Freitag, 23. August 2013

Die Bundestagswahl und Europa II: Die wirtschaftsprogrammatische Krise der Parteien



Mein Aufsatz „Die Bundestagswahl und Europa: Die Wählerkrise“ ist auf Querschuesse  ist angeregt diskutiert worden (1) und mein Eindruck ist, dass dieses Thema von mir noch nicht abgeschlossen behandelt wurde, jedenfalls nicht im Sinne einer Orientierung kurz vor der Bundestagswahl. Ich möchte den Aufsatz deswegen fortsetzen und greife dafür zwei aufeinander bezogene Kommentare zum angesprochenen Aufsatz auf Querschuesse von „Markt“ und „Holly01“ auf, weil die sich meines Erachtens dafür anbieten. Ich hoffe, die beiden haben nichts dagegen.
„Markt“ schreibt:

„Danke für den link.
Traurig was hier von allen Beteiligten wieder einmal abgeliefert wird.
Nur wenn einer 5% weniger Schwachsinn erzählt als die anderen beiden, macht ihn das aber noch lange nicht zur Alternative.
Schlimmer als die Politik erscheinen einem inzwischen tatsächlich unsere Medien, hier in Form des Moderators und Chefredakteurs des Handelsblattes.
Wie lange lassen die Menschen es sich noch gefallen, dass Wachstum und Wettbewerbsfähigkeit als einziges Dogma und damit als ausschließliche Lösungsmöglichkeiten präsentiert werden?“

(Anmerkung SLE: Es ging um diesen Link: http://www.zeit.de/wirtschaft/2013-08/deutschlandduell-euro - ein Streitgespräch zur Frage der Bewältigung der Euro-Krise zwischen AfD-Chef Bernd Lucke und dem CDU-Finanzpolitiker Ralph Brinkhaus.)
„Holly01“ antwortete „Markt“ darauf:

„Es gibt keine deutschen Positionen (wobei deutsche Positionen keine nationalen sind, sondern es urdeutsches Interesse ist, einen Frieden herzustellen, also Einverständniss herzustellen).
Es gibt keinerlei Inhalte, die auch nur ansatzweise selbstständig wären.
Es gibt ausschliesslich Inhalte, Ideen und Ansätze die multinational, multikomerziell und vor allem anderen ist alles lizensiert in der Form von Abhängigkeit.
Ganz egal ob jemand eine akademische Ausbildung hat und kein Selbstwertgefühl vermittelt bekommen hat oder ob es völlig normal ist, daß Arbeitsplätze in ganz Europa von einem amerikanischen Konzern unwidersprochen je nach Anbiederung verteilt werden (GM), es ist überall das gleiche Bild.
Man bekommt Geld nur wenn man Arbeitsplätze abbaut.
Man bekommt Geld nur wenn man konform ist.
Man bekommt Geld nur, wenn man sich und seine Ideale (als man welche hat) verkauft.
Praktika über Jahre, 450€ mit 35h/woch, Aufstocker, 1€ Job, Opossition als Fundalstandpunkt, Rechtsbewusstsein (Gesetzestreue über die nur noch gelacht wird), Unbestechlichkeit (die man keinem mehr zutrauen kann)……das ist ja alles nur möglich, weil WIR alle es zulassen.
Der ESM hätte mit 4 Mio. Menschen auf der Straße vor dem Bundestag verhindert werden müssen, aber Kirche, Gewerkschaft und Medien sind unterwandert und gleichgeschaltet.
Wir werden mit “Dauerkrisen” abgestumpft und abgeschreckt (systematisch).
Die Drohung der materiallen Vernichtung jedes Einzelnen schwebt ständig im Raum und wir lassen es zu.“

