Sonntag, 26. Juni 2016

Spanien-Wahl mit Desaster-Potenzial für die EU: Mit Brexit-Schub an die Macht?



Protestbewegungen sehen sich nach dem Aufsehen erregenden Brexit-Votum verstärkt im Aufwind. Nur wenige Tage zuvor hatten auch die Bürgermeister-Stichwahlen in Italien dasselbe angezeigt. Zwei Kandidatinnen der „Fünf-Sterne-Bewegung“, Italiens populäre Anti-Establishment-Partei von Beppe Grillo, eroberten das Bürgermeisteramt in Rom und Turin und erhöhten damit den Druck auf den Ministerpräsidenten Matteo Renzi und seine sozialdemokratische Partito Democratico (PD). (1) Denn der hat seine politische Zukunft mit dem Ausgang eines Referendums über eine Verfassungsänderung im Oktober ver­knüpft.
Dass es bei den Kommunalwahlen so schlecht für seine Partei laufen würde, damit hatte er allerdings nicht gerechnet. Der Ausgang der Kommunalwahlen und der Erfolg der „Fünf-Sterne-Bewegung“ wurden in Italien einhellig als Stimmungstest und als schwerer Denkzettel für Renzi gewertet sowie als Zeichen dafür, dass er beim Referendum im Herbst scheitern könnte. (2)
Damit drohen sich für den Herbst in Italien und für die EU neue Turbulenzen an.

Wahlumfragen sagen eine erneute Pattsituation voraus

Heute finden allerdings zunächst einmal Neuwahlen in Spanien statt. Und auch die haben es in sich.
Das Land wird seit den Wahlen im Dezember geschäftsführend von Mariano Rajoy und seinem konservativen Partido Popualar (PP) geführt, weil es nicht gelungen ist, eine neue Regierung zu bilden. Das könnte sich heute ändern, obwohl bisher alle Experten eher davon ausgegangen sind, dass sich wieder eine ähnliche Pattsituation ergibt wie nach den Wahlen zuvor.
Das ist es auch, was bisher in allen Umfragen zum Ausdruck kommt.

  • Der PP könnte demnach auf 28-30 Prozent der Stimmen kommen und damit erneut stärkste Kraft im Parlament werden.
  • Die Sozialisten (PSOE) können mit einem Stimmenanteil von 20-22 Prozent rech­nen, werden aber wahrscheinlich von dem neuen Linksbündnis von Podemos mit der Vereinigten Linken (Iu) überholt.
  • Das Linksbündnis „Unidos Podemos“ liegt in den Umfragen bei 24-26 Prozent.
  • Der wirtschaftsliberalen Partei Ciudadanos (Ciu) wird ein Anteil von 14-16 Prozent zugetraut.

Damit liegen alle vier großen Parteien gemäß Umfragen ziemlich genau dort, wo sie auch bei der Parlamentswahl im vergangenen Dezember gelandet waren.

Das Brexit-Votum und ein Skandal verändern die Wahlaussichten der Parteien

Der überraschende Ausgang des Brexit-Votums bringt nun jedoch unerwartet Unsicher­heit in die Wahlen. Der als Erfolg für die rechte Anti-Establishment-Partei Ukip von Nigel Farage gewertete Ausgang des Referendums in Großbritannien könnte Spaniens Links­partei Podemos unverhofft Schützenhilfe leisten. Denn die von Pablo Iglesias geführte Partei ist ebenfalls eine Anti-Establishment-Partei. Sie entstand aus einer Protestbe­wegung gegen die Austeritätspolitik der Regierung Mariano Rajoy und positioniert sich damit explizit gegen den krisenpolitischen Kurs der EU.
Außerdem könnte Podemos ebenso von einem neuen PP-Skandal um den konservativen Innenminister Fernández Díaz profitieren, der diese Woche in Spanien Schlagzeilen machte. Eine Zeitung hatte Gesprächsmitschnitte veröffentlicht, die den Eindruck erwecken, er und der Direktor der katalanischen Anti-Betrugsbehörde hätten vor zwei Jahren nach Möglichkeiten gesucht, separatistische Politiker in Katalonien der Korruption zu bezichtigen. (3)
Die Partei des Ministerpräsidenten Rajoy wird ohnehin seit Monaten von einer scheinbar nicht enden wollenden Kette von Skandalen erschüttert. Doch dass es nun ausgerechnet um Katalonien geht, das sich von Spanien abzuspalten versucht und deswegen mit der Regierung in Madrid im Dauerstreit liegt, verleiht der Affäre so kurz vor der Wahl eine zusätzliche Brisanz. Denn von den vier großen, im Parlament vertretenen Parteien ist nur Podemos bereit, die Katalanen über ihre Unabhängigkeit entscheiden zu lassen.
Beide Ereignisse, der Skandal um den spanischen Innenminister und ganz besonders die Brexit-Entscheidung, könnten zu einer ausschlaggebenden Veränderung in der Wähler­stimmung geführt haben, die in den Umfragen nicht mehr erfasst wurde und sie des­wegen als höchst unsicher erscheinen lässt.

Die Ereignisse überholen die Politik in Brüssel … und hängen sie ab

Die heutige Wahl in Spanien, dem viertgrößten Euro-Land, birgt insofern neues Über­raschungspotenzial und sie könnte sich als neuer, schwerer Schlag für die EU erweisen. Denn es ist angesichts des Stimmungsumschwungs in der EU, den das Votum der Briten anzuzeigen scheint, nicht mehr auszuschließen, dass Podemos zum konservativen Partido Popular aufschließen und es schaffen könnte, eine neue, linke Regierung zu bilden.
Die Wahl in Spanien hat gemeinsam mit bereits jetzt erkennbaren ersten, schwerwiegen­den Folgen des Brexit-Votums – Schottland bereitet ein neues Unabhängigkeitsreferen­dum vor (4), Moody´s droht Großbritannien mit einem Downgrade (5) – das Potenzial, zum Wochenauftakt an den Börsen für eine neue Abwärtsdynamik zu sorgen und die Agenda des Krisentreffens der Staats- und Regierungschefs der EU am Dienstag um einen weiteren schwierigen Tagesordnungspunkt zu bereichern.
Die Ereignisse drohen die Politik in Brüssel bereits jetzt, am zweiten Tag nach Bekannt­gabe des Ergebnisses des Referendums in Großbritannien, zu überholen und hoffnungslos abzuhängen. Das erinnert fatal an den Beginn der Euro-Krise.


4 Kommentare:

  1. Raus aus der EU! der Volksentscheid in Großbritannien ist wahre DEMOKRATIE! Das wird es in Deutschland nicht geben! Als von den Amerikanern besetztes Land sind wir kein souveräner Staat! Hier bestimmt der Ami! Deshalb: AMI GO HOME! Raus aus Deutschland! Auch die Briten raus! Selbtbestimmung jetzt! Hin zu Rußland! Kriegsverbrecher Obama die rote Karte! Merkel des Landes verweisen! Wir brauchen keine Büttel des Amis! Die Zeit ist reif für einen Wechsel! Weg von der Merkel-Diktatur! Wir sind das Volk!

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    1. Lieber Anonym,

      wenn das als ihr ernster Beitrag zum Thema gedacht gewesen sein sollte, warum haben Sie dann nicht den Mut, ihn auch mit ihrem echten Namen zu unterschreiben? Ich mach das ja bei meinen Beiträgen auch immer.

      Viele Grüße
      Stefan L. Eichner

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