Arbeitslosigkeit auf 15 Prozent gestiegen,
Jugendarbeitslosigkeit auf rund 35 Prozent, 150.000 Menschen haben 2011 mangels
Jobperspektive das Land verlassen, laut Prognosen wird die Wirtschaft dieses
Jahr um über drei Prozent schrumpfen, Unternehmens- und Privatinsolvenzen nehmen
zu. (1)
Das ist nicht die Beschreibung der Wirtschaftslage
Griechenlands. Nein, es ist die Beschreibung der Situation in Portugal, das zwar
ebenso wie Griechenland Finanzhilfen der EU und des Internationalen
Währungsfonds in Anspruch nehmen musste, das aber ganz eindeutig keine
Misswirtschaft betrieben hat, kein gravierendes Korruptionsproblem und zudem auch
eine bessere wirtschaftliche Substanz als Griechenland hat. Wieso also steuert
Portugal auf dieselben Probleme zu?
So wie Griechenland wurde auch Portugal zu
einem drastischen Sparkurs verpflichtet und zwar mit dem Ziel, den
Staatshaushalt zu sanieren. Tatsächlich hat sich die wirtschaftliche Lage in
beiden Staaten dramatisch ver-schlechtert – zuerst in Griechenland, jetzt in
Portugal. Dasselbe spielt sich aber auch anderswo ab, etwa in Spanien, wo die
Haushaltsmisere gleichfalls mit drastischen Sparmaßnahmen bekämpft wird, obwohl
das Land (noch) keine Finanzhilfen benötigt und insofern nicht unter einem
vergleichbaren Sparzwang von außen steht.
In Anbetracht der verabreichten „Medizin“
und der gleichartig verlaufenden Entwicklung in den unterschiedlichen europäischen
Krisenstaaten gibt es unter dem Strich nur eine wirklich schlüssige Erklärung für
die gravierende Verschlechterung der Lage in diesen Krisenstaaten: das einseitige
und offensichtlich unausgewogene austeritäts-politische Konzept wirkt
krisenverschärfend.
Das bedeutet nicht, dass keynisianisches „deficit
spending“, sprich Konjunkturprogramme die sinnvolle oder schlicht bessere Alternative
darstellen. Keineswegs. Vielmehr muss auf europäischer Ebene endlich zur
Kenntnis genommen werden, dass ernste wirtschaftsstrukturelle Probleme
vorliegen, die weder durch einseitige, wirtschaftsliberale Austeritätspolitik
noch durch undifferenziertes, keynesianisch motiviertes Fluten der jeweiligen
Wirtschaft mit Geld gelöst werden können. Die Lösung kann nur in einem auf die
jeweiligen wirtschafts-strukturellen Probleme abgestimmten, differenzierten
Konzept bestehen, das Sparen an den richtigen Stellen und intelligente
Entwicklung tragfähigerer wirtschaftlicher Strukturen miteinander verbindet. Ansonsten
wird es teuer und endet in einem Desaster.
Warnende Stimmen, die dies anmahnen, gibt
es zur Genüge. Die Verantwortlichen auf europäischer Ebene und bei den
beteiligten Institutionen können diesen negativen Zusammenhang zwischen
einseitigem Sparen und sich verschärfender wirtschaftlicher Talfahrt nicht
unbegrenzt ignorieren. Das wäre fatal – nicht nur unter Kostenge-sichtspunkten.
Denn die sich fortlaufend verschlechternde wirtschaftliche Situation in mittlerweile
einigen europäischen Krisenstaaten wird immer stärker auch den Rest der
europäischen Union wirtschaftlich wie finanziell belasten.
Wann der Punkt erreicht ist, an dem man mit
Blick auf die wirtschaftliche und finanzielle Stabilität der gesamten Euro-Zone
nicht mehr länger die Annahme aufrecht erhalten kann, der Sparkurs führe wie
ein homöopathisches Medikament nach anfänglicher Verschärfung der Probleme
schließlich zur Gesundung von Staatshaushalten und der Wirtschaft, wird niemand
sagen können. Ganz abgesehen davon produziert der eingeschlagene Kurs aber auch
drastische Nebenwirkungen, nämlich massive soziale Spannungen, die eine sehr ernst
zu nehmende Gefahr für den sozialen Frieden und die Kohäsion Europas darstellen.
Der europäische Krisenkurs ist folglich
hoch riskant. Es ist eine Frage der Lernfähigkeit und Flexibilität Europas, die
Dimension des Risikos richtig einzuschätzen, es rechtzeitig wirksam zu begrenzen
und zu reduzieren, was im Grunde nichts anderes bedeuten kann, als rechtzeitig
einen Kurswechsel vorzunehmen.
Danach sieht es gegenwärtig nicht aus und
das ist ein Anlass zur Besorgnis. Es gibt eine Eisberg-Warnung, aber das Schiff
namens „EU“ behält Kurs und Geschwindigkeit bei ....
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Auch in Lissabon ist die Arbeitslosigkeit das Hauptproblem. Sie stieg im Februar auf 15 Prozent, nicht zuletzt als Folge der harten Sparmaßnahmen. Doch die EU-Kommission, die die Kürzungen mit zu verantworten hat, zeigte sich überrascht, wie der EUobserver meldet. Offenbar versteht sie weder die ökonomischen Folgen ihrer eigenen Politik - noch die eigenwillige Logik der Märkte.
AntwortenLöschenhttp://lostineurope.posterous.com/die-markte-spielen-nicht-mit
Ja, das ist schon sehr merkwürdig.
AntwortenLöschenGrüße
SLE