Was „Markt“ und „Holly01“ ansprechen ist m.E. der Kern der Wahlproblematik. Genau deswegen denke ich auch – mit Blick auf die Bundestagswahl und die Frage, wo man denn nun sein Kreuz machen soll –, dass es nicht verkehrt ist, das "Pferd" bei der Wahl vom Wirtschaftssystem her aufzuzäumen.
Denn es ist ganz einfach so, dass die Art unseres beruflichen Alltags und wie wir unseren Lebensunterhalt verdienen, auch die Gesellschaft prägt. Und es ist unser Wirtschaftssystem, das die Unternehmens-, Vermögens- und Einkommenskonzentration so auf die Spitze getrieben hat, mit allen damit verbundenen Problemen und das durch die diesem Wirtschaftssystem zugrundeliegende Markt- und Wachstumslogik.
Diese Markt- und Wachstumslogik ist falsch oder besser gesagt, sie geht nur für eine begrenzte Zeit auf. Sie weist im Kern gravierende Fehler auf und vor allem deshalb ist unser Wirtschaftssystem entgleist, deshalb haben wir eine anhaltende systemische Instabilität, die die Notenbanker und Politiker in den Industriestaaten fortlaufend lediglich mit immer mehr Geld, das sie ins System pumpen, übertünchen.
Genau das wollen unsere etablierten politischen Parteien so kurz vor der Wahl nicht zugeben. Es wäre ein Offenbarungseid. Denn sie würden damit zugeben, dass sie keine Ahnung haben, wie sie die Probleme wirklich lösen können.
Ein Kommentator („alien observer“) auf meinem eigenen Blog hier hat das Problem der etablierten Parteien ganz wunderbar auf den Punkt gebracht:

"Obwohl das kleine Mädchen schon längst gerufen hat "Aber er (der Kaiser) hat ja gar nichts an!", spielt der Hofstaat das Theater weiter. Die (Partei-)Programme preisen das Gewand (FDP/Union/AfD) oder versuchen verschiedene Löcher zu stopfen (Linke/Spd/Grüne)."

Besser kann man es eigentlich nicht sagen. Aber ich will das Problem, um das es geht, noch weiter zuspitzen:
FDP/Union/AfD preisen die bisherige Markt- und Wachstumslogik, die eine wirtschaftsliberale ist - die Freien Wähler gehören auch in diese Kategorie. Linke/SPD/Grüne versuchen nur die verschiedenen Löcher in diesem im Kern wirtschaftsliberalen System zu stopfen oder in der Sprache des Ökonomen: sie sind für Interventionen, für nachträgliche Umverteilung und ihr Bezugspunkt ist eher der Keynesianismus, der aber diese wirtschaftsliberale Marktlogik nicht infrage stellte, sondern lediglich das Nicht-Interventions-Postulat der Wirtschaftsliberalen.
Doch der Wirtschaftsliberalismus oder besser gesagt die ihm zugrunde liegende klassische und neoklassische ökonomische Markttheorie ist - was die Finanzmarktkrise und die anschließende Ratlosigkeit der Ökonomen ja unzweifelhaft bewiesen haben -, an der Krise gescheitert. Auch die in den europäischen Schuldenstaaten angewendete Austeritätspolitik ist – aus Sicht vieler mit Ansage - gescheitert und sie ist ein wirtschaftsliberales Konzept. Der Keynesianismus oder, wie „alien observer“ es ausdrückte, "das Stopfen verschiedener Löcher" in diesem entgleisten Wirtschaftssystem hilft aber auch nicht weiter, weil es nicht an den wirtschaftsstrukturellen Ursachen (insb. Konzentration in sehr verschiedenen Bereichen) der Krise ansetzt und die fundamentalen Schwächen der liberalen Marktlogik ignoriert.
Was also heute fehlt und worauf es ankäme, wäre ein dritter Weg, eine andere, bessere Marktlogik und Wirtschaftsentwicklungslogik anstelle der Wachstumslogik.
Darüber habe ich hier im Blog schon mehrfach geschrieben.
Ich erinnere unter anderem an

  • die dreiteilige Aufsatzreihe "In der Wachstumsfalle - Griechenland & Co." (2),
  • die sechsteilige Aufsatzreihe "Einkommens- und Vermögenskonzentration" (3) oder etwa auch an die Aufsätze
  • "Die Debatte über den Fiskal- und Wachstumspakt droht an den Kernproblemen Europas völlig vorbeizugehen" (4) und
  • Krisenstrategien in der Sackgasse II: Zeit für einen Paradigmenwechsel“ (5)

