… nie
waren sie stärker mit den Grenzen ihrer Möglichkeiten konfrontiert, die Krisendynamik
zu brechen, die längst nicht mehr nur auf den Finanzmärkten existiert, sondern
ebenso bei den Staatsfinanzen und erneut auch wieder verstärkt in der Wirtschaft.
Und
weil die Politik, die Märkte und die Medien den Notenbanken seit der
US-Hypothekenkrise sowie noch verstärkt nach der Lehman-Pleite im September
2008 die Hauptlast der Krisenbewältigung auf die Schultern geladen haben, war auch
noch nie der auf den führenden Notenbanken lastende Druck größer, sich von
dieser – zu Unrecht zugewiesenen, aber anfangs stillschweigend, weil
hoffnungsfroh, akzeptierten - Last zu befreien. Nie dürfte der Druck größer
gewesen sein, sich quasi freizuschwimmen und ans rettende Ufer des Manövrierens
innerhalb der altvertrauten Grenzen der Geldpolitik zu gelangen.
Auch
wenn es dieses rettende Ufer in diesem Sinne vielleicht gar nicht mehr gibt, weil
die zurückliegenden Jahre uns eine Geschichte davon erzählen, wie löcherig die
theoretische Basis und die von den Notenbanken angewandten Modelle tatsächlich sind,
so schwimmen die Notenbanker dennoch in diese Richtung. Was bleibt ihnen auch
anderes übrig, wenn sie sich nicht in der Situation wiederfinden wollen, in der
ihnen die Hauptverant-wortung für das zugewiesen wird, was viele erwarten und
worauf die enorme gestiegene Nervosität an den Märkten wie vor allem auch unter
den führenden Politikern in den USA und Europa hinweist: eine Eskalation des
Krisen-gebräus.
Mervyn
King, der Chef der Bank of England, die aktuell zusätzlich auch noch wegen des
Libor-Skandals unter Beschuss steht, ist dennoch in gewisser Weise der lachende
Dritte. Denn im Krisenfokus stehen wegen ihrer Größe und weltwirtschaftlichen
Bedeutung viel stärker die USA und vor allem die Euro-Zone. Mario Draghi und Ben
Bernanke sind folglich diejenigen, auf die sich alle Augen richten. In
Großbritannien ist zudem schon längst die Diskussion über Kings Nachfolger im
Gange, der ihn in weniger als einem Jahr ablösen wird.
Die
Fed hat gestern entschieden, nichts zu tun, das heißt, keine neuen Maßnahmen zu
ergreifen. Der Leitzins blieb unverändert, eine dritte Runde des „Quantitative
Easing“, also des Aufkaufs von US-Staatsanleihen, gibt es vorerst nicht. Ben Bernanke
wartet ab.
Heute
entscheidet die EZB, aber vorab wurde bereits berichtet, Mario Draghi wolle
eine neue Strategie vorstellen, Entscheidungen darüber würden aber voraussichtlich
erst im September fallen – nachdem das Bundesverfas-sungsgericht sein Urteil zum
Europäischen Stabilitätsmechanismus gefällt hat. Im September wird auch erst
der Griechenland-Bericht der Troika vorliegen, der darüber entscheidet, wie es
mit dem Land weitergeht.
Andererseits
wird die Euro-Zone seit Monaten als zentraler Krisenherd betrachtet – nicht die
USA. Der auf der EZB lastende Druck ist also heute besonders hoch.
Doch
selbst wenn die EZB heute den Ankauf von Staatsanleihen oder andere neue Schritte
beschließt, dürfte sie damit im günstigsten Fall kurzfristig für Entspannung
sorgen können. Das wissen die Ratsmitglieder. Die Halbwertszeit von
Notenbankaktionen ist in den zurückliegenden Monaten kontinuierlich gesunken.
Freilich
wäre das dann aber auch alles andere als ein Befreiungsschlag für die EZB und
für Mario Draghi schon gar nicht, weil er nun – seitens kritischer konservativer
Politiker und wegen der vom Europäischen Bürgerbe-auftragten eingeleiteten
Untersuchung seiner Unabhängigkeit – auch persönlich unter Beschuss steht.
Ben
Bernanke hat gegenüber Mario Draghi zudem einen wichtigen Trumpf in der Hand,
den er behutsam, aber konsequent ausspielen kann: In den USA wird gewählt. Dort
sind es jetzt die Politiker, die für das was sie tun oder nicht tun beurteilt
werden und die Anfang November bei den Präsidentschaftswahlen um ihren Job bangen
müssen. Eine bessere Chance, zumindest einen Teil der Verantwortungslast an die
Politik zurückzuspielen, wird Bernanke wohl nicht mehr bekommen
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