An der Ostküste der Vereinigten Staaten
wird ein extrem starker Schneesturm erwartet – an den Finanzmärkten ist ein der
Sturm nach dem gestrigen Wahlsieg des Linksbündnisses Syriza in Griechenland hingegen
ausge-blieben. Weder der Euro noch Europas Börsen reagierten heute Morgen
heftig. Auch bei den Staatsanleihen europäischer Krisenstaaten einschließlich
der von Griechenland blieben starke Reaktionen aus. Nur die Börse in Athen
verzeichnet deutlichere Verluste. Deswegen bereits jetzt Entwarnung zu geben,
wäre jedoch verfrüht.
Der Syriza-Sieg war an den Märkten
erwartet worden. Alle Umfragen hatten dies prognostiziert. Gleichwohl hat die
Syriza besser abgeschnitten als von den meisten erwartet – aber nicht gut
genug, um alleine regieren zu können. Dafür hätte sie 151 der insgesamt 300 Sitze
im Parlament erringen müssen. Tatsächlich kann sie jetzt 149 Abgeordnete
stellen.
Einen Überblick über den Ausgang der Wahl
beim gegenwärtigen Auszählungsstand gibt nachfolgende Tabelle.
Zum Vergrößern bitte Tabelle anklicken!
Dass die Börsen über den Sieg einer
Linkspartei nicht jubeln würden, war klar gewesen. Für die Regierungen der
Euro-Gruppe wie für die Finanzmärkte ist die Syriza allerdings ein immer noch weitgehend
unbeschriebenes Blatt. Denn das Linksbündnis gibt in Griechenland sein
Regierungsdebüt. Es wird also ein Kabinett von Newcomern sein und wie die
praktische Politik konkret aussehen wird, ist noch nicht klar. Dasselbe gilt
für den Verlauf der Verhandlungen mit der Euro-Gruppe. Für Griechenland selbst,
das über Jahrzehnte immer nur von der konser-vativen Nea Dimokratia oder der
sozialdemokratischen PaSoK regiert wurde, ist es ein historischer Einschnitt. Was
das letztlich für Griechenland bedeutet, ist noch nicht abzusehen.
Eine Unbekannte: Folgen für die Wahlen in Portugal und Spanien
Was ebenfalls schwer abzuschätzen ist,
sind die Folgen des Wahlausgangs für die in diesem Jahr anstehenden
Parlamentswahlen in den Euro-Krisenländern Portugal (Oktober 2015) und Spanien
(Ende 2015). Das politische Establishment wird vor allem in Spanien von einer
weiteren neuen Linkspartei herausgefordert, die aus einer Protestbewegung gegen
den austeritätspolitischen Kurs der konservativen Regierung entstanden ist.
Podemos („Wir können“) lag in den Umfragen der letzten Wochen teils knapp
hinter, teils aber auch vor der allein regie-renden konservativen „Partido
Popular“ (PP) des Ministerpräsidenten Mariano Rajoy. Spaniens Sozialistische
Arbeiterpartei (PSOE) überflügelt die neue Protestpartei in den meisten
Umfragen sogar bereits deutlich.
Dass die Syriza das politische
Establishment Griechenlands entmachtet hat, könnte nicht nur Podemos in
Spanien, sondern auch der britischen Unabhängigkeitspartei (Ukip) bei den
Wahlen zum britischen Unterhaus in diesem Jahr (Anfang Mai) zusätzlichen Rückenwind
geben. Denn die Ukip will erklärtermaßen ebenfalls mit dem verfilzten, abgehobenen
und korrupten politischen System des Landes aufräumen. In Italien ist es die
Fünf-Sterne-Bewegung Beppe Grillos, die sich das auf die Fahnen geschrieben hat.
Fazit: Mit dem Schlimmsten für
Griechenland (und die Euro-Zone) rechnet zumindest gegenwärtig niemand. Wie die
Verhandlungen der neuen griechischen Regierung mit der Euro-Gruppe verlaufen
werden, beschäftigt die Marktteilnehmer deswegen vorerst ebenso wenig wie die
Konsequenzen für Wahlen in Portugal und Spanien und für die Euro-Zone.
Das kann sich freilich ändern, wenn
Wahlgewinner Alexis Tsipras die Koalitionsverhandlungen abgeschlossen hat,
seine Politik konkrete Konturen annimmt und die Verhandlungen mit der
Euro-Gruppe beginnen. Erst dann wird sich nämlich zeigen, wie ernst Tsipras es
mit seiner Ankündigung, die Austeritätspolitik zu beenden und eine
Schuldenerleichterung auszuhandeln, wirklich gemeint hat. Ihn zu
unterschätzen, wäre ein Fehler. Der Ehrgeiz, etwas zu erreichen, ist da. Er
weiß, dass er in Europa längst kein einsamer Rufer mehr ist. Aber er ist der
erste Rufer, der zur Tat schreiten kann.
Heiße Luft!
AntwortenLöschenBeeindruckkend mit welchem Getöse so ein Wahlsieg einhergeht. Nun gilt es etwas Messbares aufs Parkett zu legen. Schneidet sich die Linke in Griechenland selbst den Futtertopf ab? Wohl kaum! Ein Austritt bleibt wohl die einzigst "Echte" Alternative für das Volk. Damit würde aber wohl auch die Linke schon Morgen wieder Geschichte sein. Dieser Euro ist einfach abartig!!