Was wir heute brauchen ist wenigstens eine Partei, die einen „dritten Weg“ propagiert, der einen wirklich alternativen, überzeugenderen Weg aus den angesprochenen fundamentalen Problemen, die sich ja auch in der Politik und Gesellschaft niederschlagen, weist oder konkreter ausgedrückt:
Ludwig Erhard hatte einen überwältigenden politischen Erfolg, weil seine wirtschaftsliberale Logik die damals vorherrschenden Probleme sehr gut adressierte.
In den späten 60er Jahren hatte Karl Schiller Erfolg, der auf Keynesianismus setzte und - was nie gesehen wird - auf eine andere Marktlogik als der liberale Ludwig Erhard, in deren Mittelpunkt oligopolistische Märkte standen (Grundlage ist die Theorie vom "funktionsfähigen Wettbewerb" (siehe dazu (6) und (7)). Schiler hatte Erfolg, weil diese Marktlogik und die darauf aufbauende Konzeption die damaligen Probleme der 60er Jahre wesentlich besser adressierte als die wirtschaftsliberale Logik Ludwig Erhards.
Aber obwohl beide Ansätze – der liberale von Erhard und der keynesianische von Schiller - ungeeignet für die Lösung der Probleme der Gegenwart sind, werden diese nach wie vor von den beiden oben angesprochenen Gruppen von Parteien angeboten bzw. verfolgt!
Eine neue, dritte Logik ist offensichtlich für die Bewältigung der Probleme der Gegenwart notwendig. Das ist es, wovon ich in den exemplarisch angegebenen und auch hier im Blog veröffentlichten Aufsätzen rede.
Das Problem der aktuellen Bundestagswahl für die Wähler ist, dass es keine Wahlalternative gibt, die einen solchen neuen, dritten Weg anbietet. Eine sichere wirtschaftliche Existenz und/oder Zukunft ist aber das, was die Wähler am meisten interessiert und treibt.
Die Unzufriedenheit der Wähler mit den etablierten Parteien hat gerade auch damit zu tun und sie erinnert insofern durchaus an die erste Weltwirtschaftskrise und die parlamentarische Krise der Weimarer Republik. Der Unterschied ist, dass wir in Deutschland, wie ich im ersten Teil des Aufsatzes zum Thema „Die Bundestagswahl und Europa“ (8) auch schon geschrieben hatte, aktuell noch nicht in einer tiefen Krise stecken, sondern vor dem Abgleiten in eine neuerliche Krise stehen, für die unsere Parteien nicht gerüstet sind.
Viele Leute, mit denen ich spreche, stellen für sich fest, dass sie wirklich nicht wissen, wen sie jetzt eigentlich wählen sollen. Viele von denen sind Stammwähler (gewesen). Die Zahl derer, die schwanken, ist - wie im ersten Teil von „Die Bundestagswahl und Europa“ angesprochen (9) – groß. Sie ist, was ich dort nicht geschrieben habe, mit 72% vor dieser Wahl erheblich größer als vor der letzten Bundestagswahl. Damals (2009) waren es "nur" 55%. (10)
Die etablierten Parteien haben also allen Grund, nervös zu sein. Das Wahlergebnis kann signifikant anders ausfallen als es die Meinungsumfragen suggerieren und m.E. wäre das – allein schon mit Blick auf die Krisenpolitik – auch wünschenswert.
Bundesweit werden dieses Mal insgesamt neun Parteien antreten: (11)

  • CDU/CSU, SPD, FDP, Grüne und Linke sowie
  • die Piraten,
  • die Alternative für Deutschland (AfD),
  • die "Freien Wähler",
  • die NPD und
  • die Marxistisch-Leninistische Partei Deutschlands (MLPD).

Die AfD und die Freien Wähler sind die große Unbekannte. Beide Parteien sind in ihrer Grundausrichtung freiheitlich und wirtschaftsliberal ausgerichtet. Damit sind sie eine Konkurrenz für die CDU/CSU und die FDP, aber auch mögliche Koalitionspartner.
Hinzu kommt, dass es bei dieser Bundestagswahl keine Überhangmandate mehr geben wird und die schwarz-gelbe Regierung die letzte Wahl nur wegen der auf sie entfallenden Überhangmandate gewonnen hat.
Last but not least hat die CSU in Bayern seit Monaten mit einer ganzen Reihe von Skandalen zu kämpfen - wie ich ja auch schon im vorangegangenen Aufsatz zum Thema Bundestagswahl (12) schrieb. Trotzdem geben die Meinungsumfragen unverändert hohe Zustimmungswerte von 44-47% an. Es ist m.E. fraglich, ob die CSU diese bei der Landtagswahl am 15. September wirklich realisieren kann.
Sollte aber die CSU bei der Landtagswahl am 15. September spürbar schlechter als erwartet abschneiden, dann gingen CDU/CSU mit einer schweren Hypothek in die Bundestagswahl, die eine Woche später stattfindet. Die Bundesbürger werden sich – angesichts der oben zitierten Umfrage zur Umorientierungsbereitschaft bei ihrer Wahl nämlich gewiss auch am Wahlausgang in Bayern orientieren.
Die Bundestagswahl könnte also durchaus in Bayern entschieden werden. In jedem Fall aber wird es für Schwarz-Gelb auf Bundesebene dieses Mal - wie dargelegt - erheblich schwerer werden, eine Regierungsmehrheit zu erlangen.
Ob sich die SPD nochmals für eine Große Koalition hergibt, ist indes fraglich. In Schleswig-Holstein hat sie es nicht getan, in Niedersachsen musste sie es nicht tun, in Nordrhein-Westfalen hatte sie sich seinerzeit für eine Minderheitsregierung entschieden und damit gute Erfahrungen gemacht. Es sieht bei der Bundestagswahl realistisch betrachtet nicht nach einer Mehrheit für Rot-Grün aus. In einer Großen Koalition aber wäre die SPD – so wie es in den Umfragen gegenwärtig aussieht – Juniorpartner und das hieße, Angela Merkel wäre wie schon bei der letzten Großen Koalition Kanzlerin. Es ist deswegen eher damit zu rechnen, dass die SPD eine Dreier-Koalition zu bilden versuchen wird, wenn das möglich ist.
Das alles wird auch sehr stark davon abhängen, wie viele Wähler auf bisher kleine Parteien jenseits von FDP und Grünen ausweichen bereit sind.
Es gibt insofern durchaus Potenzial für eine neue politische Konstellation in der Bundesregierung und damit auch für Veränderungen im politischen Kurs.

