EU-Sondergipfel
Entschieden ist nichts. Niemand hat seine
Karten auf den Tisch gelegt. Mehr gibt es zum EU-Sonder- oder auch Wachstumsgipfel
nicht zu sagen.
Die Karten wird François Hollande, dessen
Gipfel der gestern in Brüssel abgehaltene ja eigentlich war, auch vorerst nicht
auf den Tisch legen. Nichts wird sich bewegen, nichts wird entschieden – jedenfalls
nicht vor dem 17. Juni.
Am 17. Juni entscheiden nicht nur die
Griechen – zum zweiten Mal in diesem Jahr – über die Zusammensetzung des Parlaments
und wer künftig von Athen aus das Land regieren soll. Auch in Frankreich wird an
diesem Tag über die künftige Zusammensetzung der Nationalversammlung
entschieden und der neue sozialistische Präsident wird gewiss nichts sagen oder
tun, was die Chancen auf eine Mehrheit seiner sozialistischen Partei im
Parlament schmälern könnte.
Neuwahl in Griechenland
Bei der Wahl in Griechenland gibt es nur
eine wichtige Frage: Wie viele Wählerstimmen bekommt die links-radikale Syriza
von Alexis Tsipras?
Das griechische Wahlrecht, das es den bisher
führenden Parteien Nea Dimokratia und PASOK immer erleich-terte, jeweils alleine
zu regieren, macht unter den gegenwärtigen Bedingungen eine Regierungsbildung
zu einer schwierigen Angelegenheit. Die Nea Dimokratia hat – im Gegensatz zur
PASOK – nach den Umfragen Chancen, doch wieder stärkste Partei zu werden und damit
den Bonus von 50 Parlamentssitzen erhalten, der die Regie-rungsbildung
erleichtert. Auch schmiedet sie mit kleineren Parteien, die es am 6. Mai nicht
ins Parlament schafften, ein Bündnis - offenbar erfolgreich. (1) Auch andere
Parteien sind bestrebt, Bündnisse zu formen, um so den Einzug ins Parlament zu
schaffen respektive möglichst viele Sitze zu erlangen. (2)
Dennoch ist völlig offen, wie sich die
Griechen, denen die Tücken des griechischen Wahlsystems ja bekannt sind, am 17.
Juni tatsächlich verhalten werden.
Von außen betrachtet mag der Eindruck
entstehen, als stünde die Entscheidung für oder gegen das europäische Spardiktat
im Vordergrund. In der Presse der Euro-Partnerländer Griechenlands wird zudem
der Eindruck erweckt, als würde von den Griechen eine Entscheidung für oder
gegen den Verbleib im Euro erwartet. Doch das dürfte nichts daran ändern, dass
es sehr vielen Griechen durchaus insbesondere darum gehen könnte, das
bisherige, auf die Nea Dimokratia und die PASOK zugeschnittene politische
System zu verändern. Wenn das so ist, werden viele ihre Stimme jener Partei
geben, die am wahrscheinlichsten in der Lage ist, stärkste Partei und zudem
stark genug zu werden, um solche Veränderungen in die Wege leiten zu können.
Facebook-Börsendebakel
Gepokert wird nach dem Spekulationsdebakel
bei JP Morgan und dem immer weitere Kreise ziehenden Facebook-Börsendebakel
aber auch an der Wall Street.
JP Morgan hatte mit dem milliardenschweren
und rasch weiter angeschwollenem Spekulationsverlust mit Deriva-ten die
Aufmerksamkeit von Aufsichtsbehörden, der Justiz und des FBI Presse auf sich
gezogen und stand damit im Fokus von Presse und Medien. (3) (4) Das hat sich
durch den katastrophal verlaufenen Facebook-Börsenstart und die nun in rascher
Folge auftauchenden Details über die Hintergründe und Zusammenhänge des Aktien-Debakels
geändert. Jetzt blickt alles auf Facebook und die für den Börsengang
hauptverantwortliche Bank, Morgan Stanley.
Nach dem verpatzten Börsenstart und angesichts
in rascher Folge eingereichter Klagen sowie eingeleiteter Untersuchungen, hat
in der Öffentlichkeit zwischen den Beteiligten eine Art „Schwarzer-Peter“-Spiel
begonnen.
