Mittwoch, 14. Dezember 2011

Christian Lindner tritt zurück: Das Führungsteam der FDP ist an seiner Aufgabe gescheitert

Es ist nicht schwierig sich vorzustellen, was ein erfolgreicher FDP-Mitgliederentscheid gegen den neuen Euro-Rettungsschirm (ESM) für die Regierungskoalition in Berlin bedeuten würde: Sie würde daran zerbrechen. Denn Kanzlerin Angela Merkel kann sich ein „Nein“ aus der eigenen Regierungskoalition zum Rettungsschirm gar nicht leisten – nicht nach dem gerade auch von deutscher Seite scharf kritisierten „Nein“ des britischen Premiers David Cameron zu entsprechenden EU-Vertragsänderungen. Es wäre zugleich der Schlussstrich unter einer Reihe von fehlgeschlagenen Versuchen der neuen FDP-Führung unter Philipp Rösler, die FDP neu zu positionieren und aus dem Umfragetief herauszuführen.
Seit Mai ist Rösler Parteichef. Mitte Dezember 2010 hatte Wolfgang Kubicki (FDP) der Partei „Auflösungserscheinungen“ attestiert und den damaligen Parteichef Guido Westerwelle für dafür verantwortlich gemacht. (1) Seinerzeit erntete er für diese öffentliche Kritik parteiintern viel Kritik. Doch auch mit der neuen Führung hat sich an der desolaten Lage der FDP bis heute nichts geändert. Aus dem Umfragetief hat Rösler die FDP nicht führen können. Im Gegenteil, in den Umfragen fiel seine Partei auf Rekordtiefststände von um die drei Prozent. Mehr noch hat der neue Parteichef bisher jegliches Gespür für das, was seine Partei erfolgreicher und stabiler machen kann, vermissen lassen. Unvergessen ist die von ihm zur Unzeit angestoßene öffentliche Debatte über eine mögliche Pleite Griechenlands. Während Angela Merkel die Finanzmärkte zu beruhigen versuchte, trug Rösler mit seiner offensichtlich regierungsintern nicht abgestimmten Initiative zur Verunsicherung auf den Finanzmärkten bei.
Gewiss, der Wirtschaftsliberalismus ist durch die Finanzmarktkrise als Konzept diskreditiert worden. Insofern hat die Finanzmarktkrise auch das Fundament der FDP aufgeweicht, was mithin die Orientierungslosigkeit der FDP erklärt. Darüber hinaus hat die FDP ihre Krise jedoch vor allem selbst verursacht. (2) Denn nachdem sie in die Regierungsverantwortung gekommen war, wurde – unter ihrem damaligen Chef Guido Westerwelle - sehr rasch deutlich, dass sie kein klares Regierungskonzept hatte. Stattdessen warf sie ihre steuerpolitischen Pläne über Bord, die im Wahlkampf eine zentrale Rolle gespielt hatten, brachte sich sodann mit Klientelpolitik (Stichwort: Steuervergünstigungen für Hoteliers) in die Schlagzeilen und kurze Zeit später zerdepperte Guido Westerwelle höchstpersönlich mit seiner populistischen Kritik an Hartz-IV-Empfängern (Stichwort: römische Dekadenz) viel Porzellan für die FDP – wochenlang.
Rösler hat diese Probleme mit dem Parteivorsitz geerbt. Er hätte wissen müssen, was ihn erwartet und dass die FDP eine neue, klare und klar kommunizierte Orientierung braucht, weil ihr andernfalls mehr und mehr der Zusammenhalt verloren gehen würde, sie die eigenen Mitglieder nicht mehr erreicht und vor allem auch die Bürger nicht.
Jetzt, ein Jahr nach Kubickis Kritik und gut ein halbes Jahr nach dem Antritt der neuen FDP-Führung, ist die FDP kaum mehr als ein Schatten ihrer selbst. Mit vielen Vorschusslorbeeren waren die jungen Hoffnungsträger Rösler, Lindner und Bahr angetreten, die FDP nach dem Rückzug von Westerwelle als Parteichef wieder in die Spur des Erfolges zurückzuführen. Das ist nicht gelungen. Mehr noch zeigt die Initiative für einen Mitgliederentscheid über den Euro-Rettungsschirm, wie sehr der FDP nach wie vor ein tragfähiges Konzept und Programm fehlt und wie groß die Orientierungs- und Hilflosigkeit geworden ist.
Ein vernichtenderes Zeugnis kann man einem Parteivorsitzenden wohl kaum ausstellen.
So betrachtet ist die Entscheidung Christian Lindners konsequent und bedarf gar keiner weitergehenden oder besonderen Erklärung. Philipp Rösler ist offensichtlich noch nicht bereit, ebenso wie Lindner die Konsequenzen aus seinem Wirken in der Führungsspitze der FDP zu ziehen. Etwas anderes bleibt ihm allerdings kaum mehr übrig. Denn ein rettender Ausweg zeichnet sich für ihn nicht ab. Insofern stellt sich die Frage, wie sich sein Rücktritt nicht nur auf die Stabilität der FDP, sondern vor allem auf die der Regierungskoalition auswirken würde. Denn der Patient FDP ist mittlerweile reif für die Intensivstation.

1 Kommentar:

  1. Hatte die FDP jemals ein Programm? Der geneigte Wähler bekommt doch alles was die FDP fordert, mit Außnahme der Atomkraft, auch von den Grünen und neuerdings auch von der SPD. Für den Nachfolger von Lindner hätte ich da einen super Vorschlag. Ein wirklich unverdächtiger und kaum bestechlicher Zeitgenosse hat seine reguläre Karriere vorgestern beendet und würde zur Verfügung stehen. Sein größter Vorzug gegenüber allen Mitbewerbern wäre, das er keinen Unsinn schwafelt und auch sonst von seiner Genügsamkeit her ein leuchtendes Vorbild ist. Nix mehr mit spätrömischer Dekadenz, zurück zur Natur pur ;)
    http://www.youtube.com/watch?feature=player_embedded&v=GrwuZYkm59U

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