3 Kommentare:

  1. "Die Finanzmarkt- und Weltwirtschaftskrise zu überwinden setzt voraus, dass sie verstanden wird."

    Und da fast alle dem Wahn des Schacher & des Geldes verfallen ist wenig Hoffnung

    http://ahlu-sunnah.de/foren/themen/4141-Menschenrechtler-des-Tages-Israelischer-Rabbi-Ovadia-Yosef

    "wie die Herren da sitzen und essen" nun diese Herrenmenschen würde ich gern mit Finanzprodukten füttern, richtig nudeln immer rein in das Giermaul

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  2. Es wird also ein neuer, ein dritter Weg gesucht. Ich könnte mir diesen so vorstellen:
    Angenommen es bleibt alles gleich wie heute - bis auf die Art der Besteuerung. Diese würde von Leistungsbesteuerung (z. B. EK-Steuer) auf Verbrauchssteuer umgestellt und zusätzlich durch eine Basissteuer und durch eine wirksame
    Erbschafts- und Vermögenssteuer ergänzt. Voraussetzung: Es es muss eine Aufklärungskampagne und darauf folgend eine demokratische Wahl stattfinden, die transparente und demokratische Prozesse, welche zu einer entsprechenden Gesetzgebung führen zum Ergebnis hat. Gero Jenner beschreibt ein solches Steuersystem als "Neuer Fiskalismus"; sein Buch "Wohlstand und Armut" ist unbedingt empfehlenswert (wie auch "Das Pyramidenspiel" und "Von der Krise ins Chaos").

    Die Leistungsbesteuerung ist historisch gebildet - es war nicht möglich den Verbrauch hinreichend genau zu bestimmen - und was dabei herauskommt, sieht man heute: Kreativität wird besteuert, Leistungen werden verschleiert. Ein wirksames
    Verbrauchssteuersystem ist erst heute durch eGeld möglich und könnte so funktionieren:

    Jeder Bürger besitzt eine Kredit-/Bank-/Steuerkarte ähnlich der heutigen Kredit- bzw. EC-Karte. Ausnahmslos alle Transaktionen werden mit dieser getätigt und vom Finanzamt entsprechend registriert. Es werden alle Bankgeschäfte registriert - z. B. Bargeldabhebung, Kauf von Wertpapieren aller Art, Wertanlagen usw. - und Einkäufe. Bei Bezahlung mit Karte dient diese als Zahlungsmittel und zur Erfassung des zu besteuerenden "Verbrauch"vorgangs, bei Barzahlung dient sie nur in letzterer Funktion.

    Und so kann die Verbrauchssteuer dann angewendet werden und wirken: Wer i.e. durchschnittlich 20k€ p. a. konsumiert zahlt keine Verbrauchssteuer, bei 50k€ werden niedrige und bei 100k€ höhere Verbrauchssteuer erhoben und wer für 200k€ p.a. konsumiert und sich jetzt eine neue Luxuslimousine für 180k€ kauft zahlt allein für diese vielleicht 200% Steuer. Man sieht also dass die Verbrauchssteuer nur für die Entnahme (Inanspruchnahme) von Gütern und Leistungen erhoben wird und
    sowohl nach dem durchschnittlichen Verbrauch eines Haushaltes (i. e. Lebensmittel, Miete, NK usw.) als auch gezielt i.e. Luxusgüter, seltene, aufwendige Güter usw.). Mit einer Abrundung durch wirksame und gerechte Erbschafts- und Vermögensbesteuerung kann a) der EK- und Vermögensschere wirksam begegnet werden und b) ökologische Aspekte werden berücksichtigt.

