrock Inc. und gilt in New York als der "Billionen-Dollar-Mann". Bob Doll ist für die Aktienmärkte optimistisch, denn er erwartet wegen der Japan-Krise keine nachhaltigen Auswirkungen auf die Weltwirtschaft. Wenn man die nukleare Katastrophe außen vor lasse, dann liege das von Japan auf die globale Wirtschaft ausgehende Risiko bei Null, zitiert ihn das Handelsblatt.
(1) Japan mache nur 9 Prozent der globalen Wirtschaftsleistung aus und die von der Katastrophe betroffene Region stehe für nur 9 Prozent des BIP Japans. Nach seiner Einschätzung legt der Aktienmarkt gegenwärtig nur eine Pause ein, bis die Un-sicherheit wegen der Japan- und der Libyen-Krise vorüber ist. Eine Gefahr sieht er für den Fall einer nuklearen Eskalation für das US-Wirtschaftswachstum, weil das die US-Verbraucher verunsichern und infolgedessen der Konsum zurückgehen könnte.

Das hört sich so an, als sei Japans Wirtschaft nur von untergeordneter Bedeutung für die Weltwirtschaft. Kein Wort über die starken Verflechtungen und Verknüpfungen über die Wertschöpfungsketten. Man erinnert sich spontan daran, was für ein Theater die Finanzmärkte im Mai 2010 um die möglichen weltwirtschaftlichen Konsequenzen der Krise des kleinen Griechenlands gemacht haben. Dass in Fukushima bereits erhebliche Mengen Radioaktivität ausgetreten sind, weiterhin austreten und sich immer weiter ausbreiten, scheint in seiner Rechnung keine Rolle zu spielen. Gerade so, als wäre die Strahlung beispielsweise von Cäsium-137 (Halbwertszeit 30 Jahre) in einer paar Monaten kein Thema mehr. Auch in Tokio werden rapide steigende Strahlenwerte gemessen - gestern um zehnmal höhere Werte als am Vortag (Cäsium-137: 5.300 Becquerel und Jod-131: 35.000 Becquerel).(2) Nur einer eventuellen Eskalation mag er eine gewisse wirtschaftliche Bedeutung (für die USA) beimessen, wobei er betont, dass es sich (nur) um eine Eventualität handelt. Dass Seismologen bis Montag (21.03.) 60 stärkere Nachbeben registriert haben (3) und jetzt vor weiteren Beben der Stärke 7.0 und mehr gewarnt wird (4), beunruhigt ihn nicht.

Für Bob Doll scheint auch keine Bedeutung zu haben, dass die USA selbst schwer angeschlagen sind und wie sehr sich vor allem auch die Staatsverschuldung - einschließlich der seiner Bundesstaaten - zuspitzt. Deswegen sieht er bei seiner Prognose offensichtlich auch darüber hinweg, dass der "Bondkönig" Bill Gross vom großen Rivalen Pimco es angesichts der daraus resultierenden Gefahren für besser gehalten hat, sowohl seine Bestände an US-Anleihen des Bundes als auch an Papieren anderer staatlicher Agenturen in seinem Total Return Fund - mit 237 Mrd. Dollar der weltgrößte Anleihefonds - auf Null zu reduzieren.(5) Nur der Vollständigkeit halber: Gross rechnet nach dem Auslaufen des Fed-Aufkaufprogramms für Anleihen mit einem Kursverfall und steigenden Renditen, was nach seiner Einschätzung  einerseits die Haushaltsprobleme verschärfen würde, andererseits zu Turbulenzen an den Anleihe- und Aktienmärkten führen könnte.

Trotzdem: Für Bob Doll kann die US-Wirtschaft und die Börsen nichts erschüttern.

Darum kann er ebenso darüber hinweg sehen, was der Internationale Währungsfonds in einem Diskussionspapier jüngst zur Stabilität der Finanzmärkte feststellte, nämlich dass die Gefahren nach der Lehman-Pleite nicht gesunken sind, sondern sich im Gegenteil noch vergrößert haben.(6)

Dass die US-Arbeitslosigkeit anhaltend hoch ist, die Einkommensschere in den USA immer weiter auseinanderklafft (7) und die Zahl der US-Amerikaner, die zum Überleben auf Essensmarken angewiesen sind, Monant für Monat immer weiter steigt - von 30,84 Millionen im Oktober 2008 auf zuletzt 44,08 Millionen im Dezember 2010 (8) -, kann den Konsum, von dem die US-Wirtschaft zu ca. 70 Prozent abhängt, in Bob Dolls heiler Welt offensichtlich auch nicht trüben und den Anstieg der Aktienkurse nicht stören.

Woher Doll seinen Optimismus nimmt, erschließt sich mir nicht wirklich, aber ich bin natürlich kein hoch angesehener Anlagestratege.

Vielleicht hat sein Optimismus etwas damit zu tun, dass er für Blackrock Inc. tätig ist, dem weltgrößten Vermögensverwalter, mit einem verwalteten Kundenvermögen von 3,56 Billionen Dollar. Es steht folglich einiges auf dem Spiel, wenn die Märkte einbrechen. Und wenn das kein reales Szenario wäre, sähe sich ein alter Hase wie er sicher nicht genötigt, angesichts der Japan-Krise in den Medien positive Stimmung zu verbreiten, ohne sie überzeugend begründen zu können.

1 Kommentar:

  1. die Erklärung für den Optimismus ist interessant. Sämtliche Aussagen von Protagonisten der Finanzssphäre über Entwicklungen des Marktes sind von Eigeninteressen durchzogen. Je größer der Protagonist, um so mehr müsste er verstehen. Gleichzeitig steigt aber auch sein Eigeninteresse. Das macht es schwer, auch nur irgendeine Aussagen adäquat zu bewerten.

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