Anfangs blickte wegen der technischen
Pannen zunächst alles auf die Nasdaq. Nachdem der Kurs der Facebook-Aktie zu Beginn
der Woche jedoch auf Talfahrt ging und zugleich bekannt wurde, dass es gute
Gründe für eine deutlich niedrigere Bewertung des Papiers gibt, die Facebook
und den Banken, die den Börsengang begleiteten (Morgan Stanley, JP Morgan und Goldman
Sachs) vor dem Börsengang sehr wohl bekannt waren, aber, so heißt es, nur an ausgewählte
Kunden weitergegeben wurden, stehen nun Facebook selbst und die Banken im
Blickpunkt. (5) (6) Als Konsortialführer und damit hauptverantwortliche Bank geriert
dann sehr rasch Morgan Stanley unter Druck. (7) Zwischenzeitlich wurde bereits
damit begonnen, die Verantwortung für das Debakel, dessen Ausmaß ja noch gar
nicht bekannt ist, weil die Untersuchungen noch gar nicht richtig begonnen haben,
zu personalisieren. Bei Facebook wurde der Finanzchef David Ebersman als vermeintlicher
Sündenbock ins Visier genommen und bei Morgan Stanley Michael Grimes, der für
die Technologiesparte zuständige Co-Direktor für das Bankgeschäft. (8)
Das heißt natürlich noch gar nichts. Das
Interesse der Politik (9), Untersuchungen und Klagen beziehen sich mehr oder
weniger auf alle Beteiligten, einschließlich der Altaktionäre. JP Morgan hat zudem
auch noch seinen eigenen Spekulationsskandal. Die bisherigen Spekulationsverluste
kann die Bank zwar offensichtlich noch gut verkraften. Sie ist breiter
aufgestellt als die Investmentbanken Goldman Sachs und Morgan Stanley und gerade
auch deswegen gut durch die Krise gekommen. Was die laufenden Untersuchungen –
in beiden angesprochenen Fällen – erbringen, ist indes auch für JP Morgan noch
eine ganz andere Sache. Abgesehen davon will niemand öffentlich als Sünder dastehen.
Denn öffentliche Aufmerksamkeit erzeugt Druck und den kann, vor allem wenn er
über einen längeren Zeitraum hoch ist, keine der Wall-Street-Banken gebrauchen.
Er schwächt nicht nur die Position im laufenden US-Regulierungspoker, sondern kann
auch zu einem ernsten Problem werden, wie wir aus dem Fall Lehman Brothers wissen.
Das Börsendebakel allein ist gewiss schon
ein schwerer Schlag für die Geschäftsinteressen insbesondere Morgan Stanleys. In
Presse und Medien möglicherweise über Wochen als möglicher Hauptverantwortlicher
oder gar mutmaßlicher Sünder dazustehen, wäre ein Albtraum. Vielleicht wäre es schon
hilfreich, wenn der Kurs der Facebook-Aktie wieder stiege.
JP Morgan und Goldman Sachs werden sehr
bemüht sein, in dieser Sache nicht in den Vordergrund gezerrt zu werden. Aber die
Regulierungsdebatte läuft und die USA befinden sich im Wahlkampf. Das macht
einen Unter-schied.
Bei Facebook war einfach zu viel Gier im Spiel. Warum kann man das Ding nicht mit einer moderaten Bewertung an die Börse bringen? Es ist doch egal, ob nun Zuckerberg ein paar Milliarden Dollar mehr oder weniger privat besitzt.
AntwortenLöschenIch könnte mir vorstellen, dass es gerade die beteiligten großen US-Banken waren, die die Geschichte pushen wollten bzw. vielleicht sogar mussten. Die drei gehören zu den größten Derivateplayern und viele Euro-Wetten könnten letztlich platzen, weil der bisherige Krisenkurs in Europa, der in erster Linie als totsicherer, dauerhafter Antrieb des Casinobetriebes angesehen werden muss, nicht mehr fortgesetzt werden wird. Damit wird die Luft für die eine oder andere Zombiebank vielleicht einfach dünn. Und jetzt wird eingesackt, was noch eingesackt werden kann.
LöschenGrüße
SLE