    Zu mehr Details - der Basis- und Resourcenbesteuerung - muss man Jenners Buch (400 S.) zu Rate ziehen. Jenner bezeichnet sich nicht als Erfinder einer Besteuerung `a la "Neuer Fiskalismus", er hat es auf der Basis von eGeld nur zeitgemäß
    gedanklich umgesetzt.

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  3. Vom Mittelalter zur Neuzeit

    "Der Sparer erzeugt mehr Ware, als er selbst kauft, und der Überschuss wird von den Unternehmern mit dem Geld der Sparkassen gekauft und zu neuen Realkapitalien verarbeitet. Aber die Sparer geben das Geld nicht her ohne Zins, und die Unternehmer können keinen Zins bezahlen, wenn das, was sie bauen, nicht wenigstens den gleichen Zins einbringt, den die Sparer fordern. Wird aber eine Zeitlang an der Vermehrung der Häuser, Werkstätten, Schiffe usw. gearbeitet, so fällt naturgemäß der Zins dieser Dinge. Dann können die Unternehmer den von den Sparern geforderten Zins nicht zahlen. Das Geld bleibt in den Sparkassen liegen, und da gerade mit diesem Geld die Warenüberschüsse der Sparer gekauft werden, so fehlt für diese jetzt der Absatz, und die Preise gehen zurück. Die Krise ist da."

    Silvio Gesell (Die Natürliche Wirtschaftsordnung durch Freiland und Freigeld, 1916)

    Was hier beschrieben wird, ist genau das, was 20 Jahre später der "Jahrhundertökonom" John Maynard Keynes in seiner "Allgemeinen Theorie" als "Liquiditätsfalle" bezeichnete. Ein Phänomen, das sich zwangsläufig aus der Verwendung von hortbarem Geld (Zinsgeld mit Wertaufbewahrungs(un)funktion) ergibt, und das bisher alle Hochkulturen und Weltreiche in der Geschichte der halbwegs zivilisierten Menschheit zerstörte:

    http://www.deweles.de/files/untergang.pdf

    Um bei der weiteren Verwendung von Zinsgeld aus der Liquiditätsfalle herauszukommen, kann nur ein Krieg mit anschließender Währungsreform (eine "Währungsreform" ohne vorhergehende Sachkapitalzerstörung führt nicht aus der Krise) den Zinsfuß anheben, damit wieder neues Zinsgeld in neue Sachkapitalien investiert werden kann. Darum ist in einer Zinsgeld-Ökonomie (zivilisatorisches Mittelalter) der Krieg der "Vater aller Dinge".

    Der 2. Weltkrieg tötete etwa 55 Millionen Menschen, was im Vergleich zur damaligen Weltbevölkerung noch nicht einer Dezimierung entsprach,…

    http://de.wikipedia.org/wiki/Dezimation

    …die – bzw. die Angst davor – wohl mindestens erforderlich ist, um kollektive Verdummung durch Vernunft zu ersetzen, denn das ökonomische Wissen, das den Krieg verhindert hätte, war schon 1916 vorhanden. Doch die "hohe Politik", die im zivilisatorischen Mittelalter stets an der Spitze der Verdummung steht, hat die Natürliche Wirtschaftsordnung (Marktwirtschaft ohne Kapitalismus) bis heute nicht begriffen.

    Anstatt dem Geld seine Hortbarkeit zu nehmen und damit allgemeinen Wohlstand auf höchstem technologischem Niveau, eine saubere Umwelt und den Weltfrieden zu verwirklichen, betreibt die politische Seifenoper das von J. M. Keynes vorgeschlagene "deficit spending" (Erhöhung der Staatsverschuldung und Geldmengenausweitung), um das Elend hinauszuzögern. Denn schließlich konnte der Krieg nur solange der Vater aller Dinge sein, wie es noch keine Atomwaffen gab!

    Wo liegt das Problem? Der eigentliche Beginn der menschlichen Zivilisation setzt die Überwindung der Religion voraus:

    Der Weisheit letzter Schluss

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